Obsidian Kingdom
Interview mit Edgar Merigó zu "Mantiis"

Interview

Obsidian Kingdom

OBSIDIAN KINGDOM sitzen stilistisch zwischen allen Stühlen. Das ursprünglich in Eigenregie  auf gerade einmal 500 Einheiten limitierte Debütalbum „Mantiis“, welches dieser Tage von Season Of Mist wiederveröffentlicht wird, überrascht mit einer Mischung aus Progressive Metal, Art Rock, Post Rock, Trip Hop, Ambient und Black Metal. Dabei ist es den stets über den Tellerrand schauenden Spaniern gelungen, die verschiedenen Elemente ihrer filigranen Musik gekonnt, atmosphärisch und spannend miteinander zu verweben. Edgar Merigó klärt auf.

Obsidian Kingdom

Euer Album „Mantiis“ wurde ursprünglich 2012 von euch selbst veröffentlicht. War es damals schwierig für euch, eine Plattenfirma zu finden, die daran interessiert war, eure Musik zu veröffentlichen? Und wie kam letztendlich der Plattenvertrag mit Season Of Mist zustande?

Zur damaligen Zeit war es tatsächlich sehr schwierig für uns, ein passendes Label zu finden, so dass wir schließlich an den Punkt angelangten, an dem wir entschlossen, dass wir eigentlich keines benötigen.

Wir lagen damit natürlich falsch. Aber zu diesem Zeitpunkt realisierten wir, dass wir nur etwas erreichen können, wenn wir alles selbst in die Hand nehmen. Also kümmerten wir uns um alles, angefangen davon, die Musik aufzunehmen bis hin zum Vertrieb, inklusive Marketing, Pressearbeit, Kommunikation, Verbindungen pflegen, soziale Netzwerke managen, Verwaltungstätigkeiten, Lagerfertigung und Lagerung, die wirtschaftliche Seite, Öffentlichkeitsarbeit, einfach alles. Wir lernten dabei verdammt viel, und es schien für uns, als ob wir das so für immer weitermachen könnten.

Und wir hätten das vielleicht sogar gemacht, aber ambitioniert wie wir sind, erreichten wir eine Grenze unseres eigenen Budgets, und wir kamen zu der Erkenntnis, dass wenn wir ein größeres Publikum erreichen als auch international bekannt werden möchten, wir die Kraft benötigen, die nur ein großes Label aufbieten kann.

Glücklicherweise und aus diesem Grund wurde der Geschäftsführer von Season Of Mist von unserem ursprünglichen Manager während eines vergangen Hellfest Festivals bei einer günstigen Gelegenheit angesprochen. Der Rest wird bald Geschichte sein.

Ich muss ehrlich gestehen dass es mir schwer fiel, eure Musik zu beschreiben. Wie würdest du selbst denn versuchen eure Musik jemandem zu beschreiben, der noch nie etwas von OBSIDIAN KINGDOM gehört hat?

Intensiv, dunkel und schwierig zu klassifizierende Heavy Musik mit reichlich viel Kontrast. Es könnte auch helfen zu erwähnen, dass wir wahrscheinlich irgendwo zwischen Progressive Rock und Post Black Metal liegen, und dass wir Fans von ULVER, PINK FLOYD, CULT OF LUNA und TOOL gefallen könnten.

In eurer Musik kombiniert ihr viele unterschiedliche Stile miteinander. Was inspiriert euch hierzu? Und wie kommt ihr zur der Entscheidung ob ein Song fertig ist oder noch weitere Schichten oder Stilbrüche benötigt?

Wir arbeiten viel daran, unsere Songs aufzubauen. Zuerst diskutieren wir über die Emotionen und Ideen, auf die wir in jedem Teil den Schwerpunkt legen, und wir machen viel vorbereitende Arbeiten und versuchen uns auszumalen, wie der Song sein könnte. Wir benutzen was auch immer wir zur Hand haben, um miteinander zu kommunizieren was auch immer wir in uns haben könnten: Wörter, Bilder, Klänge, Mimik usw.

In diesem Stadium diskutieren wir lediglich die richtigen Bedeutungen, um das Stück zu porträtieren, wie wir es uns in unseren Köpfen ausgemalt haben. Und um das zu tut, sind Genre und Stil nur komplettes Beiwerk. Es ist uns einfach egal solange das Resultat unsere emotionalen Anforderungen trifft und zu den Ideen und Farben des Songs passt. Unser musikalisches Gepäck ist weit genug für uns um nach verschiedenen Mitteln von vielen unterschiedlichen Stilen zu greifen, um jeden Abschnitt zu erschaffen.

Von diesem Punkt an spielen wir einfach die Songs wieder und wieder, verfeinern sie jedes Mal weiter, bis jedes Stück selbst uns erzählt wann es komplett ist. Das ist etwas natürliches, wir bekommen plötzlich ein Gefühl der Ruhe und kreativen Friedens und wir wissen, dass der Song fertig ist. Bis zu diesem Moment ist es für einige von uns schwierig in den Schlaf zu finden.

Wie war denn das Feedback bisher auf „Mantiis“? Und wie schaut ihr selbst heutzutage auf das Album? Seid ihr damit vollends zufrieden, oder gibt es etwas das ihr gerne ändern würdet?

Die Resonanzen waren die ganze Zeit über unglaublich. Die Digipak-Edition war in wenigen Monaten ausverkauft, die Vinyl-Edition wird knapp, und die große Wiederveröffentlichung durch Season Of Mist steht am 24. Oktober an. Die Bewertungen seitens der Fans und der Musikpresse waren bisher fantastisch. „Mantiis“ erhält noch immer in den hunderten von Reviews, die überall auf der Welt veröffentlicht werden, eine durchschnittliche Wertung von 9/10 Punkte. Ich schätze, man kann kaum nach mehr fragen.

Blickt man retrospektiv auf „Mantiis“ denken wir, dass es zweifelsohne ein solides Album ist, das über die Zeit Bestand haben wir. Da ist etwas das unter die Haut geht, seid gewarnt! Natürlich hätten wir hier und da den Sound ein wenig verbessert, aber alles in allem würden wir daran nicht eine Note verändern.

Ich habe gelesen, dass „Mantiis“ ein Konzeptalbum ist. Was für ein Konzept steckt dahinter?

„Mantiis“ bedeutet eine einfache Reise zu dem düsteren Platz, wo Mädchen und Insekten zu dem Klang von unheimlicher Musik tanzen, eine postmoderne Rockoper mit einer nichterzählenden Struktur. Die hauptsächlichen Themen sind Sex und Tod, es ist der Soundtrack zu einem Film, der lediglich in der Vorstellungskraft des Hörers existiert. Um tatsächlich zu existieren, benötigt es eine Maskerade, durch welche wir einige sehr dunkle Emotionen ausdrücken können.

Auf dem Album hattet ihr Gastauftritte von Fiar, dem Sänger von FOSCOR, sowie Trompeter Nicholas Dominic Talvola. Wie entstand die Idee, diese mit einzubinden?

Was Fiar anbelangt ist er seit langer Zeit ein Freund der Band und wir lieben einfach seinen eigenartigen und originellen Kreischgesang. Es ist also nur natürlich, dass wir ihn einluden, um am Album teilzunehmen. Er singt die eröffnenden Verse von „Awake Until Dawn“, nur hier sind die Texte in Katalanisch, unserer Muttersprache und auch die eine Sprache, die FOSCOR viel verwenden, es schien also einfach angemessen, dass er das singt.

Die Geschichte wie wir Nicholas getroffen haben ist viel mehr interessant. Wir haben ein experimentelles Seitenprojekt das wir OBSIDIAN KINGDOM DRONE SET nennen. Mit diesem Projekt spielen wir auf den ungewöhnlichsten Veranstaltungsorten, von Bekleidungsgeschäften bis zu Kunstgalerien. Unser erster Auftritt fand auf einer Geburtstagsparty im privaten Wohnzimmer statt. Der Freund des Mädchens, das Geburtstag feierte, war ein kalifornischer Trompeter und wir luden ihn ein mit uns zu jammen. Das Resultat war so unglaublich dass wir uns entschieden, die Kollaboration weiterzuführen, man kann seine erstaunliche Performance in dem Stück „Last Of The Light“ hören.

Ich kenne eure anderen Veröffentlichungen leider nicht. Inwiefern unterscheidet sich „Mantiis“ von diesen?

„Mantiis“ ist und wird immer unser erstes Album sein. Das soll nicht bedeuten, dass unsere vorherigen Produktionen komplett außer Acht gelassen werden sollen, aber diese können sicherlich nicht mit unserem Debütalbum verglichen werden, auch wenn einige Dinge immer noch so geblieben sind wie der Drang starke Musik zu erschaffen, der Geschmack für Komplexität und das Verborgene, düstere Atmosphäre und brutale Passagen, oder die Tendenz sich auf die dunkleren Aspekte der menschlichen Seele zu konzentrieren.

Nimmt man die Tatsache, dass es quasi ein Ein-Song-Album ist, bedeutet das, dass wir all unsere Anstrengungen darauf verwendet haben, ein Stück aufzubauen, welches den Hörer über die gesamte Spielzeit von 47 Minuten lang unterhält, während wir unsere persönlichen Geschmäcker und die gesamte Kohärenz beibehalten. Unsere vorherigen Arbeiten waren nicht ein solche Herausforderung, da sie deutlich kürzer ausfielen.

Was den Stil anbelangt, haben wir hier endgültig mit der Form des extremen Metals gebrochen. Auf unserem Debütalbum findet man solide Annäherungen zum Drone, Dark Folk oder sogar Free Jazz, da wir einen persönlichen Kodex entwickeln der all diese Sprachen umfasst ohne vom Thema abzuweichen. Was unsere vorherigen Veröffentlichungen anbelangt, so experimentierfreudig sie auch waren, haben sie es niemals geschafft die Grenzen des extremen Metals zu durchbrechen auf diese Weise wie es „Mantiis“ machte. Unsere emotionale Palette hat sich verbreitert und so ist es auch mit unserem Ausdruck.

Daneben sind wir sowohl als Individuen als auch als Band erwachsener geworden, wir kennen uns gegenseitig als Musiker besser, und wir haben letztendlich unseren eigenen Sound gefunden, einen persönlichen lyrischen Inhalt sowie eine kollektive Arbeitsweise die uns angenehm ist. Um eine lange Geschichte abzukürzen, wir hatten angefangen eine einzigartige Persönlichkeit zu entwickeln, und das zeigt sich klar auf „Mantiis“.

Der Sound ist richtig stark, was kannst du uns über die Produktion des Albums erzählen?

Dankeschön, wir steckten viel Arbeit in die Produktion. Berücksichtigt man, dass wir mit einer abscheulich monumentalen Struktur konfrontiert waren, planten wir jede Stufe sehr vorsichtig. Zuerst machten wir eine Voraufnahme und einen Vor-Mix des Albums mit unseren eigenen Meinungen, damit wir eine ziemlich klare Idee des Albums und der einzelnen Stücke hatten, bevor wir ins Studio gingen. Außerdem haben wir nur mit Profis gearbeitet welchen wir vertrauen, angefangen von unserem Produzenten Jorge Mur, unserem Live-Tontechniker, bis hin zu Jens Bogren, der das Album gemastert hat, zusammen mit Mr. Ax vom Ax Studio in Barcelona, einem langjährigen Freund der Band. 

Weiter waren wir vor Ort präsent und aktiv bei jedem einzelnen Schritt des Prozesses um sicher zu sein das alles so gemacht wird wie wir es möchten. Das war allerdings beim Mastering aufgrund der geografischen Distanz leider nicht möglich, aber die Arbeit die Jens Bogren mit verschiedenen Bands wie KATATONIA, PAIN OF SALVATION oder OPETH gemacht hat respektieren wir sehr. Daher dachten wir, dass es nichts zu befürchten gab.

Was ist eigentlich das OBSIDIAN KINGDOM? Welche Bedeutung steckt hinter eurem Bandnamen?

Der Ursprung unseres Namens geht zurück zu unseren Anfängen. Es ist ein abstraktes, suggestives und visuell kraftvolles Konzept, das die Spannung zwischen dem urzeitlichen Chaos, welches verdichtet in einem vulkanischen Stein liegt, und der organisierten Sprache einer hierarchischen Struktur heraufbeschwört; und hat die innenwohnende Assoziation eines Materials, welches schon bald für die Herstellung von Waffen als auch Schmuck oder Skulpturen verwendet wurde.

Was habt ihr in nächster Zukunft alles geplant?

In nächster Zeit werden wir ziemlich beschäftigt sein. Unser letztes Musikvideo wird am 16. Oktober veröffentlicht, ein herausragendes Stück an Gewalt und dekadenter Blickfang, um deine Sinne zu stimulieren, zum Anlass der Wiederveröffentlichung von „Mantiis“ über Season Of Mist am 24. Oktober.

Danach gehen wir mit SÓLSTAFIR, SAHG und ESBEN AND THE WITCH, auf eine einmonatige Tour, die uns auf Bühnen von Konzerthallen und Festivals in ganz Europa bringt. Darauf freuen wir uns schon ganz besonders. Anschließend verlassen wir den Bus, gehen zurück nach Hause, nehmen eine Dusche und schließen uns im Proberaum ein, den wir nicht vorher verlassen werden, bis wir ein neues Album in Händen halten.

Galerie mit 33 Bildern: Obsidian Kingdom - Solstafir Tour 2014
10.10.2014

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