Feuerschwanz
“Wie würde ein IRON-MAIDEN-Riff klingen, wenn man es mit Dudelsack vertont?“

Interview

FEUERSCHWANZ lassen endlich ihren “Methämmer“ auf das feierwütige Volk los. Doch seit geraumer Zeit gibt es bei der Band neben den augenzwinkernden Partyhits auch noch eine zweite, tiefgründigere Seite. Das glaubt ihr nicht? Dann lest genau, was Prinz R. Hodenherz III. uns im Interview alles zu erzählen hat. Es geht neben den teilweise ausufernden Gesprächen rund um das neue Album auch um die Verarbeitung innerer Wut, wie man die AfD zum Lachen bringt und warum genau das wichtig für die eine oder andere Diskussion wäre.

metal.de: Unser letztes Interview stand unter dem Motto „Mein Penis hat die Band gegründet“. Was darf ich heute für eine Überschrift erwarten?

Prinz R. Hodenherz III. (Hodi): Na das ist ja jetzt auch wieder fies gefragt. Letztes Mal ist das ja sehr geil entstanden und kam auch vom Peter. Außerdem war ja auch ein bisschen Bier und Pfeffi vom Vortag im Spiel, dass ich jetzt so gefragt keine Überschrift raushauen kann, die es mit der letzten aufnehmen kann.

metal.de: Euer neues Album trägt den Titel „Methämmer“. Was soll das bedeuten und warum die ä-Striche?

Hodi: Das war tatsächlich eine spannende Frage, wie wir das machen. Historisch betrachtet ist das etwa anderthalb Jahre her, da kam der Song “Methämmer“ als erstes rohes Demo auf den Plan. Da habe ich das aufs Demo unverfrorenerweise mit dem “hääämmerrrr“ ein wenig Englisch ausgesprochen, damit das ein bisschen cooler wirkt. [macht englischen Akzent nach] Ich weiß noch, wie ich beim Einsingen gedacht habe: “Was für ein Bullshit!“ und mich totgelacht habe. Zwischen dem Totlachen habe ich noch ein paar Takes “Methämmer, Met-Methämmer“ auf die Reihe gekriegt. Das kam aber auch echt tierisch gut an. Die ganze Band war begeistert. Das ist natürlich aus so einer blöden Suffidee entstanden, irgendwas mit METAL HAMMER zu machen, irgendein blödes Wortspiel. Es hat sich aber in unseren Köpfen echt festgefressen. Deswegen haben wir auch ein bisschen aus martialischen MOTÖRHEAD-Reminiszenz-Gründen die Ä-Striche drüber gelassen, damit man auch, wenn man den Titel liest, die Aussprache mit im Kopf hat, damit das jetzt auch wirklich internationale Topliga wird. Deshalb die Ä-Striche und deshalb der Titel. Das mit dem Met ist ja so ein ganz eigenes Universum bei FEUERSCHWANZ und wir wollten auch mal ganz im Stile der Metal-Heroen eine richtige Ansage machen, quasi Nägel mit Köpfen. Und um bei dem Werkzeugbild zu bleiben: Bei Nägel mit Köpfen braucht man einen Hammer! Bei FEUERSCHWANZ natürlich einen Methammer, also ein “Methämmer“. Das sind unsere philosophischen Gedankengänge.

metal.de: Ich habe mir ja die Platte vorab einmal angehört. Ich dachte ja bei den Ankündigungen aus unserem letzten Interview, dass es mehr in Richtung Metal gehen wird. Es ist zwar deutlich härter, aber ich hätte es noch krasser vermutet. Hattet ihr bei der Produktion des Albums nicht irgendwie Angst, dass die klassischen Mittelalterrockfans dadurch abgeschreckt werden?

Hodi: Hmmm… ich glaube ja, dass es die klassischen Mittelalterrockfans… das ist ein blödes Wort. Ich sag mal so: Wenn man Marktsackpfeife mit Gitarre und allem in a-Moll hören möchte, gibt es genug Bands, die genau das machen. Die haben immer noch SALTATIO MORTIS, die haben immer noch IN EXTREMO – da brauchen wir keine Scheu zu haben, dass wir irgendwelche Fans verlieren. FEUERSCHWANZ hat sowieso schon immer sein eigenes Süppchen gekocht. Wir wollten da tatsächlich mal ein paar neue Allianzen schmieden, musikalisch gesehen. Mit klassischem Hard Rock oder Heavy Metal hat es auch noch keiner so richtig gekreuzt. Es gibt viel Punk, viel modernen Metal, aber sowas gab es noch nicht. Da sind natürlich auch wieder ein paar Experimente dabei, wie “Schubsetanz“ – und da sind ja noch ein paar mehr Genres drin. Ich finde, dass das die Mittelalterrock-Szene braucht. Man kann nicht ewig weitermachen mit a-Moll-Dudelsack. Das hat man auch in den letzten Jahren gesehen, dass es ein bisschen stagniert ist, wobei ich glaube, dass das schon vorbei ist – dank Bands wie … ich will jetzt nicht DARTAGNAN, aber auch DARTAGNAN, die das Ganze mit nochmal anderen Genres kreuzen. Oder auch VERSENGOLD, die da einen anderen Sound reinbringen. Das braucht es gerade und ich finde, das haben wir auch getan. Ich glaube, dass uns das die Fans danken werden und nicht abgeschreckt sind.

metal.de: Nach dem Hören der Platte stimme ich dir da auch voll zu. Es ist nicht nur klassischer Heavy Metal als Einfluss zu hören, sondern auch eine ganze Ecke mehr.

Hodi: Genau, es ist auch zum Beispiel noch Mittelaltermarktsound mit drin. Da sind wirklich einige Zutaten im Cocktail. Da hat es uns auch wirklich sehr viel Spaß gemacht zu sagen: “Wie würde eigentlich ein typisches IRON-MAIDEN-RIFF klingen, wenn man es mit Dudelsack vertont?“ oder sowas. Wir haben da einige Experimente gewagt.

metal.de: Auf jeden Fall. Eines davon hast du gerade selber angesprochen: “Schubsetanz“ ging auf YouTube ab durch die Decke und holte sogar mehr Klicks als die erste SALTATIO-MORTIS-Single “Große Träume“. Wie erklärt ihr euch diesen Erfolg? Hängt das mit dem Heavy-Metal-Feeling zusammen?

Hodi: Auf jeden Fall! Ein Song der “Schubsetanz“ heißt, muss irgendwie härter daher kommen. Ich glaube aber auch, dass “Schubsetanz“ vor allem deshalb funktioniert, weil es eine Zusammenfassung der letzten 15 Jahre FEUERSCHWANZ ist. Allein schon im Titel: “Schubsetanz ist Rittersport“ sagt eigentlich alles Wichtige, was man über FEUERSCHWANZ wissen muss. Außer Met vielleicht, aber das kann man sich selber noch dazu reimen. Das sagt schon alles aus, da wird Party gemacht und dabei noch eine Ritterrüstung getragen, aber bitte nicht allzu ernst. Das mit der Ritterrüstung ist eine Gaudi – Rittersport gehört dazu. Das ist aber nicht unser Lebensinhalt, sondern es geht vor allem um Spaß. Das bringt der Song rüber und ich glaube, da fühlt sich auch der eine oder andere YouTube-Hörer, der mit der ganzen Sache gar nicht so viel zu tun hat, trotzdem abgeholt, weil es einfach klar verständlich ist.

metal.de: Beim Lesen der Titelliste fallen einige Songs sofort ins Auge. Was verbirgt sich hinter der “Trilogie“? Was können die Fans da erwarten?

Hodi: Als alter Fantasy-… naja alt bin ich nicht, aber als jemand, der vom zwölften Lebensjahr bis heute in seinen feuchten Träumen nur von Jungfrauen und Drachen und DSA-Runden träumt, was irgendwie in jedem zweiten Metalfan und ich würde sagen in jedem Mittelalterfan irgendwo drinsteckt, haben wir unseren eigenen Traum erfüllt, einmal diese ganzen Fantasien rauszulassen und in Songs zu packen, was ja sonst nicht möglich ist. Du kannst in einem dreiminütigen Lied mit einem Standard von zwei Strophen keinen Heldenepos vom Krieger des Mets erzählen. Da braucht man mehr Platz und den gibt es zum Glück im Heavy Metal, siehe Konzeptalben á la “Nightfall At Middleearth“, was ich total liebe. Da geht es ja um das Silmarillion, was natürlich eine tollere Handlung ist, als der Krieger des Mets. Das gebe ich zu. Da könnte man auch wieder das Augenzwinkern entdecken. Wir wollten natürlich für die FEUERSCHWANZ-Welt unser eigenes Ding machen und diesem Krieger des Mets eine Vorgeschichte geben. “Krieger des Mets“ ist ja ein Song auf der letzten Platte „Sex Is Muss“ und der hat jetzt drei Songs als Vorgeschichte inklusive gesprochenen Intros dazu, was ja auch Pflicht ist auf solchen Alben. Das ist auch ziemlich ausufernd und da wird sich wirklich Zeit genommen. Das hat uns so megakrass Bock gemacht, dass wir uns einfach völlig ausgesponnen haben in diesen drei Songs und sämtliche Fantasien reingepackt haben. Hoffentlich kommt es an. Wir hatten auf jeden Fall Gaudi daran.

metal.de: Ein weiterer spannender Song ist “Lustprinzip“. Der wirkt oberflächlich betrachtet wie ein Partysong, doch entdecke ich im Text ein Fünkchen Sozialkritik. Ist dem so oder interpretiere ich da über?

Hodi: Ne, da interpretierst du gar nicht über! Das siehst du genau richtig. FEUERSCHWANZ, das heißt mir und auch der gesamten Band, liegt es fern, Sozialkritik im Sinne des erhobenen Zeigefingers zu üben. Deswegen kann es gut sein, dass es etwas versteckter daherkommt, als bei anderen Bands. Das packen wir auch nicht. Dieser Tonfall, mit dem man in der Musik anderen vorschreibt, wie sie zu leben haben, liegt uns total fern. Deswegen ist “Lustprinzip“ eher eine Beleuchtung von zwei Seiten. Wenn man sich vorstellt, dass man mit blankem Hedonismus durchs Leben geht, ist dabei die Frage, ob man das schafft, ohne anderen dabei auf die Füße zu treten. Wo ist da der Mittelweg? Ein gutes Beispiel dafür sind eigentlich Festivals. Es ist ja die Auslebung kollektiven Hedonismusses, also man eskaliert gemeinsam, man zeltet, man säuft, man hört Musik und so ein bisschen Revolution und ein bisschen Rock’n’Roll und so ein bisschen Weltverbesserung, aber schau dir hinterher mal diesen Zeltplatz an. Was da rum liegt ist einfach nur total asozial. Ich schaff es doch auch im Vollrausch meine Bierflaschen wegzubringen oder wenigstens nicht liegen zu lassen. Zelte musst du doch auch nicht stehen lassen, nimm es doch zweimal. Du kannst nicht gegen Plastikmüll demonstrieren und dann dein PVC-Zelt einfach liegen lassen. Bau es doch ab und nimm es mit heim. Darum geht es ja auch in dem Song.

metal.de: Ihr behaltet euren Trend mit einem ernsten Lied pro Album bei. Warum habt ihr euch für die Thematik in „Der Geschichte Pfade“ entschieden?

Hodi: Ich finde es ist ein ganz gutes Gegengewicht. SABATON zum Beispiel ist ja von Hause aus irgendwie kriegsverherrlichend. Da lässt sich zwar drüber streiten, ob es nun kriegsverherrlichend ist oder nur Geschichte besingt, aber es wird nicht gerade von zwei Seiten beleuchtet und nur auf epische Schlachten gesungen und Drachen und Schwerter und supergeil. Das hat ja auch irgendein Gegengewicht gebraucht, wie ich finde. Da haben wir mit “Der Geschichte Pfade gemacht“, was ja letztendlich auch kein Protestsong á la BOB DYLAN ist, sondern eher eine Art Momentaufnahme von verschiedenen Szenen der Kriegsgeschichte. Da gibt es eine Strophe über die Kreuzzüge, eine Strophe über den dreißigjährigen Krieg und eine Strophe über den ersten Weltkrieg. Es geht um die kleinen Leute, die in das Mahlwerk der Geschichte geraten. Es soll zum Nachdenken anregen und ist total ironiefrei gemeint. Es ist ein Antikriegssong.

metal.de: Das gefällt mir richtig gut. Ich bin ohnehin ein Fan der ruhigen Songs der letzten Alben.

Hodi: Es ist auch für uns cool sowas zu machen. Früher war das für FEUERSCHWANZ undenkbar und mittlerweile, weil es die Leute uns auch abgekauft haben, haben wir uns das erstritten. Dann darf es aber auch mal wie bei “Lustprinzip“ halbkritisch sein. Man muss eben auf alles gefasst sein, wenn man so ein FEUERSCHWANZ-Album durchhört.

metal.de: Das ist es ja auch, was es von den frühen Alben unterscheidet. Die zünden bei mir auch weniger. Natürlich gab es ein paar Partyhits, aber das war es ja schon fast. Gerade die letzten drei bis vier Alben und insbesondere die neue Platte haben mich dann überzeugt. Das ist ein Weg der mir gefällt und der bei vielen Bands leider in eine andere Richtung verläuft. Vielleicht nicht unbedingt nur im Mittelaltergenre, aber gerade die Neue Deutsche Härte flacht mittlerweile ziemlich ab. Da gibt es viel Oberflächlichkeit und “Phrasengekloppe“ – das geht mir auf die Nerven. Da ist es schön, dass es auch Bands gibt, die einen anderen Weg bestreiten.

Hodi: Ich glaube die Neue Deutsche Härte braucht auch mal eine Krise. Eine Krise und ein paar Leute, die mal auf neue Ideen kommen. Man kann nicht ewig auf den stampfenden Beats, dem rrrollendem Rrrr und dem tiefen Männergesang rumreiten. Irgendeine Scheißidee muss da mal jemand haben. Was weiß ich… kombiniere… oder lass eine Frau das singen! Das wäre ja schon mal was Neues. Also eine “Female-Fronted-NDH-Band“ – das gibt es noch nicht.

metal.de: Eigentlich wollte ich diese Frage erst später stellen, aber sie passt gerade so schön. Auf eurer Tour begleiten euch SCHATTENMANN. Unübliche Band wie mir scheint – wie seht ihr das?

Hodi: Das gehört zu unserer Agenda, der Mittelalterszene ein wenig Frische zu geben. Da könnte man jetzt genauso gut eine Metalband mitnehmen. Wir wollten es nur vermeiden, ewig in der eigenen Suppe zu kochen. Man gibt dann eben den Fans von FEUERSCHWANZ die Möglichkeit einen SCHATTENMANN abzufeiern. Man gibt aber auch den Fans von SCHATTENMANN, die vielleicht vorher sagen, dass Mittelalter kacke ist, die Chane einen FEUERSCHWANZ abzufeiern. Das gibt quasi ein paar Impulse, ein paar Arschtritte. Dazu kommt, dass SCHATTENMANN gute Kumpels sind und aus Nürnberg kommen. Das erschien uns dann doppelt passend. Wir glauben auch an die Band. Wenn die jetzt scheiße spielen würden, würden wir sie ja nicht mitnehmen. Da kommt es halt dazu, dass die Jungs echt einen tollen Job machen und auf einem sehr guten Weg sind. Die schreiben sich ja auch auf die Fahnen, der NDH ein paar neue Impulse zu geben.

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22.08.2018

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