The Stone
Ist es nicht immer Magie, wenn wir uns in Kunst ausdrücken?

Interview

„Black Metal“ und „Serbien“ sind zwei Begriffe, die nicht oft zusammen in einem Satz fallen. Aber wenn, dann ist meist auch die Erwähnung der serbischen Szene-Vorreiter THE STONE nicht allzu weit. Die haben im Dezember ihr aktuelles Album „Teatar Apsurda“ veröffentlicht und kommen ab morgen zusammen mit den Tschechen INFERNO und den Schweden IXXI auf Europatour. Wir haben uns mit Gitarrist, Bassist und Bandkopf Kozeljnik zusammengesetzt.

Bild The Stone Band Foto 2017

Kozeljnik von THE STONE im Interview mit metal.de

Hallo Kozeljnik. Gratulation zur Veröffentlichung eures neuen Albums „Teatar Apsurda“.

Danke dir vielmals, Stephan.

Das auffallendste Detail an „Teatar Apsurda“ ist für mich, dass es direkter klingt, als „Nekroza“, etwas mehr „old school“. Würdest du zustimmen? Und wann habt ihr euch entschieden, dieses Album geradliniger zu bauen als seinen Vorgänger?

Ja, unsere Intention war es, in den neuen Songs eine kohärentere Atmosphäre zu kreieren, die Arrangements so zu setzen, dass sie aggressiver mit unseren Ideen interagieren konnten. Wir haben das Tempo einfach fließen und uns führen lassen, egal, ob wir dann fast vier Minuten konstanter Blastbeats hatten. Wenn das die Essenz des Songs definierte und es sich für uns richtig anfühlte, dann war das unser Kurs. Sicher, man könnte sagen, dass wir einfach mehr oldschool klingen wollten, aber da wir schon vor langer Zeit unseren eigenen Sound geschaffen haben, gibt uns das den Vorteil, diesen Sound jedes Mal herauszufordern, wenn wir neue Musik schreiben.

Aber das Album mit seinen Vorgängern zu vergleichen, „Nekroza“ eingeschlossen, wäre ziemlich unangebracht, aus Sicht der Kunst gesprochen, denn alle Alben haben ihr eigenständiges Leben, die Zeit ihrer Entstehung ist in sie eingeritzt. Aber wenn jemand durch diese Vergleiche glücklich wird, dann ja, das neueste Album „Teatar Apsurda“ klingt dunkler, schneller und apokalyptischer als „Nekroza“ oder „Golet“, mit der Aussage habe ich kein Problem.

Das Album habt ihr über euer eigenes Label Mizantropeon Records herausgebracht, das ihr speziell für diese Veröffentlichung gegründet habt. Wann im Entstehungsprozess von „Teatar Apsurda“ habt ihr euch entschieden, dass ihr alles selbst machen würdet? Und was waren eure Gründe dafür?

Zunächst hatten wir lange nicht darüber nachgedacht, ein eigenes Label zu gründen, nicht bis der Aufnahmeprozess längst gestartet war. Wir hatten ja damals den Deal mit unserem langjährigen Label Folter Records und obendrein auch ein paar Angebote von anderen Labels, deshalb schätze ich, dass die Entscheidung, unser eigenes Label zu gründen, manche Leute verwirrt hat. Auf der anderen Seite ist eine solche Entscheidung kein Mysterium, da wir einfach das Album selbst herausbringen wollten. Wir haben von Anfang an mit Labels zusammengearbeitet, aber diesmal wollten wir die Kontrolle in die eigene Hand nehmen. Ob wir auch das nächste THE STONE-Album auf unserem Label herausbringen oder nicht, wird die Zeit zeigen, aber ich bin mir sicher, dass Mizantropeon Records am Leben bleiben wird.

Und hat sich das alles ergeben, wie ihr es geplant hattet? Ich frage deshalb, weil ich mich für relativ informiert über die europäische Black-Metal-Szene halte, aber trotzdem erst rund einen Monat nach der Veröffentlichung herausgefunden habe, dass es ein neues THE STONE-Album gibt. War es ein Problem, die Nachricht in die Welt zu kriegen?

Um ehrlich zu sein, die Promotion ist ein bisschen spät gestartet, da sie natürlich an die Entscheidung gekoppelt war, Mizantropeon Records zu gründen. Damit haben wir sicherlich einiges an wertvoller Zeit für vernünftige Werbung verloren, ich denke, dass das der Hauptgrund war, warum viele Leute nicht über das neue Album informiert worden sind. Aber seis drum, wir haben uns jetzt beeilt und ich glaube, dass unser Publikum über die Aktivitäten der Band im Bilde ist, Dank geht hier an Metal Promotions, mit denen wir für die Promo unterschrieben haben und bei denen der Mann dahinter einen guten Job macht, die Nachricht über das neue Album zu verbreiten.

Während ich erraten kann, dass der Albumtitel so viel wie „Absurdes Theater“ bedeutet, sind ja die Texte des Albums auf Serbisch geschrieben. Kannst du uns ein bisschen über die Themen der Texte erzählen? Und gibt es ein zugrundeliegendes Konzept?

Wir benutzen ja schon seit langem unsere Muttersprache für die Texte, was hauptsächlich daran liegt, dass unser Sänger Nefas sich am besten auf Serbisch ausdrücken kann. Sein Stil ist sehr poetisch, direkt und präzise. Das lyrische Konzept des Albums behandelt die menschliche Groteske, betrachtet durch Nefas‘ satirische Herangehensweise. Seine Verse tragen eine starke Dosis Pessimismus und Negativität in sich, was sich als Metapher im Titeltrack in der Poesie des „Absurden Theaters“ [„Teatar apsurda“ – Anm. d. Übers.] wiederfindet.

Das Cover-Artwork des Albums ist relativ simpel, es zeigt eine außerweltliche, Phantom-artige Gestalt, die das THE STONE-Bandlogo umfasst. Während eure Albumcover ja meistens eher simpel gehalten waren, fühlt sich das „Teatar Apsurda“-Artwork noch ein Stück zurückhaltender und grundlegender an. Inwiefern findet sich das im Inhalt des Albums wieder?

Bild The Stone Teatar Apsurda Album 2017 Cover Artwork

In der Tat, das Frontcover ist diesmal ziemlich einfach, dafür direkt und hypnotisch. Wir wollten grundlegende Grafikarbeit nutzen, fast nur Skizzen ohne komplexe Details oder farbenfrohe Atmosphäre. Verantwortlich ist übrigens der serbische Künstler Dragan Paunovic, der auch schon die Cover für unsere früheren Alben „Umro“ und „Golet“ erstellt hat. Die Message des Albums, sowohl musikalisch als auch lyrisch, ist auf metaphorische Weise mit dem Artwork verbunden – es definiert klar, worum es auf „Teatar Apsurda“ geht. Wir haben unser Bandlogo ebenfalls im Stil der gegenwärtigen Albumkunst entwickelt. Ein Ghoul, der in Ewigkeit die Geschicke des Menschen umfasst, wie ein Stein um den Hals, immer weiter herunterziehend.

Nächste Woche kommt ihr mit INFERNO und IXXI auf Tour. [Zum Zeitpunkt des Interviews stimmte das. Die Tour startet am morgigen Freitag, 23. März 2018 in Berlin. – Anm. d. Red.] Wie seid ihr mit diesen Bands zusammengekommen?

Wir sind schon seit Jahren Freunde und es war nur eine Frage der Zeit, wann wir uns zusammen auf den Weg durch Europa machen würden. Tatsächlich haben wir mit INFERNO und IXXI sogar schon ein paar Shows in der Vergangenheit gespielt, aber diesmal kommen wir auf ausführliche Tour mit zehn Terminen in Ländern wie Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Polen und Tschechien. Es fängt Freitag in der deutschen Hauptstadt an. THE STONE werden für ihren Teil hauptsächlich das neueste Album promoten, das ist also eine gute Chance, mit der Atmosphäre zu interagieren, mit der die apokalyptischen Akkorde der Magie von „Teatar Apsurda“ dienen. Das letzte Mal haben wir in Berlin auf dem De Mortem et Diabolum Festival gespielt, aber die Show war recht kurz und wir hatten ein paar Soundprobleme, wir hoffen, dass das Freitag im Blackland besser läuft.

Du hast ja schon die verschiedenen Länder aufgezählt, die ihr im Rahmen der Tour bereist. Gibt es darunter eine Show/Stadt/ein Land, auf das ihr euch besonders freut?

Wahrscheinlich ist es ein Klischee zu sagen, dass jede Stadt und jedes Land wichtig ist, aber wirklich – wenn du nur an Orten spielen willst, an denen du ein garantiertes gutes Publikum hast, dann lebst du im falschen Jahrhundert. Denn heute ist es schwer, live zu spielen und dabei erfolgreich zu sein, weil es jeden Tag hunderte von Konzerten gibt und Tonnen von Bands und Musikern, die Raum für ihre Präsentation haben wollen. Wenn du einmal ein gutes Konzert gespielt hast, heißt das noch nicht, dass du das wiederholst, wenn du das nächste Mal denselben Ort besuchst. Wir sind immer noch aufgeregt, auf Tour zu gehen, aber es ist sicher, dass es weniger und weniger Sinn ergibt, da die Anzahl der Bands konstant zunimmt, während des Publikum abnimmt. Das wird noch schlimmer werden, da bin ich mir sicher.

Die Tour heißt „Hymns to Lemegeton“. Lemegeton ist ein magisches Handbuch, um Geister zu beschwören – wessen Idee war es, die Tour unter das Banner zu stellen, Hymnen für dieses Buch zu spielen? Und wie stehst du zu den magischen Künsten, wie sie in der Black-Metal-Szene oft zitiert werden?

Die Idee kam von der INFERNO-Seite, aber wir alle haben es als passenden Namen akzeptiert, der die Essenz einer jeden Band des Line-ups zusammenfasst. Bezüglich der magischen Herangehensweise an Black Metal, nun, ist es nicht jedes Mal Magie, wenn wir uns in Kunst ausdrücken? Ich glaube, dass wir genau das tun, das ist stark verbunden mit der inneren, spirituellen Initiation, wenn du Kunst schaffst. Welche Quelle genutzt wird, um die Magie zu verbreiten, unterscheidet sich von Künstler zu Künstler. Das ist eine individuelle Wahl, und jede Art von Klassifikation der Gestalt des magischen Pfades wäre ein Mord an der Freiheit der Kunst selbst. Kürzlich wurde Black Metal immer mehr zu einer Entschuldigung für spirituelle Korrektheit innerhalb all dieser orthodoxen, okkulten Ästhetik, welche immer wieder derselben Performance folgt. Das sieht so aus, als würde ein und dieselbe Band jedes Mal verschiedene Namen und Formen annehmen, wenn sie auftritt. In der Black-Metal-Kunst ist nicht viel von der Einzigartigkeit übrig, die wir damals in den Neunzigern hatten.

In den Metal Archives sind 107 serbische Black-Metal-Bands verzeichnet (THE STONE, deren Vorgängerband STONE TO FLESH und Kozeljniks Soloprojekt KOZELJNIK eingeschlossen). Ich muss allerdings gestehen, dass ich außer THE STONE und dein Soloprojekt KOZELJNIK keine davon kenne. Gibt es serbische Bands, die du besonders empfehlen kannst?

Echt? Ich hatte keine Ahnung, dass da so viele in den Metal Archives gelistet sind. Einige gute Black-Metal-Acts aus meinem Land, die es wert sind, ihnen Aufmerksamkeit zu schenken, wären: ZLOSLUT, SVARTGREN, DEAD SHELL OF UNIVERSE, ZAKLAN, OPHIDIAN COIL, VEHEMENTER, SAMRT, TERRORHAMMER, KOLAC, ALL MY SINS, MOR, BANE, PAIMONIA, TRIUMFALL, ANGELGOAT, PROPAST, BEZDAN und wahrscheinlich noch ein paar mehr … und ich würde außerdem gerne INFEST nennen, die eine meiner liebsten Death-Thrash-Bands aus Serbien sind.

Mich würde interessieren, wie die serbische  Black-Metal-Szene (bzw. die Metalszene allgemein) aussieht … ich kann kaum abschätzen, ob es bei euch eine große Szene gibt. Könntest du uns einen kleinen Eindruck davon geben, wie es ist, in einer serbischen (Black-)Metal-Band zu spielen? Gibt es ausreichend Gelegenheiten, Shows zu spielen? Wie sieht es mit Aufnahmestudios, Festivals etc. aus?

Da ich ja gerade all diese Bands genannt habe, könnte man vermuten, wir hätten eine starke Szene in Serbien, aber die Situation sieht nicht so gut aus, da das Interesse an Black-Metal-Musik hier immer noch auf einem sehr niedrigen Level besteht. Ich rede nicht von Studios, Medien, Publikum, all das haben wir hier natürlich, wenngleich nicht in derselben Anzahl wie ihr in Deutschland. Aber Black Metal ist hier noch ein komplettes Underground-Ding, es geht eher um die individuelle Herangehensweise, denn um die Szene selbst.

THE STONE ist die einzige Black-Metal-Band in Serbien (und auch im ganzen ehemaligen Jugoslawien), die seit mehr als 20 Jahren existiert und eine zahlenmäßig große Diskografie vorweisen kann. Die Frage wäre, warum haben wir nicht mehr solcher Beispiele? Es könnte viele Antworten geben, aber ich bin mir sicher, dass das Hauptproblem ein Mangel an Beharrlichkeit ist. Viele Musiker verlieren einfach das Interesse, nachdem sie eine Demo oder ein Album aufgenommen haben, oder sie brauchen so viel Zeit, Musik zu produzieren, dass sie nach der langen Wartezeit kaum Möglichkeiten haben, weiterzumachen.

Das wars auch schon von mir. Ich danke dir vielmals für deine Zeit und deine Antworten. Hast du noch letzte Worte?

Danke für den Support und die Verbreitung unserer Message. Ich hoffe, euch alle auf der Tour zu sehen.

Galerie mit 9 Bildern: The Stone - De Mortem et Diabolum 2017
22.03.2018

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