Hate
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Interview

Spätestens mit den letzten beiden Alben "Anaclasis – An Haunting Gospel Of Malice & Hatred" und "Morphosis" hat das polnische Kampfgeschwader HATE bewiesen, dass sie in der Lage sind, erstklassigen, äußert präzisen und mächtigen Death Metal zu spielen, welcher dank der eingestreuten maschinellen Industrial Sounds eine eigene musikalische Identität besitzt. Da sich Adam The First Sinner bereits bei unserem letzten Interview als äußert auskunftsfreudiger Musiker zeigte, freute ich mich schon sehr auf den sicherlich interessanten Austausch. Leider ließ sich Adam bei der Beantwortung etwas Zeit, was allerdings dem Informationsgehalt keinen Abbruch tat. Doch nun lest selbst über kosmische Kräfte, Satanismus, die erste Sünde sowie das neue Werk "Morphosis"!

HateZuerst einmal möchte ich dir zum fantastischen neuen Album „Morphosis“ gratulieren! Ihr habt wieder mit Industrial Samples gearbeitet und den mit „Anaclasis – An Haunting Gospel Of Malice & Hatred“ eingeschlagenen Weg weiter beschritten. Worin siehst du selbst die Unterschiede zwischen den beiden Alben?

„Morphosis“ ist eine stilistische Fortsetzung von „Anaclasis – An Haunting Gospel Of Malice & Hatred“, was man auch an der Ähnlichkeit der Titel feststellen kann, was auch beabsichtigt war. Wir haben wieder eine hohe Anzahl an synthetischen Sounds verwendet, welche einzelne Parts stärken, speziell die Refrains, und haben diesen eine Art erhabene, würdevolle Atmosphäre gegeben. Im Hintergrund kann man viele schaurige, gespenstische Soundstrukturen hören, welche der Musik mehr Tiefe verleihen, eine Art zusätzliche Dimension.

Wenn man die beiden Alben miteinander vergleicht, kann man feststellen, dass „Morphosis“ eine größere Bandbreite an verschiedenen Tempi und stilistischen Formen enthält. Es gibt darauf drei langsamere Songs, aber die Stücke mit Blast Beats sind ultra schnell – die schnellsten, welche wir jemals aufgenommen haben. Das Material enthält größtenteils den live eingespielten Sound vom Schlagzeug. Hexens Spiel war absolut großartig und in seinem eigenen Stil, wir entschieden uns daher, so wenig wie möglich zu schneiden, zu verändern und stattdessen die natürliche Art zu belassen. In Sachen Produktion ist „Morphosis“ ein bedeutender Schritt nach vorne. Es klingt allgemein lebendiger als „Anaclasis – An Haunting Gospel Of Malice & Hatred“ und hat eine einzigartige Atmosphäre durch den Mix von Gitarren- und Ambientakkorde. Ich bin mir sicher, dass es unser bestes Album ist, welches wir bisher erschaffen haben.

In unserem letzten Interview erzähltest du mir, dass die Texte von „Anaclasis – An Haunting Gospel Of Malice & Hatred“ spontan im Studio entstanden sind. Wie verlief es dieses Mal, hast du die Texte wieder erst im Studio während der Aufnahmen geschrieben?

Ja, das Schreiben selbst verlief ziemlich schnell und spontan. Wie auch immer, ich hatte schon ein Konzept im Kopf welcher auf der Philosophie vom kosmischen Chaos basiert. Letztendlich haben die Texte eher philosophischen oder okkulten Charakter als satanischen. Sie sind nicht unzweideutig oder einfach interpretiert. Man findet nicht das Wort Satan darin. Bei „Morphosis“ erforsche ich den Satanismus von einer anderen, reiferen Perspektive.

Die Texte basieren auf einer dynamischen Philosophie, welche verschiedene Felder abdeckt, von Geschichte über Mathematik, und von Naturwissenschaft bis zum Übersinnlichen. Entsprechend dieser Herangehensweise ist alles, was existiert, einem ständigen Fluss oder Veränderung unterworfen, aber über diesem Chaos, welches wir nicht kontrollieren oder erfassen können, ist Omega, kosmische Unendlichkeit, das Nonplusultra. Diese Welt mag chaotisch erscheinen, aber dieses Chaos hat seine tiefere Bedeutung, welche individuell entdeckt werden muss.

Ansichten, welche von dieser dynamischen Philosophie stammen, beherrschen den Großteil meiner Texte auf „Morphosis“. Die meiste Zeit ist es eine Suche nach einer tieferen Bedeutung solcher Dinge wie Schmerz, Tod, Kummer, Verzweiflung, Fortsetzung des Lebens, Transzendenz usw. Es gibt da auch ein Thema, welches ich während „Anaclasis – An Haunting Gospel Of Malice & Hatred“ aufgriff, ich nenne es „Dämonen Martyrium“ – eine Geschichte, erzählt von jenen, welche runter fielen vom oder am Rande dieser und der übersinnlichen Welt leben. Die meiste Zeit ist es eine Beschreibung ihres spirituellen Leidens.

Bei „Anaclasis – An Haunting Gospel Of Malice & Hatred“ handelten die Texte über deine eigenen Emotionen, eine Art von metaphysischer, mystischer Erfahrung. Du erzähltest mir, dass du als eine Art Relais zwischen dieser realen Welt und der Welt dahinter fungierst, und Emotionen und Schmerzen anderer Leute oder Seelen empfängst. War es dieses Mal ebenso? Würdest du dich selbst als Medium bezeichnen?

Auf gewisse Weise, ja. Ich habe so etwas wie Hyper-Intuition in bestimmten Situationen, eine Art von Visionen. Es ist nicht immer eine angenehme Erfahrung, aber ich nutze sie manchmal für kreative Ziele. Ich denke, ich kann es immer noch kontrollieren, daher hoffe ich, dass diese Eigenschaft mich nicht letzten Endes in den Wahnsinn treibt.

Das neue Album heißt „Morphosis“. Bitte erkläre uns, welche Bedeutung hinter diesem Titel steckt!

„Morphosis“ bedeutet Wandel, Entwicklung oder Transformation. In diesem Kontext, beschreibt es die kosmische Dynamik, welche die Welt beherrst – eine Energie, welche alles durchdringt und unsere Leben bestimmt. Wir können diese Energie nutzen, um uns weiterzuentwickeln, oder dagegen handeln, was uns zerstören kann. Einige Leute nennen es Chaos, aber dieses Chaos hat seinen Namen, welcher individuell entdeckt werden muss.

Nicht nur antichristlich, sondern auch satanisch zu sein, ist ein großer Teil von HATE. Ich denke gerade in Polen, in welchem über 90% der Bevölkerung römisch katholisch sind, dürftet ihr im täglichen Leben doch einige Probleme haben? Gibt es Probleme mit der Zensur oder den Medien?

Oh ja, wir wurden auf eine so genannte schwarze Liste gesetzt, auf welcher sich satanische Bands befinden, welche ihrer Meinung nach verboten gehören. Es mussten auch einige Konzerte aus ideologischen Gründen abgesagt werden. Vor allem seit die fundamentalistischen Katholiken 2005 an die Regierung kamen, haben wir stärkere Probleme. Sie haben eine starke Kontrolle über die Medien. Das alles stärkt allerdings nur unsere Einstellung. Wir werden von unserem eingeschlagenen Weg nicht abweichen, das steht außer Frage.

Es gibt viele Missverständnisse oder falsche Sichtweisen verbunden mit dem Satanismus. Diese Philosophie hat ein sehr schlechtes Image, welche von der Kirche vor Jahrhunderten geschaffen wurde. Es ist nun unmöglich, dieses Image zu ändern, aber wir können wenigstens einige Aspekte des Satanismus erklären und ein wenig Licht ins Dunkel bringen. Im Satanismus geht es nicht um Gewalt oder Kirchen niederzubrennen. Es geht um Individualität, kritisches Denken und Ablehnung jeder Art von Ideologie – nicht nur das Christentum. Wir sprechen über die Freilassung menschlicher Kraft, nicht über das Opfern für Satan. Wir etablieren keine Sekte oder Kirche. Wir predigen oder proklamieren keine Offenbarung. Im Gegensatz versuchen wir, Ideologien und Indoktrinationen kritisch aufzuzeigen. Bewusster Satanismus ist faktisch eine höhere Form des Humanismus welcher zur Göttlichkeit führt. Nicht jeder ist befähigt, diesen Weg zu beschreiten. Die meisten Leute vegetieren nur und versuchen nicht einmal zu verstehen oder irgendwas zu ändern.

Wie verliefen die Aufnahmen im Studio? Über welchen Zeitraum zogen sich die Aufnahmen?

Wir begannen mit dem Songwriting vor einem Jahr, aber wir hatten einige größere Unterbrechungen aufgrund der Touren, auf welchen wir spielten. Wir versuchten also, das Beste aus der Zeit zwischen den Touren zu machen und konzentrierten uns auf das Komponieren von neuen Songs.

Wir gingen ins Hertz Studio im August und nahmen das Album in etwas weniger als einem Monat auf. Vorher arbeitete ich an den Ambient/Industrial Hintergründen für die neuen Stücke im Efektura Studio in Warschau mit Co-Produzent Kris Wawrzak. Wir erledigten schon viel Arbeit und präparierten ein detailliertes Demo unseres ganzen Materials um sicher zu gehen, dass alles an der richtigen Stelle ist. Normalerweise gehen wir immer durch verschiedene Versionen von jedem Song. Wir testen sie oftmals während unserer Konzerte lange bevor wir ins Studio gehen. Wir arbeiteten dann an „Morphosis“, während unserer Tour durch Russland letztes Jahr spielten wir die meisten der neuen Stücke, um sie auf der Bühne zu testen.

Was kannst du uns über das Coverartwork berichten?

Die Bilder für „Morphosis“ sind voller Symbolik. Auf dem Cover kann man die Idee eines assyrischen Schildes mit dem Zeichen für Omega sehen. Dieses Wort steht wörtlich für groß. Es ist ein Symbol von kosmischer Unendlichkeit. Im Hintergrund kann man ein Gewirr aus Schlangen sehen, welche unter dem Schild in verschiedene Richtungen hervor kriechen. In diesem Zusammenhang repräsentiert das Omega die unendliche Kraft des Chaos oder der Dynamik, welche das Universum beherrscht. Das Cover wurde von einem französischen Designer namens Sven geschaffen, in Übereinstimmung mit meiner Idee.

Du bist der Frontmann von HATE. Schreibst du auch alleine alle Songs oder nimmt jeder der Band am Songwriting teil? Wie entstehen neue Songs bei euch?

In der Regel komme ich mit musikalischen Ideen an, und wir arbeiten dann an diesen Ideen zusammen, um die effektivsten Arrangements für diese zu finden.

Woher ziehst du deine Inspiration?

Die Inspiration kommt von innen als auch von außen. Wenn es um Musik geht, ziehe ich die Inspiration hauptsächlich von Künstlern, welche keinen Metal spielen, wie NINE INCH NAILS, DIAMANDA GALAS oder FIELDS OF THE NEPHILIM. Bei den Texten hingegen handelt es sich um eine persönliche Botschaft, welche in meinem Kopf vor vielen Jahren Gestalt annahm.

HATE haben sich im Laufe der Jahre stark weiterentwickelt. Wie wichtig ist für dich Weiterentwicklung in der Musik sowie in deinem persönlichen Leben?

Ich habe mich spirituell mit HATE weiterentwickelt seit den frühesten Anfängen der Band. Für mich dreht sich alles darum, Fortschritte zu machen, neue Gebiete zu erforschen und nach Antworten zu suchen. Was man erschafft ist eine Ableitung der Standards, welche man im Kopf hat, die Art zu denken, das Wissen und die Sichtweise.

Auf unseren frühen Alben waren meine Texte sehr direkt, blasphemisch und absteigend satanisch. Jetzt, wie ich bereits anmerkte, erforsche ich diese Art von Philosophie von einer eher reiferen Perspektive. In all diesen Jahren wurde mir immer bewusster, was ich tue und was ich erreichen möchte. HATE sind ein großer Teil meines Lebens und ich kann mir nicht vorstellen, was mit mir wäre, hätte ich nicht HATE Anfang der Neunziger als Jugendlicher gestartet.

Adam The First Sinner – wofür steht dieser Name?

Mythologisch gesehen war Adam aus dem Buch Genesis, über die Schöpfung der Erde nach christlicher Lehre, der erste Sünder. Er hat gegen den Willen Gottes gehandelt und Sünde begannen im Garten Eden, was zur Folge hatte, dass er und Eva diesen verlassen mussten. Es hat also nichts mit dem alltäglichen Verständnis von Sünde zu tun. Sünden gegen Gott, gegen den heiligen Geist, was auch immer das sein mag, können nicht vergeben werden, was ich lächerlich finde. Es ist in Ordnung, den Willen eines christlichen Gottes zu bekämpfen, denn es ist dein Leben und deine Freiheit!

Traurig, aber leider ist heutzutage extremere Musik von Politik infiltriert, speziell von der faschistischen Ideologie wie beispielsweise in der NSBM-Szene. Welchen Standpunkt vertrittst du hier?

Alles, was ich hierzu sagen kann ist, dass wir nicht mit dieser Ideologie zu tun haben.

Bist du oder ein anderes Bandmitglied von HATE noch in einer anderen Band oder einem Projekt involviert?

Ich habe eine andere Band namens MOTHERNIGHT, welche vor wenigen Jahren als musikalisches Projekt von mir mit einigen Freunden begann. MOTHERNIGHT sind eine Kombination aus Rock, Metal, Gothic und auch Ambient und Industrial Musik mit weiblichem Gesang. Wir haben einen Plattenvertrag mit Locomotive Records unterschrieben, und unser erstes Album erschien nun in Europa und den USA. Mehr Infos findet ihr unter www.mothernight.eu

Was die anderen Mitglieder von HATE anbelangt, so ist unser Gitarrist Destroyer Teil der religiösen Black-Metal-Gruppe KRIEGSMACHINE, und Hexen ist in der Band ARATHYR involviert.

Wie ist eure Beziehung zu anderen bekannten, extremen Bands aus Polen wie BEHEMOTH, DECAPITATED und VADER?

Wir sind mit allen seit vielen Jahren befreundet. Wir sind alle Teil der gleichen Herkunft, der polnischen Szene, welche etwas Besonderes ist in der Metal Welt. Wir haben zusammen viele Konzerte und Touren in Polen gespielt, daher haben wir uns definitiv gegenseitig auf die eine oder andere Weise beeinflusst.

Ist in der nächsten Zukunft eine Tour durch Deutschland geplant?

Wir bekommen im Augenblick gerade viele Angebote, und was ich sagen kann ist, dass wir über eine reguläre Europatournee in der zweiten Hälfte des Jahres sprechen. Deutschland werden wir auf jeden Fall besuchen! Wir sind bis jetzt auf einigen wichtigen europäischen Festivals bestätigt wie dem Neurotic Death Fest in Holland, Metalcamp in Slowenien, Screamfest in Norwegen, Metal Mean in Belgien usw. Wir werden im April nach Russland gehen, um die „Metal Spirit Resurrection“ Tour zum zweiten Mal zu headlinen. Im Mai touren wir durch Polen, und ich hoffe, dass wir danach nach Westeuropa kommen, um möglichst viele Konzerte zu spielen.

In Kürze beginnen wir mit den Aufnahmen für einen Videoclip zum Song „Threnody“. Außerdem planen wir, „Morphosis“ auf Vinyl mit einem zusätzlichen Stück zu veröffentlichen. Die LP soll diesen Sommer über Deformeathing Production rauskommen.

Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören dir!

Ich hoffe, euch gefällt das neue HATE Biest „Morphosis“. Wir können es nicht erwarten, nach Deutschland zu kommen, und das Feuer von HATE auszubreiten!

Galerie mit 5 Bildern: Hate - European Totenritual Crusade 2017 in Wien
14.04.2008

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