King Diamond - Give Me Your Soul, Please

Review

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Über das Schaffen vom diamantenen König oder MERCYFUL FATE noch irgendwelche Worte zu verlieren, hieße Fledermäuse unters heimische Dachgebälk oder Häagen-Dazs nach Dänemark tragen. Wenn es hier auch nur einen gibt, der den Backkatalog beider Bands nicht auswendig rauf und runter beten kann, winkt ein eindringliches Wochenende beim Henker. Und das wollen wir doch nicht, oder? Das letzte KING DIAMOND-Album „The Puppet Master“ liegt nun auch schon einige Jahre zurück; unvergessen die Hits „Magic“ und „Darkness“, DIE Zehn-Punkte-Songs des Albums. Vorbei die experimentelleren Zeiten, der König besann sich auf puren Metal mit zweistimmigen Gitarren, hellen Soli der „The Specter Within“-Ära von FATES WARNING und den bekannten variablen Gesängen, wobei den anklagenden Phrasierungen wieder mehr Raum eingeräumt wurde; selbstredend ohne die markanten Engelsstimmen zu vernachlässigen.

Erinnert sich noch jemand an den Beginn von FATES WARNINGS „Traveller In Time“? Die Uhr am Anfang? Nun, ein Uhrwerk tickt auch im Intro „The Dead“, Orgelklänge ertönen, eine junge Frauenstimme kommt hinzu (mit der Zeit und jungen Mädchen hatte es der King ja immer), der Einsatz des Königs erfolgt, einschmeichelnd zunächst, „Bloody Dress“ wird gewispert, der Übergang zum Eingangssolo des Openers „Never Ending Hill“ ist perfekt abgestimmt, nur Downing/Tipton oder Sherman/Denner kommen an La Rocque/Wead heran. Einfach klasse, diese Gitarren(zusammen)arbeit, unglaublich nahezu, rätselhaft auf schwarzen Schwingen, unheimlich betörend, glasklar und transparent, sauber eingespielt, virtuos bisweilen, einfach eine Ohrenweide. Der König setzt variable Gesänge ein, genügend tiefe Stimmlagen, der Refrain („Take A Look At The Sky…“) kann so nur von KING DIAMOND kommen, diese verzweifelte Anklage, in mittlerer Stimmlage mit Empathie vorgebracht, sehr an frühe MERCYFUL FATE erinnernd. So kann traditioneller Metal nämlich auch gemacht werden, IRON FIRE, CIVILISATION ONE, STONE LAKE, CELLADOR, DOMINE und RHAPSODY, von den deutschen Möchtegerntraditionalisten mal ganz abgesehen! „Anybody There“ schlägt Midtempo an, ein heavy-drückendes Riff treibt den Song in die melodische Chorusauflösung. „Black Of Night“ zeigt, warum der halbe Power-Globus heulen könnte, La Rocque/Wead niemals in den eigenen Reihen zu wissen, orientalische Licks, unnachahmlicher Groove, „The Mad Arab“ lauert hinterm mit Efeu umrankten Gartentor. Und wenn die Gitarreros dann solistisch Fahrt aufnehmen, bleibt kein Ohr trocken. Textlich gibts ein Déjà Vu mit „The Candle“, ganz wunderbar in die Strophenphase eingebaut übrigens.

„Mirror, Mirror“ zeigt die Spielfreude der Band, hier wird nicht wie bei oben genannten Combos zum Tanztee aufgespielt, abseits aller Trends zieht diese Superband ihr Ding unverdrossen durch; immer die Klasse am oberen Limit, variantenreich-verspieltes Songmaterial orientiert an MERCYFUL FATE, METALLICAS Frühwerken, FATES WARNINGS ersten Alben, PRIESTS „British Steel“; „Point Of Entry“ und „Painkiller“ sollten in diesem Zusammenhang auch nicht unerwähnt bleiben. Sägende Gitarren gibts auch wieder, mehr oder besser anders focussierte Härte als in der mittleren Phase des KINGS in den Neunzigern, der Gesang ist brillant, das „Aaaa-aaa-aaa“ in hellster Ausführung gemahnt an des Kings Debut „Fatal Portrait“, nicht nur von Klein-Stendahl einst zu Tode geliebt. „The Cellar“ hat wieder diesen Groove, diese marschierende Konsequenz, wie sie nur der König und Andy im magischen Zusammenspiel zelebrieren, ein Speedbreak wird kunstvoll eingearbeitet. „Pictures In Red“ ist eines dieser düsteren Zwischenspiele, die Kim Bendix Petersen so liebt. „Give Me Your Soul“ zieht gesangstechnisch und vom Drive her alle Register. Die Basslinie ist federführend und großartig, wie man überhaupt Hal Patino ein großes Lob aussprechen muss für seine Leistung. Und obwohl häufig Falsett eingesetzt wird, wirkt das stimmig, denn sich überschlagendes kastratenhaftes Gejaule ist nichts für Kim; stattdessen bevorzugt er liebliche schwarze Engel. Und für RONDO VENEZIANO, dem Vorbild nahezu aller Power Metal-Bands des Erdballs, haben KING DIAMOND nur ein müdes Lächeln. Ebenso für den angestrengt bemüht bösen Charme puristischer ungruseliger Black-Combos; wo gibts in dem Bereich auch solche Vocals oder einen, der so variabel solieren kann? Aber hier gehts ja auch um den Zaubergarten und „Les Fleurs Du Mal“ und nicht um die archaische Wut barbarischer Gestalten, die dem Mittelalter hinterhertrauern.

„The Floating Head“ führt erneut an orientalische Gestade. Niemand schraubt die säuselnde Schlange rhythmischer in derartige Höhen als der beschwörende Meister. Der Chorus ist ganz großartig! Keine der obengenannten traditionellen Heavy-Power-Bands hat je auch nur eine solche Refrainlinie zustandegebracht, vom interessanten Aufbau der Tracks ganz zu schweigen. Wie man überhaupt sagen muss, dass das Songmaterial bei KING DIAMOND sehr unterhaltsam ausfällt, die entsprechenden ausdruckstarken Textzeilen werden immer an der effektivsten Stelle positioniert, girlandenhaft musikalisch untermalt. Das Händchen für spannende Dramaturgie ist des Königs Stärke. Er bleibt immer im Rahmen dessen, was er sehr gut kann, abseits aller Death-, Black- oder Power Metal-Segmente, die er ja seinerzeit maßgeblich beeinflußt hat. Das bewundere ich an ihm. „Cold As Ice“ zeigt, dass niemand so nett von „Candles“ singen kann wie der King, „Shapes Of Black“ erinnert mit spinettartigen Klängen an „Time“, wobei das Spinett nicht überbordend eingesetzt wird, eher so, wie es Bands wie KAMELOT machen würden, nicht wie wir es von unseren Zuckerbäckern kennen. „The Girl In A Bloody Dress“ ist rockiger ausgefallen, dramatisch dennoch, mit Klassevocals und griffigen Gitarrenparts. Müßig zu sagen, dass wir hier einem permanent pumpenden Bassisten und einem echten, nicht tackerndem, eigenwilligen Drum-Figuren nicht abgeneigten leibhaftigen Schlagwerker begegnen. „You Gotta Move On Before The Dawn Is Near…“ Geil. Das Finale dann ist sehr an den Song „Melissa“ angelehnt; akustisch schweben die Licks um uns herum, fast flamencohaft flirrt die Gitarre, man hört, der KING zieht alle Register. „Time Is Running On“ heißt es mit Nachdruck, dann gibts MERCYFUL FATE-Speed, ganz wunderbar… Qualität gabs immer von ihm; hier hatte er wieder eine Sternstunde.

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22.06.2007

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3 Kommentare zu King Diamond - Give Me Your Soul, Please

  1. Stendahl666 sagt:

    Da hatte ich recht einst, wie immer eigentlich. Wann kommt endlich ein neues Album?

    10/10
  2. MetalGerhardt sagt:

    Ganz übersehen, dass dieses letzte Werk von King Diamond bei Metal.de doch kritisiert wurde.
    Man hat hier ein völlig solides Album vor sich. Schade, dass es das letzte war. Schon wie beim Vorgänger experimentiert King Diamond kaum noch herum. Die Songs sind gradlinig, verzichten auf zahlreiche Wendungen, dienen dafür immer wieder mit Eingängigkeit und flotten Soli.
    Ja, das ist absolut hörenswerter Heavy Metal mit hübscher Horror-Atmosphäre und einer interessanten Story. Nachdem King Diamond Ende der 90er Jahre etwas schwächelte, hat er sich mit den letzten drei Werken doch wieder rehabilitiert und insgesamt kann ich für seine Diskographie nur ein sehr gutes Fazit loswerden, selbst wenn die echten Highlights, die viele Fans in vielen Alben sehen, für mich nahezu ausblieben.
    Tolle Musik!

    8/10
  3. itsutterrubbish sagt:

    Für mich war das leider letzte Album vom King damals eine totale Enttäuschung.

    Die Geschichte langweilig, die Musik drohte teilweise ins graue Mittelmaß abzurutschen, die Produktion furchtbar zahm und das Video zu „Give Me Your Soul“ war ein schlechter Witz.
    Alles war lahm und nur wenige, sehr wenige Highlights gab es für mich auf der Platte.
    Nach all den Jahren und vielen Versprechungen eines neues Albums wäre ich schon mal auf was Neues gespannt. Selbst Masquerade of Madness ist schon wieder 4 Jahre alt.
    So sehr ich den King liebe, Spider’s Lullabye und Give Me Your Soul waren meine Tiefpunkte in seiner Diskographie.
    Ich sag mal 6,5 aufgerundet.

    7/10