Mekong Delta
Immer einen Schritt weiter hin zum Ziel

Interview

Man muss dazu sagen, dass man bei der Fülle an Musik, die man als Rezensent hört, relativ schnell dagegen abstumpft, was tatsächlich hinter der Musik steht, egal was es für ein Album ist, was man gerade bespricht.

Ja klar, da habe ich auch Verständnis für. Das kann ich durchaus nachvollziehen. Du kannst dich nicht mit jedem eigen machen, das geht nicht.

Vielleicht ist es aber auch meine Eigenheit, immer alles analytisch angehen zu wollen mit dem bisschen Halbwissen, das ich habe.

Aber wenn man das schon mal selbst erkennt, dann ist man auf dem rechten Weg. Besser kann’s doch gar nicht sein. Ich weiß selbst, wie fehlbar ich bin. Und wenn man das weiß und mit dem Aspekt im Kopf voran geht, dann kann man nur besser werden. Da wären wir beim Aspekt der Bescheidenheit. Und das kann einen Menschen nur voranbringen.

Ich habe eine Kollegen, der auch ein regelrechter Guru in Sachen Aufnahmen ist, soweit ich das beurteilen kann. Der hat mal gescherzt: „Der perfekte Mix ist ein Lebenswerk“.

Ja das ist richtig. (lacht) Aber das Problem ist, dass man sich irgendwann selbst eine Grenze setzen muss. Bei MEKONG DELTA und speziell „Tales Of A Future Past“ jetzt hier ist es letztendlich so gewesen, dass genau das unheimlich viel Zeit in Anspruch genommen hat. Weil ich wollte es diesmal so perfekt wie möglich hinkriegen. Und über das, was dabei rausgekommen ist, bin ich auch stolz. Gerade bei „All Hope Is Gone“ klingt das meiner Meinung wirklich extrem gut, auch bei der zweiten „Landscapes“. Und dazu kam ja noch die Anekdote, dass man die Riffs unterschätzt hat hinterher.

Du musst dir das so vorstellen: Ich komponiere alles fertig. Dann gehen die „Blätter“ im Speziellen erst einmal an den Peter [Lake, Gitarre] in dem Falle raus, sonst an Erik [Grösch, Gitarre]. Also als Notatio bzw. Midi-File-Notatio, wie auch immer. Da kann man sich das anhören, da ist aber noch kein Tempo festgelegt. Ich schlage dann meist irgendein Tempo vor und dann wird das so gespielt. Und gerade beim Opener „Mental Entropy“ war das so, dass das Riff irgendwie so gespielt worden ist, und dann ging das Ding rüber zu Alex [Landenburg, Schlagzeug].

Der kriegt eine Idee von mir, wie ich mir das Schlagzeug vorstelle, er hört sich das an und macht etwas daraus. Er sagt dann aber auch, ob wir das Ding schneller oder langsamer spielen sollen. Und er bekommt halt das Riff und sagt, dass 110 [bpm] ein angesagtes Tempo wäre. Da denkt man sich erstmal nichts dabei, aber spätestens um 0:00 Uhr werde ich durch Peter wachgeklingelt, der meint: „Das ist doch gar nicht spielbar in dem Tempo“. Dann sind wir auf 95 herunter gegangen. Und dann hatten wir den Salat. Ich hatte für den Bass der „Mental Entropy“ glaube ich 14 Tage gebraucht, was für mich unnormal ist. Das ist ein echter Finger- bzw. Plektrumverknoter.

Da habe ich fast die Krätze bei gekriegt. Wir haben den Song ein bisschen unterschätzt, deswegen hat das auch so gedauert. Nicht, dass wir großkotzig dran gegangen wären, aber wenn dann der Schlagzeuger daher kommt und meint, das Ding müsse schneller gespielt werden – nun ja: wir erfüllen unserem Rhythmus-Guru ja jeden Wunsch. (lacht)

Ihr seid dann aber auch keine Kompromisse eingegangen, sondern habt euch durchgebissen, oder?

Ja natürlich, das ist ja der Sinn der Übung. Entweder du machst es oder du lässt es bleiben. Weil wenn du deine eigenen Grenzen nicht herausforderst, dann brauchst du auch nicht Musik zu machen. Ich meine, wenn du bei jeder noch so kleinen Schwierigkeit klein bei gibst, was für ein Musiker bist du dann? Es geht ja darum, nach vorne zu kommen und nicht klein bei zu geben. Es ist ja Neuland, es muss finde ich immer Neuland sein, denn das macht die Sache erst interessant. Es ist eine persönliche Herausforderung, der du dich immer aufs Neue stellen musst. Sonst kannst du genauso gut auch Musik am Fließband produzieren. Es gibt tatsächlich Gruppen, die spielen jahrelang das gleiche Album, immer neu.

Das ist tatsächlich der Grund, warum ich in letzter Zeit mehr Interesse an dem entwickelt habe, was abseits der Metal-Szene abgeht.

Ich möchte an dieser Stelle jetzt meine Artgenossen nicht in den Dreck ziehen, möchte in jedem Falle aber einmal großen Respekt für die Drummer äußern. Mit Alex habe ich mal darüber diskutiert, weil ich mich regelmäßig mit ihm austausche und er wirklich ein Top-Drummer ist. Wir kamen vor kurzem darauf, wir hatten auf irgendeiner Christmas-LP – auch schon lange her – mal „Good King Wenceslas“ eingespielt. Das hatte für die damalige Zeit die unglaubliche Geschwindigkeit von 210. Für die Neunziger ist das viel. Mir fallen da sonst spontan nur S.O.D. ein.

Und wir kamen halt so auf das Thema wegen Double Bass und Tripletts, und dann sagte er, dass der Rekord wohl aktuell irgendwo bei 285 auf dem Double Bass liegen würde. Und er sagte, er kann das auch, aber das könne man nicht lange spielen. Denn das geht auf die Gelenke irgendwie, weil du da eine ganz komische Stellung einnehmen musst. Ich habe das nicht ganz verstanden, auf jeden Fall sieht das aus wie ein Mutant beim Spielen. (lacht) Aber allein so eine körperliche Leistung der Drummer verdient jederzeit ein ganz großes Lob.

Kompositionen per se sind aber dank des immer häufiger auftretenden Downtunings in letzer Zeit mehr im Matsch versunken, um es mal vorsichtig auszudrücken. Ein Song wird durch das Riff gemacht und nicht dadurch, dass du deine Gitarre herunter stimmst. Wir haben die letzte Platte [„In A Mirror Darkly“] und auch die aktuelle zwar in D eingespielt, aber vor allem deswegen, weil es die Tonart der Songs gefordert hat. Das Herunterstimmen haben wir sonst nur einmal bei der „Principle Of Doubt“ gemacht, weil die auch in D waren. Sonst kämen wir gar nicht auf die Idee. Denn wenn mangelndes Riffung Tempo durch tiefe Stimmung ersetzt werden, dann kannst du auch den Staubsauger anmachen. Da ist für mich kein Unterschied mehr.

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Quelle: Fotos: Mekong Delta
04.10.2020

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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