Mekong Delta
Immer einen Schritt weiter hin zum Ziel

Interview

Diese vier instrumentalen „Landscape“-Movements, haben die etwas inhaltliches oder symbolisches an sich, oder sind das einfach nur Movements für die reine Muskalität?

Diese Movements haben tatsächlich zwei Funktionen. Zum einen sind die dazu da, um die Vokal-Titel einzugrenzen in Parts, die in ähnlicher Art komponiert sind. Die ersten zwei Stücke sind ähnlich komponiert. Dann kommt das zweite „Landscape“-Movement, die nächsten Titel sind dann wieder ähnlich komponiert, also von Harmonie und Ryhthmus usw., so haben wir das unterteilt in vier Segmente. Die Movements haben aber einen tieferen Grund, nämlich schlage ich mich in seit Jahren stets damit herum, [Joseph] Conrads „Heart Of Darkness“ zu vertonen. Und das ist ungemein schwierig. Ich weiß nicht, ob du die Novelle kennst.

Das ist doch die Vorlage zu „Apocalypse Now“, richtig?

Ganz genau das ist es. Das spielt im Kongo unter belgischer Herrschaft damals. Das ist schon ziemlich heftig, eine Novelle mit 120 Seiten. Und das fand ich faszinierend, immer wieder, und versuchte es daher mal umzusetzen. Das ist mir nie gelungen und habe dann festgestellt, dass das vermutlich nur in der Kombination von Gruppe mit Orchester geht. Und das sind quasi die vier Titel. Also, nicht alle, aber vor allem Titel 2 [„Wasteland“] und 3 [„Inharent“], zuzüglich „All Hope Is Gone“. Das kann man als Vorstudien für dieses Vorhaben bezeichnen, wie ich das vielleicht endgültig mal angehen kann. Ich schlage mich ja schon seit gut zehn Jahren damit herum.

Aber du hattest ja gesagt, dass das Gesamtwerk ein wichtiger Schritt in der Evolution von MEKONG DELTA ist. Also sind die Landscapes definitiv mehr als nur eine Vorstufe, oder?

Ja, nicht das Album. Es ging mir nur um die Bedeutung der „Landscapes“. Nur die sind im Prinzip Vorstufen. Du hast ja verschiedene Sachen. Die dritte „Landscape“, worüber nur die Gruppe spielt, aber als Orchester eingesetzt wird. Das ist so etwas wie der Kontrapunkt zur zweiten „Landscape“, wo das Orchester wirklich absolut verschmolzen ist mit der Gruppe. Das sind alles Phasen, wo du mehr ausdrücken kannst, meiner Auffassung nach zumindest. Die Elemente dieser Novelle kannst du nur ausdrücken, wenn du extrem viel Klangqualität zur Verfügung hast.

Die bedeutungsvollen Schläge gerade in der zweiten „Landscape“ sind das, was als erstes auffällt. Da kann ich mir richtig vorstellen, wie eindrucksvoll das in einem Theater sein würde mit einem richtigen Orchester.

Ja, wobei ich auf die Arrangements nichts mehr kommen lasse. Die sind mittlerweile so gut geworden, dass man die von einem richtigen Orchester kaum noch unterscheiden kann.

Die Klangqualität der Platte ist auch wirklich eine der besten der Neuzeit.

Na klar, das ist ja auch nur logisch. Was euch allen so ein bisschen abgeht, was wir da früher stehen hatten, war für die damaligen Verhältnisse schon schweineteuer. Wenn du mal so ein Pult nimmst, das kostete locker so 40.000 – 50.000. Das stand da rum – eine Maschine. Aber da, wo die richtig großen Produktionen stattfanden, da stand dann nicht so ein Ding für 50.000, die hatten eine Mischkonsole für 240.000. Oder nimm einmal die Möglichkeiten, die du hattest mit verschiedenen Kompressoren, die wir zumindest gar nicht bezahlen.

Heute ist es ja ganz einfach: Die Algorithmen werden simuliert, ich packe mir die in den Rechner und fertig, kann das ganz easy mit dem Bildschirm bearbeiten. Ich zahl‘ vielleicht ein Hundertstel vom Preis, den du früher hattest. Bis du damals irgendwann einmal dein Traumequipment zusammen hattest… Wenn mich jemand nach der Vergangenheit fragt, dann antworte ich ihm: „Oh Gott, wenn wir die Sachen von heute früher beim ersten Album gehabt hätten…“ Allein diese Begrenztheit auf 16 Spuren kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Das erste Album ist auf diesen 16 Spuren entstanden, die „Erich Zann“ auch. Das ist alles noch per Hand geschnitten auf einer Analogmaschine.

Das sind alles so Dimensionen, von denen die Leute am anderen Ende immer ein bisschen entfernt sind. Die sagen dann immer: „Das klingt nicht so gut“, aber haben keine Ahnung, welche Arbeit und Erfahrung, vor allem aber: was für ein immenses Geld dahinter steckt. Da sag ich immer: Selber machen mit den alten Geräten, und dann besser machen! Dann habe ich Respekt vor so einer Meinung. Ansonsten ist das für mich nur Gewäsch.

Ich habe mich selbst mal daran versucht und… auf deutsch gesagt: Es hat scheiße geklungen.

Ja, das ist schwer. Der Bass spielt von sich aus teilweise sehr hoch, und wenn du dann eine Figur hast, wie – nehmen wir mal die zweite, die „True Lies“ von der „Erich Zann“. Das Hauptthema wird von allen Instrumenten – auch vom Bass – auf dem zwölften Bund auf der A-Saite gespielt. Dann bist du da, hast das irgendwie geregelt. Und du musst dir vorstellen: Du hattest zu der Zeit keine Automation. Das mussten die Leute am Pult machen. Der Mensch war da die Automation. Du hattest zwei Hände und konntest zwei Regler bedienen, parallel. Und das über den gesamten Song.

Jedenfalls hast du dann dieses Riff da einigermaßen eingerockt und auf einmal geht das Ganze Riff hier runter auf die E-Saite auf F. Das ist ein ganz anderes Klangmuster. Dem bist du mit einer 16-Spur-Maschine gar nicht Herr geworden. Aber heute – okay, ich meine, da richtest du dir locker 200 Spuren ein und lachst dich darüber tot. Dafür hätte ich damals locker acht Geräte hier stehen haben müssen für lockere zwei Millionen. Verstehst du?

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Quelle: Fotos: Mekong Delta
04.10.2020

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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