

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.



Vor wenigen Tagen verstarb Ragne Wahlquist, der Mitbegründer von HEAVY LOAD. Im Gedenken an einen Pionier der schwedischen Metalmusik blicken wir auf das zweite Album „Death Or Glory“. Wenn es um die erste Heavy-Metal-Band des Landes geht, dann fällt in der Regel der Name HEAVY LOAD. Bereits 1976 gründeten die Brüder Styrbjörn und Ragne Wahlquist ihre Band, die zwei Jahre später das Debüt „Full Speed At High Level“ veröffentlichte. Als ein Klassiker gilt die zweite LP „Death Or Glory“. HEAVY LOAD verknüpfen Wikingerthemen mit Metal und sorgen für den Startschuss des Viking Metal. Wie ist der Klassiker aus dem Jahr 1982 gealtert?
Ein Klassiker aus dem Jahr 1982: „Death Or Glory“
Mitten in die blühende NWoBHM klatschen HEAVY LOAD ihr zweites Album „Death Or Glory“, dass in Schweden über Thunderload Records veröffentlicht wird. Wie so oft in den 70ern und 80ern ist in anderen Ländern ein anderes Label für die Veröffentlichung zuständig. Corona Music Company aus Hamburg sorgt für die Verbreitung in Deutschland. Der Sprung nach England gelingt nicht. Ein Grund dürfte sein, dass Labels wie Neat Records Anfang der 80er Jahre noch nicht so weit sind, Bands vom Kontinent zu verfolgen. Erst später werden zum Beispiel AXEWITCH oder auch die Dänen ARTILLERY in UK verbreitet.
Muss zum Auftakt „Heavy Metal Angels (In Metal And Leather)“ eigentlich noch etwas geschrieben werden? Das gute Stück sollte jedem klassischen Metalfan geläufig sein und ist einer der Hits von HEAVY LOAD, der den heutigen Status der Band mit zementiert. Der Refrain sorgt noch immer für einen großen Chor, egal ob die Nummer aus der Konserve erklingt oder live auf der Bühne, wie zum Beispiel beim Keep It True 2024, performt wird.
Den temporeichen Anfang zu „Might For Right“ ziehen HEAVY LOAD nicht konsequent durch. Eigentlich passt das Ding perfekt in die NWoBHM mit einem Mix aus schnellen Hard Rock und metallischen Elementen. Sachen wie „Something New“ oder „Bleeding Streets“ agieren mehr im rockigen Metier, bevor der Schlusspunkt der A-Seite zum zweiten großen Wurf ausholt. „The Guitar Is My Sword“ klingt vom Titel nach klischeebehaftetem Metal. Gradlinig stampfen die Brüder Wahlquist mit ihren Schwertgitarren vorwärts und sind spätestens jetzt vom Sound im metallischen Segment der NWoBHM angekommen.
HEAVY LOAD sind eigenwillig
Die B-Seite geht mit „Still There Is Time“ im metallischen Style weiter, wo die gesamte Melodieführung einen unorthodoxen Eindruck macht. Anfang der 80er sind HEAVY LOAD mit ihren Ideen einen Schritt vor der musikalischen Entwicklung. Der Langläufer auf „Death Or Glory“ ist „Traveller“ mit etwas mehr als fünf Minuten. Ähnlich wie der Vorgänger setzt „Traveller“ auf eine gewisse Eigenwilligkeit, kommt aber insgesamt eingängiger aus den Boxen und reiht sich hinter den Hits der Scheibe ein.
Weniger spektakulär, aber mehr als gut hörbar, folgt „Little Lies“, bevor es mit „Daybreak Ecstasy“ nochmals einen mehr als fünf Minuten langen Track auf die Ohren gibt. Bereits der Einstieg macht klar, dass HEAVY LOAD 1982 experimentierfreudig sind. Es gelingt den Brüdern Wahlquist ihre Kreativität in eine passende Melodie zu packen, sodass „Daybreak Ecstasy“ ein weiteres Highlight auf der LP ist, allerdings mit weit mehr Wendungen als zum Beispiel „Heavy Metal Angels (In Metal And Leather)“.
„Death Or Glory“ in der Retrospektive
Die mehr als 40 Jahre alte Scheibe klingt von A bis Z nach Handarbeit und ist weit entfernt von Drumcomputern oder Samples. Wer auf die 80er Jahre und den damaligen Sound steht, der dürfte sich nach wie vor an der LP erfreuen. Der Versuch, den damaligen Ansatz in das Jahr 2023 und 2024 zu transportieren, gelingt HEAVY LOAD weniger. Die fehlende Live-Erfahrung zeigte sich beim Keep It True 2024, die 2023er Scheibe „Riders Of The Ancient Storm“ konnte vom Songmaterial nicht überzeugen.
„Death Or Glory“ liefert mit „Heavy Metal Angels (In Metal And Leather)“ und „The Guitar Is My Sword“ zwei hervorstechende Klassiker, die auch heute perfekt funktionieren. Auf der B-Seite zeigen sich die Schweden experimentierfreudig. Nicht jeder Ansatz geht ins Ohr, aber mit zum Beispiel dem abschließenden „Daybreak Ecstasy“ oder „Traveller“ setzen die Herren eine Duftmarke, die für die weitere metallische Entwicklung nicht unwichtig ist.
Allen voran in Schweden finden HEAVY LOAD reichlich Gehör und bieten Bands wie GOTHAM CITY, MINDLESS SINNER oder AXEWITCH wichtige Orientierungshilfen. Fans der 80er Jahre Musik, die „Death Or Glory“ bisher nicht kennen, sollten den zweiten Output der Schweden unbedingt antesten.
Rest in Peace, Ragne Wahlquist!
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