Liquid Tension Experiment (LTE)
Interview mit Tony Levin

Interview

Wer hatte die Idee zu einem Cover von „Rhapsody In Blue“? Ich weiß, dass ihr das Stück live bereits schon aufgeführt habt, aber wie ist es letzten Endes auf dem Album gelandet? Warum habt ihr diesen Song gewählt?

Ich möchte vorausschicken, dass ich darüber sehr glücklich war, denn ich hab unsere Interpretation von dem Song, den wir 2008 auf Tour gespielt haben, sehr gemocht. Wir hatten es nur für sechs Shows im Programm und das war es. Manchmal, wenn Musik aufgenommen wird, hat sie ein Leben, aber muss sie in der Livesituation überzeugen. Aber ich war sehr froh über die Entscheidung, diesen Song mit aufs Album zu nehmen. Die Entscheidung, das Stück zu spielen, kam von Mike Portnoy nur ein paar Wochen vor der Tour 2008. Die Entscheidung, es für das neue Album aufzunehmen, kam auch von ihm, wir hatten das Arrangement, wir mussten es nur erneut spielen und aufnehmen. Ich bin ein großer Fan von George Gershwin und dem Stück, aber für ein klassisches Stück geht „Rhapsody In Blue“ viele ungewöhnliche Wege, es bedient viele verschiedene Spektren und Gefühle, die evoziert werden.

Und das ist bei LIQUID TENSION EXPERIMENT irgendwie das Gleiche, wir sind ständig im Fluß, bewegen uns in viele verschiedene Richtungen und transportieren unterschiedliche Stimmungen. Deshalb war ich froh, dieses Stück zu haben, es zu nehmen und in Richtungen mit LIQUID TENSION EXPERIMENT zu führen, die es sonst nie bekommen hätte und ich war sehr froh, das auf dem neuen Album machen zu können. Und ich muss noch anmerken: Ich dachte damals, als Portnoy zwei bis drei Wochen vor der Tour damit ankam, dass es für mich schon schwer wird, in der kurzen Zeit das Stück zu lernen, aber für Jordan Rudess, der ja wesentlich mehr Parts hat und das noch irgendwie auf LIQUID TENSION EXPERIMENT umzumünzen, war es noch bedeutend mehr Arbeit. Und das ist ein schönes Beispiel dafür, wie wir als Band funktionieren und wie viel Arbeit wir in das stecken, was wir tun.

Denke mal an die vielen Stunden, die fürs Üben von „Rhapsody In Blue“ drauf gegangen sind für ganze sechs Aufführungen, was sich normalerweise kaum lohnen würde. Das inspiriert mich, denn diese Jungs sind harte Arbeiter und ich bin das normalerweise nicht so, zumindest nicht in den anderen Projekten, wo ich mitgewirkt habe. Aber hier inspirieren Mike, John und Jordan mich, auch an meine Grenzen zu gehen und noch mehr zu leisten. Ich nehme von allen Leuten, mit denen ich spiele, auf unterschiedliche Weise Inspiration mit, aber hier war es vor allem der Wille, auch für nur wenig viel Arbeit hinein zu stecken, so wie bei diesem Stück.

Das ist fast ein wenig schwer zu glauben, denn du hast in deiner musikalischen Karriere mit so vielen tollen Künstlern gespielt und bist natürlich auch selber ein fantastischer Künstler und Musiker. Was war während der langen Karriere vielleicht der bereicherndste, aber auch lehrreichste Moment als Musiker?

(lacht) Das ist eine ausgezeichnete Frage. Ich kann das nicht erklären, ich bin einfach so, wie ich bin. Ich bin nicht gut darin, mich selber irgendwie einzuordnen oder zu katalogisieren. „Was war dein bestes Konzerterlebnis?“, „Was war die beste Band mit der du gespielt hast?“ und so weiter, das bin nicht ich, so denke ich nicht. Aber ich probiere deine Frage trotzdem mehr oder weniger zu beantworten. Es ist schon ein wenig skurril. Für Leute, die selbst keine Musiker sind, mag das schwer nachzuvollziehen sein, aber jedes Konzert, was gut ist, ist für uns Musiker das Toperlebnis, so ticken wir einfach, dafür wurden wir geboren. Alle dieses Training, all diese vielen Stunden, die wir mit Üben zubringen, sind nur dafür da, um am Ende des Tages eine gute Show abzuliefern.

Und dabei spielt es keine Rolle, ob das in einem Club für 200 Leuten oder auf dem Woodstock mit PETER GABRIEL vor einer halben Millionen Menschen ist. Es gibt da keinen qualitativen Unterschied für mich, aber ich bin mir sicher, den anderen Jungs in der Band geht es genau so. Wir leben, um genau das zu tun und wenn es richtig ist – ich sage nicht, dass jede Show immer richtig oder toll ist – dann teilen wir etwas mit dem Publikum, das sich schwer in Worte fassen lässt. Aber jeder, der selbst schon einmal auf einem guten Konzert war, weiß exakt, was ich meine. Um es anders auszudrücken: Wenn du Konzertgänger fragst, was vielleicht ihre fünf magischen Festivalmomente sind, dann werden sie die dir sicherlich sagen können und für uns Künstler auf der Bühne gilt das natürlich genau so. Aber es ist schwer, da Konzerte rauszugreifen, denn versetze dich einfach mal in unsere Lage, Musiker, die davon ihren Lebensunterhalt bestreiten und dieses Konzerterlebnis jede Nacht haben.

Es ist nicht immer alles Kirschenessen, manchmal vergeigt man es selbst, die Venue ist heruntergekommen, der Sound ist mies, man ist müde oder sonst was. Es kann einfach nicht jede Show gut sein, aber ich bin auch heute immer noch fasziniert und inspiriert von dem Erlebnis, gemeinsam mit anderen tollen Musikern und natürlich auch dem Publikum tolle Musik teilen zu können.

Tony Levin im Gespräch

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Quelle: Head of PR, Tony Levin
30.04.2021

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