Caliban
Caliban
Interview
CALIBAN sind ein Szeneleader. Sie waren eine der ersten, die noch im alten Jahrtausend Metal und Hardcore zu der explosiven Mischung vermengten, die heutzutage unter dem Banner Metalcore boomt. Und eines haben sie mit allen Szeneleadern gemein: Sie polarisieren! So feiern die einen – in der Regel die Jungs und Mädels des jüngeren Semesters – die Formation gnadenlos und nach allen Regeln der Kunst ab, während die anderen seit ihrem Wechsel zu Roadrunner Records und ihrem letzten Album "The Opposite From Within" eine gewisse Anbiederung an den US-Markt kritisieren, den Jungs Kalkül vorwerfen und noch dazu ihr teilweise zur Schau getragenes Kajal-Image (Spitzname: Kajaliban) nicht abkönnen. Daran wird sich auch mit ihrem in Kürze erscheinenden, neuen Werk "The Undying Darkness" nichts ändern, dessen Erfolg jedoch im gleichen Maße ebenfalls vorprogrammiert ist. Dingen, denen es auf den Grund zu gehen hieß. Drummer Patrick Grün stand Rede und Antwort und ließ sich seine Ruhe auch durch einiges an Kritik nicht nehmen.
Wie ist die zwischen den Jahren durch Deutschland gerollte Spirit X-Mas Tour mit NEAERA und anderen Bands gelaufen?
Die Tour war der absolute Hammer! Nur konnte ich sie nicht in der Form genießen, wie ich das gerne gemacht hätte aufgrund einer Erkältung. Aber sie war trotzdem ein großer Erfolg. Fast alle Shows waren ausverkauft und das Package wurde sehr gut angenommen. Wir hatten ja auch super Bands dabei, die ich sehr mag und schätze. Auch wenn die Tour nur sechs Tage ging, haben wir uns durch die Bank weg gut verstanden und angefreundet.
Was sind eure Vorsätze für 2006?
Ich weiß nicht, ob wir welche haben. Bandtechnisch werden wir natürlich zusehen, dass wir so oft wie möglich live spielen, und wir hoffen, dass unsere neue Scheibe von den Leuten gut angenommen wird. Zum Release wird es in Europa eine Headliner-Tour geben, die Ende Februar in England startet. Eine dazugehörge Release Show wird im März in der Oberhausener Turbinenhalle über die Bühne gehen.
Hättet ihr damals, als ihr 1997 angefangen habt, gedacht, dass sich eure Musikrichtung mal zu einem „Trend“ entwickeln könnte?
Darüber hat keiner nachgedacht. CALIBAN machen den Sound schon von Anfang an. Natürlich hat sich jede Platte über die Jahre weiter entwickelt. Wir wollten uns nie verbiegen und haben es demnach auch nicht gemacht. Dass unsere Stilrichtung jetzt ein Trend ist, ist uns deswegen gar nicht so bewußt. Wir genießen die Zeit und freuen uns, dass unsere Musik so gut ankommt.
Manche Bands mögen es gar nicht mehr, als Metalcore bezeichnet zu werden. Wie steht ihr zu dieser Schublade?
Wie du schon sagst, gibt es für alles eine Schublade. Wenn uns da jemand reinstecken will, von mir aus. Die Leute brauchen immer einen Überbegriff für verschiedene Musik. Wenn man das als Metacore bezeichnet, habe ich nichts dagegen, da ich denke, dass es unsere Musik am besten beschreibt. Wir sind eine Hardcore-Band, die sehr Metal-lastig daherkommt. Also warum sollte man uns nicht Metalcore nennen.
Eure Meinung: Ist der Metalcore ein Boom/Trend/Hype, der ebenso ein jähes Ende finden wird wie vor kurzem der New Metal?
Ich denke, die Bands, die Metalcore genannt werden, sind nicht so kommerziell, dass sie überall gespielt werden, wie es beim New Metal der Fall war. Metalcore gibt es im Prinzip schon seit Jahren. Nur hat man ihn früher nicht so bezeichnet. Aus diesem Grunde denke ich, dass sich die Leute nicht so schnell daran satt hören werden und das Ende noch in weiter Ferne liegt, sollte es überhaupt ein Ende geben.
Ich persönlich würde diese Frage ebenfalls mit nein beantworten, da mit dem Metalcore eine ganz neue Generation an Kids heranwächst, die der harten Gitarrenmusik zugetan sind. Gibt es eigentlich bei den Kids unter 20 noch den langhaarigen Metaller mit Kutte, wie er früher gang und gebe war?
Gesehen habe ich diese Kids schon lange nicht mehr, zumindest in diesem Alter. Die Mode und die Wahl der Klamotten ändern sich ständig, gerade bei den jüngeren Kids. Persönlich ist mir das scheißegal, was wer auf unseren Shows oder im Privatleben trägt. Jeder soll das halten, wie er mag.
Egal, in welche Richtung es nun geht, harte Gitarrenmusik wird immer dunkel und unsterblich sein. Wäre dies evtl. ein Interpretationsansatz für den Titel eurer Platte?
Ich glaube, der Grundgedanke für den Titel liegt woanders. Aber wir wählen gerne Titel aus, die jeder auf seine eigene, ganz persönliche Weise interpretieren kann. So hat der Albumtitel für mich auch eine andere Bedeutung als für Andy (Dörner, v).
Die nächste Frage wird dir vielleicht nicht ganz so schmecken, aber ich muss sie stellen. Eure neue Platte ist ohne Zweifel gelungen, abwechslungsreich und hat einen fetten Punch. Aber warum entwickelt sich ein nationaler Vorreiter und Trendsetter, wie ihr es seid, auf seinen letzten beiden Platten in die Richtung von extrem erfolgreichen Ami-Bands wie KILLSWITCH ENGAGE und AS I LAY DYING? Das habt ihr in meinen Augen absolut nicht nötig.
Wir wollen uns nicht bewußt in die Richtung anderer Bands entwickeln. Aber dass von den Leuten Vergleiche gezogen werden, ist doch normal. Früher war’s SLAYER, heute sind es KsE. Whatever!?! Jeder aktive Musiker wird ständig von anderer Musik unterbewusst beeinflußt. Aber dass wir sagen, wir wollen jetzt absichtlich klingen wie die oder die, ist nicht der Fall. Es kommt, wie es kommt.
Anderer Denkansatz: War dies vielleicht nötig, um einem Schicksal einer Band wie SIX REASONS TO KILL, der alten Band von dir und eures Bassers Marco, aus dem Weg zu gehen? Ihr wart ebenfalls vor dem Amiboom am Start, zwar etwas Death-coriger unterwegs als CALIBAN jetzt, aber an der Livefront ebenfalls höchst aktiv. Und trotzdem „krebsen“ SRTK quasi immer noch im Underground herum, während ihr große Bühnen headlinet.
Ich habe SRTK damals mit Marco gegründet und fand, dass wir nie auf dem Amiboom gesurft sind. Wir waren immer sehr am Death Metal orientiert, was die Jungs auch heute noch durchziehen. Das ist vielleicht auch der Grund, warum SRTK noch eher im Underground zu finden sind. Es können leider Gottes nicht viele Leute etwas mit Gegrunze anfangen. Sicher spielt auch eine Rolle, auf welchem Label du bist, und welche Möglichkeiten dir dadurch eröffnet werden. Mit Roadrunner haben wir natürlich eine extrem starke Company im Rücken.
Geht es irgendwann wieder zurück zu „Shadow Hearts“ oder „Vent“? (Leserfrage von unserem Forumsmitglied Stoner)
Was auf den nächsten Platten zu hören sein wird, wissen wir jetzt noch nicht. Bis wir uns diese Frage stellen, wird noch viel Wasser den Rhein runter gelaufen sein.
Nächste Frage: Ist es nicht ein wenig komisch und vielleicht auch frustrierend, dass man selbst seit 1997 diese Art von Musik macht, aber stetig im Underground bleibt, und auf einmal kommt eine Platte namens „Alive Or Just Breathing“ aus dem Amiland und die eigene Stilrichtung geht ab wie ein Zäpfchen?
Mich frustriert nix! Wir haben uns nie dieses Ziel gesetzt. Klar sind wir froh, dass es im Moment so gut läuft, aber beeinflussen, warum auf einmal alles anders wird, kann man die Dinge zu keiner Zeit.
Woran liegt es eurer Meinung nach, dass fast alles erst einen Amihype braucht, damit es auf dem Alten Kontinent auch funktioniert? Einzig beim Melo Death aus Schweden war es andersherum, denn jener ist jetzt quasi wieder die Wurzel für viele der erfolgreichen Metalcore-Bands.
Diese Frage stelle ich mir auch ständig. Ich weiß nicht, warum es diesen Amibonus gibt, zumal er in meinen Augen absolut nicht gerechtfertigt ist. Wir haben so gute Bands in Deutschland und ganz Europa, die von ganz alleine Meilensteine setzen könnten. Warum das hier nicht so funktioniert, weiß ich wirklich nicht.
Genug über Hype und ähnliches geredet! Ihr habt Mille von KREATOR als Gastsänger auf der Platte. Eine ziemlich ungewöhnliche Zusammenarbeit, wie ich finde. Wie habt ihr den alten Thrash-Recken für diesen Song gewinnen können?
Mille ist schon lange ein Kumpel von uns. Er mag CALIBAN und findet das, was mir machen, sehr geil, was natürlich ein riesengroßes Kompliment an uns ist. Wir alle hören KREATOR schon seit vielen Jahren und schätzen Mille sehr. Wir hatten diesen Song und uns war klar, hier muss Mille ran. Ein Anruf und er war am Start. Keine große Aktion also. Er fand die Idee klasse und wir legten direkt los.
Denkt ihr auch, dass eine solche Kollaboration Signalcharakter für die Szene haben könnte und so die Metalcore-Kids ein wenig an den „alten“ Metal heranführt?
Vielleicht ist das der Fall. Uns geht es sowieso auf den Sack, dass immer noch so viele Leute mit Tunnelblick rumlaufen, die wenig Toleranz gegenüber anderer Musik an den Tag legen. In Amerika ist das ganz anders. Dort ist es gang und gebe, dass HC-Bands mit Metalbands touren oder Projekte machen. Das vermisse ich bei uns ein wenig. Aber ich denke, es wird besser, was die sehr erfolgreichen Touren zeigen. Wenn wir mit dieser Aktion etwas erreichen können, um so besser.
Ein Punkt, der beide Szenen gewaltig spaltet, ist das Violent Dancing. Wie steht ihr dazu? Findet ihr es geil, wenn sich die Kids vor der Bühne die Köppe einschlagen oder hättet ihr lieber in Ruhe bangende Langhaarige in der ersten Reihe? Im Prinzip ist die Antwort ja klar, wenn man bedenkt, wie oft ihr euer Publikum zu einer Wall Of Death auffordert!
Jeder hat seinen eigenen Stil, auf die verschiedenste Art von Musik zu tanzen. Die meisten unserer Fans bevorzugen das Violent Dancing. Rücksichtnahme auf den Shows ist das A und O. Wer bangen will, soll bangen. Wer sich schubsen will, soll das auch tun, aber auch im gleichen Zuge akzeptieren, wer der ein oder andere keine Lust darauf hat. Ich habe am liebsten Bewegung im Publikum, da man so erkennen kann, ob es den Leuten auch gefällt.
In punkto Liveperformance muss ich leider auch noch ein wenig Kritik loswerden. Und zwar bezogen auf Frontmann Andy und Gitarrist/Neu-Sänger Denis. Fangen wir mit Andy an. Manchmal wirken seine Ansagen eher „kindisch“, wenn er z.B. die Wall Of Death erklärt. Das verpaßt euch einen unnötigen „Boyband-Touch“. Meine Frage: Hört ihr diesen Vorwurf öfters oder bin ich der einzige, dem das etwas aufstößt? Erstmalig aufgefallen ist es mir auf der Tour mit Machine Head, als auch kleine Mädels mit „I love CALIBAN“-Plakaten in der Menge standen.
Also, ich höre das jetzt zum ersten Mal. Andy ist, wie er ist. Er verstellt sich nicht, auch nicht bei den Ansagen. Und diese Mädchen habe ich auch nicht gesehen. Schade eigentlich, hehe. Wir haben nun mal ein größeres Publikum, was sich altersmäßig natürlich sehr unterscheidet. Wenn die Mädels meinen, sie müßten sich die Arbeit machen, solche Plakate zu malen, sollen sie. Ich bin da ganz streßfrei.
Auf dem Summer Breeze 2005 habt ihr vereinzelt „Schwuchtel“-Rufe an den Kopf geknallt bekommen. Stört euch das bzw. nehmt ihr das überhaupt wahr? (Leserfrage von unserem Forumsmitglied Stoner)
Diese Rufe habe ich nicht gehört. Demnach nehme ich das anscheinend nicht bewusst wahr. Aber jeder, der mich als Schwuchtel bezeichnet, kann sich gerne mal mit mir unterhalten und sich überlegen, ob er diese Aussage nicht zurückziehen will. Für mich sind diese Leute intolerante Spacken.
Kommen wir zu Denis: So gut er seine Gitarre beherrscht, so oft liegt er live mit seinem cleanen Gesang daneben, was euer Konzert immer wieder runterzieht. Wisst ihr um diese Tatsache? Was wird dagegen unternommen? Gerade die cleanen Gesangslinien der neuen Platte sind nicht ganz einfach.
Aber die Sachen auf der neuen Platte hat Denis alle gesungen, was in der Vergangenheit nicht der Fall war. Wir wissen, dass er oftmals daneben liegt, was sch unserer Meinung nach aber stark gebessert hat. Letztlich singt er ja Sachen nach, die ein anderer auf Platte geknallt hat. Das ist gerade bei einigen Songs von „The Opposite From Within“ für ihn nicht ganz einfach, das es sich um eine andere Art zu singen und um eine andere Tonhöhe handelt. Mit den neuen Songs wird das komplett anders werden. Noch dazu hat er permanent Gesangsunterricht, den er regelmäßig wahrnimmt.
Genug der Kritik: Wie schätzt ihr das Wir-Gefühl innerhalb der Szene ein, in der jeder jeden zu kennen scheint? Ich habe bisher bei keinem anderen Stil etwas derartiges erlebt.
Wir stehen seit vielen Jahren auf der Bühne und so lernt man die eine oder andere Band kennen. Mit manchen versteht man sich besser und es entstehen Freundschaften, mit anderen eben nicht. Wenn man allerdings im Jahr ca. 200 Shows spielt, häuft sich das alles. Ich finde es cool, auf eine Tour oder ein Festival zu fahren und dort viele Menschen, die ich kenne und mag, um mich zu haben.
Ein weiterer Grund, warum der Metalcore nicht aussterben wird?
Vielleicht auch das.
Trotzdem: Ein Gesundschrumpfen der Szene wird unausweichlich sein. Vor allem dann, wenn die Labels nicht mehr jede MC-Kapelle, die halbwegs brauchbar aussehen und ihre Klampfen halten können, unter Vertrag nehmen. Warum werden CALIBAN überleben?
Wir machen das seit Jahren und haben uns nie verbogen. Dass Bands abfallen werden, die jetzt meinen, auf den Zug aufspringen zu müssen, ist logisch. Das ist aber immer so. Dass wir dazu gehören werden, halte ich jedoch für ausgeschlossen, da wir unseren Platz gefunden und gefestigt haben.
Was bedeutet dir der Metal?
Ich höre Metal jetzt seit 17 Jahren und habe vorher noch nie andere Musik gehört. Und davor war ich noch zu jung, mich wirklich damit auseinander zu setzen. Als ich dann an den Metal heran geführt wurde, war mir schnell klar, dass dies meine Art von Musik ist, in der ich aufgehe und mich zu Hause fühle.
Nochmals eine Frage von Forumsmitglied stoner, der findet, dass eure beiden ersten Platten eine bessere Produktion gebraucht hätten. Wie steht ihr dazu?
Eine gute Produktion ist oftmals auch eine Frage des Budgets. Man kann einfach keinen fetten Sound fahren, wenn man nur 1000 Euro zur Verfügung hat. Das war damals das Manko. Seit „Shadow Hearts“ stehen uns andere Summen zur Verfügung, um amtliche Produktionen zu machen. Gute Leute wollen gutes Geld. Das ist überall so.
Abschließend fragt Forumsmitglied Tasser: Was sollte man auf der Gitarre lernen, um Metalcore zu zocken? Wie gut habt ihr eure Instrumente beherrscht, als ihr angefangen habt?
Ich kann da nur von mir sprechen: Ich spiele Schlagzeug seit 16 Jahren und habe es quasi in die Wiege gelegt bekommen, da mein Vater selbst aktiver Drummer war. Ich habe einfach viel Musik gehört, alle Songs gelernt und im Keller nachgespielt. Unterricht hatte ich nie und kann demnach auch keine einzige Note lesen. Alles läuft nach Gefühl. Manchmal ärgere ich mich darüber, dass ich nie die Theorie gelernt habe, alleine wegen der Technik. Die mußte ich mir immer von anderen abschauen oder selbst erarbeiten. Ich denke, das Rezept ist, viel verschiedene Musik zu hören, sich an alles heran zu trauen und spielen, spielen, spielen.
Die letzten Worte gehören dir!
Ich bin kein Typ von großen Worten. Ich wünsche mir einfach mehr Toleranz für Musik. Und natürlich soll alles so gut weiter laufen wie bisher.
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