Satyricon
Turn Back Time To 1996, Folge 6: "Nemesis Divina" von Satyricon

Special

Satyricon - Nemesis Divina - Cover-Artwork

Nemesis Divina (Cover-Artwork)

Wie klang moderner Black Metal vor 20 Jahren?

1996 war ein Jahr, in dem sich der Black Metal generell mehr Zuspruch erspielt hatte. Selbst wenn wir natürlich noch meilenweit vom heutigen Standard entfernt waren, waren EMPEROR und IMMORTAL auch abseits der Szene ein Begriff. Unabhängig von der verkörperten Ideologie und den Entstehungshintergründen, waren diese Bands durch Musikvideos und ihre kuriose optische Erscheinung interessant und langsam auch wirtschaftlich für Labels eine gute Investitionsquelle. Während man heute Bands wie VOLBEAT oder GOJIRA aufgrund guter Deals eine gewisse Anbiederung vorwirft, war eine Annäherung aus der Ur-Suppe des Black Metals hin zum „normalen Metalvolk“ natürlich im Ergebnis immer noch drastisch für den normalen Musikhörer. Es reichte, wenn außer Schwarz und Weiß noch andere Farben im Spiel waren, um die Schwarzheimer in massive Aufruhr zu bringen. Für Gretchen Müller waren SATYRICON natürlich weiterhin zu krass und bah.

„The Conquering / The Dawn Of A New Age“ klingt eben genau so; wie ein wildes Tier reißt die Gitarre am Hörer, während Satyr dazu keift („For the great day of wrath is coming, And who shall be able to stand?“) und die Albumeröffnung über den reitenden Tod packt den Hörer sofort. Mit „Mother North“ zauberten SATRYICON einen echten Szenehit aus dem Ärmel, gleichermaßen Fluch wie Segen. Rüde knüppelt die Hymne an die frostige Mutter einerseits hart los, weist aber auch einen packenden kompositorischen Verlauf mit zahlreichen Höhepunkten auf. Nicht wenige fanden genau durch solche Songs den ersten Zugang zur Szene. Eine krächzende Stimme oder eine nackte, mit Blut übergossene Holde im Musikvideo, konnte man angesichts dieser gewaltigen Musik getrost ignorieren. Über das Video darf übrigens gelacht werden, mir persönlich fehlen aber genau diese absolut überzogenen Videos, in denen sich Musiker scheinbar ernst nehmen und damit aber zeigen, dass sie sich eigentlich gar nicht so ernst nehmen.

Mit „Nemesis Divina“ gelang SATYRICON eine unnachahmliche Mischung, neben prügelnden Attacken wurden mithilfe von Gitarren und Synthesizern Bilder von dunklen Wäldern, mystischen Gestalten, imposanten Burgen, verlassenen Seen und jagenden Fratzen in die Köpfe der Hörer gemalt. Ganz unbemerkt fanden die Harten über die Melodien zu mehr Weite im Black Metal und die Feingeister fanden über die Melodien zum gutturalen Gesang. SATYRICON verbanden die beiden Welten, ob bewusst oder unbewusst. Während in „Du Som Hater Gud“ die Trommel die Pforten in andere Sphären öffnen, verpasst das Klavier dem Stück einen klassischen Anstrich. „Nemesis Divina“ ist kein Album, das über den Hörer walzt, ihn mit Variation erdrückt oder überfordert. Es ist ein kleines Abenteuer, am Stück zu genießen und bestens geeignet, um seine eigene Phantasie inspirieren zu lassen. Parallelen zu „Hammerheart“ von BATHORY sind zwar bspw. in „Immortality Passion“ vorhanden, allerdings liefern SATYRICON wieder einen ganz anderen Schnack, kommen schneller auf den Punkt und sind deutlich vielseitiger. Mit diesem Album haben Neulinge die Möglichkeit, den Black Metal verstehen zu lernen, können entdecken, welche Kreativität auch im dunkelsten Teil des Metal steckt und merken, dass wahre Schönheit meist im Hässlichen versteckt ist.

Galerie mit 20 Bildern: Satyricon - Tons Of Rock 2019

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06.07.2016

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7 Kommentare zu Satyricon - Turn Back Time To 1996, Folge 6: "Nemesis Divina" von Satyricon

  1. Oli sagt:

    Guter Artikel!
    Zwei kleine Anmerkungen:
    1. auf Seite drei müsste es oben im ersten Satz wie ich glaube „heute“ statt „damals“ heißen.
    2. Der Bass wurde nicht allein von Satyr sonder auch von Svartlalv eingespielt, sowie Keyboard und Klavier von Geir Bratland

  2. Nadine Schmidt sagt:

    Hi Oli, danke für dein Feedback, freut mich. Es war „heute“ und nicht „damals“ gemeint, wurde entsprechend geändert. Bratland hatte ich bereits erwähnt, bei Svartlalv bin ich mir nicht so sicher. Ich weiß dass er 1996 bei SATYRICON live gespielt hat, weiß aber nichts über Studioaktivitäten zu „Nemesis Divina“ und habe dazu auch nichts gefunden. Gruß Nadine

  3. Oli sagt:

    Bitte, bitte. Das steht so in den Credits der neuen Version des Albums von Napalm Records.

  4. Jolly sagt:

    Wäre nicht auch der Hinweis angebracht, dass Kveldulv eigentlich Nocturno Culto ist? Unter den Namen kennen ihn wohl mehr.

  5. Oli sagt:

    Stimmt – er ist jetzt auch unter „Nocturno Culto“ in den Album-Credits gelistet.

  6. Nadine Schmidt sagt:

    Ist echt etwas verwirrend: Ted Skjellum nahm nach einigen Jahren bei DARKTHRONE das Pseudonym Nocturno Culto an, unter dem ihn auch heute die meisten kennen. Kein Wunder, nach gefühlten 500 Veröffentlichungen unter dem Alter Ego :D. Für SATYRICON hat er sich damals aber extra einen neuen Namen zugelegt, nämlich Kveldulv.

  7. Ziltoid sagt:

    „Sigurd Wongraven gab dem Material im norwegischen Waterfall Studio den letzten Schliff. Multiinstrumentalist Satyr übernahm neben dem Gesang auch Bass, Gitarre und Keyboard….“
    Übrigens: Sigurd Wongraven ist Satyr