Mekong Delta
Immer einen Schritt weiter hin zum Ziel

Interview

Stimmt wohl. Es ist ja das alte Klischee, dass die Klassik gesittet und kalkuliert ist. Aber da steckt eine Menge Leidenschaft drin. Ich erinnere mich da an die Abwechslungsreiche Ouvertüre von Rossinis „Wilhelm Tell“.

Ja das stimmt, die Ouvertüre von „Wilhelm Tell“ ist auch grandios. Bei Prokofiew musst du dich aber hinsetzen. Weil das ist eine ganz andere Hausnummer als das, was du wahrscheinlich an klassischer Musik schon so gehört hast. Also setz dich hin und schnall dich an. Und richtig aufdrehen. Aber sei gewarnt: Am Anfang beginnt das direkt mit jeder Menge Blechbläsern. Das ist laut, selbst im Normalfall.

Da fällt mir noch die eine Sinfonie von Haydn dazu ein [der zweite Satz der 94. Symphonie]. Das war früher immer so gewesen dass die Adligen, für die das komponiert worden ist, bei den langsamen Sätzen eingeschlafen sind. Daraufhin hat der kleine Scherzkeks einfach folgendes gemacht: Er hat ganz ruhig und langsam beginnen lassen und dann mittendrin hat er auf einmal volle Kanne die Kesselpauke hauen lassen. Die sind senkrecht aus dem Stuhl geflogen, die Jungs.

Für mich ist das eine einfache Struktur. Musik drückt ja eine Menge aus an Emotionen, Irrungen und Wirrungen. Und ich kann mich da sehr gut widerspiegeln. Du darfst dich da einfach nicht so sehr einschränken. Und Musik muss aus dem Herz kommen. Musik kann nicht nur aus dem Hirn kommen. Viele Leute sitzen am Brett und versuchen mit Gewalt, eine Melodie oder einen Rhythmus rauszudrücken. Das ist prinzipiell schon mal der falsche Weg. Du kannst das Brett zwar den ganzen Tag umgeschnallt haben, aber eine Idee kommt, ohne dass sie sich vorankündigt. Man kann sie nicht erzwingen.

Und wenn sie kommt, muss man sie wirklich beim Schopfe ergreifen.

Ganz genau. Und wenn du buchstäblich gezwungen bist, sowas auf dem Instrument zu machen, das ist unheimlich schwer. Wenn ich Dinge im Kopf habe, dann kann ich die auch sofort notieren, egal ob auf einer Serviette im Restaurant oder in die Handfläche oder wo auch immer. Dafür habe ich aber auch Jahrzehnte gebraucht. Wenn’s kommt, dann kommt’s, auch in den unmöglichsten Situationen.

Für mich scheint „Tales Of A Future Past“ definitiv als eines eurer am besten klingenden Platten zu sein.

Du kannst das nicht einfach so über einen Kamm scheren. Es ist klar, dass du irgendwann einmal irgendwo anfängst bei einer ersten Platte. Die Gruppe ist ja unter lustigen Umständen entstanden, wenn du dich mal an Jörg Michael zurück erinnerst, wir haben uns mal kennen gelernt, weil ich im Studio noch viele anderen Sachen aufgenommen habe, und sind schnell Freunde geworden. Er war Drummer, wir haben uns unheimlich häufig unterhalten, weil ich ihm Jobs für andere Produktionen besorgt habe, auch in anderen Musikrichtungen, nicht nur im Metal. Weil Geld mit Musik zu verdienen war noch nie einfach.

Wir haben uns dabei auch häufig zusammen gesetzt, ein Bier genommen und Musik angehört. Ich komme ja nicht aus dem Metal, sondern eher so aus der Richtung YES, GENESIS und so weiter. Und [Keith] Emerson [u. a. EMERSON LAKE & PALMER, Anm. d. Red], ganz klar. Und wir haben uns dann einfach gegenseitig unterhalten und versucht, dem anderen das beizubringen. Oder halt nahe zu bringen. Und dann kam irgendwann die Demo rein, wo dann „Fight Fire With Fire“ drauf war. Und da war so eine rhyhtmische Sache drin, die ist jetzt nicht unbedingt normal gewesen halt. Da hab ich gesagt: „Ist ja ganz nett, aber das kann man bestimmt besser machen“, und er meinte: „Ja, mach doch!“ Und so ist die erste MEKONG entstanden. Und so ist auch MEKONG DELTA entstanden.

Und die Erfahrung, die man bei der ersten Platte gesammelt hat, ohne die wäre die „[The Music Of Erich] Zann“ nicht möglich gewesen. Und so geht das immer weiter. Die „Principle [Of Doubt]“ wäre nicht möglich gewesen ohne die ersten beiden. Und das baut alles auf Erfahrungen auf, die man gesammelt hat, wie man sowas komponiert, wie man sowas schreibt. Mein Grundgedanke war immer gewesen, die Gruppeninstrumente gleichwertig wie Orchesterinstrumente zu benutzen, was eigentlich keiner versucht hat. Es gab immer die vielen Sachen von PURPLE und so weiter, aber das war mehr immer so ein Frage-Antwort-Spiel. Meistens auch nur aus Streichern. Das war nie der Gedanke dahinter.

Und „Tales Of Future Past“ ist ein weiterer Schritt in die Richtung, wo ich hin will. So würde ich das einfach nennen.

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Quelle: Fotos: Mekong Delta
04.10.2020

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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