Martre - Ofelia

Review

Als Experimental Black Metal verkauft das dänische Ein-Mann-Projekt MARTRE seinen ersten Langspieler “Ofelia“. Darunter kann man sich erst einmal nichts Konkretes vorstellen. Aber so vage diese Betitelung auch sein mag – es ist tatsächlich schwer, MARTRE in nur eine oder sogar zwei Schubladen zu stecken. Das digital bereits erschienene, aber diesen Monat nun auch physisch gepresste “Ofelia“ steckt voller Ideen und Elemente. Ob es sich mit der schieren Fülle an Experimenten auch einen Gefallen getan hat, ist allerdings eine andere Frage.

MARTRE vermischen Black Metal und Grindcore

Geschlagene zwei Sekunden braucht der erste Song “Armor Of Gold“, um erbarmungslos und ohne Intro loszuknüppeln. Überraschend dabei sind die Vocals, die jeder Erwartung für Black Metal widersprechen und eher im Grindcore zu vermuten wären. Ansonsten ist gerade der Opener des Albums leider einer der schwächeren und vor allem auch der schlechter produzierten Songs und hat es deswegen schwer, von Anfang an zu beeindrucken. Die Gitarre übertönt jedes andere Instrument und auch die Vocals deutlich, sodass jedes andere Geräusch zu einem unklaren Klangbrei im Hintergrund verschwimmt. Ab den folgenden Songs wird es etwas besser, aber an einigen Stellen sorgt die Aufnahmequalität weiterhin für Verwunderung und das Fehlen von klaren Start- und Endpunkten der einzelnen Lieder lässt die Übergänge teilweise etwas holprig wirken.

Es ist bestimmt auch persönlicher Gusto, aber selbst abgesehen davon gelingt der Mix aus Black Metal und Grindcore MARTRE leider nicht besonders gut. Anstatt einander zu ergänzen, lösen die beiden Elemente zur selben Zeit ein Störgefühl aus und weigern sich, homogen miteinander vermengt zu werden. Das liegt aber nicht an fehlendem Können, sondern lediglich am Arrangement. “I Dødens Have, Pt. I“ zeigt, wie das Album hätte klingen können und arbeitet mit deutlich reduziertem Tempo und insgesamt eher sakral anmutenden Elementen, die auch in Kombination mit Squeals gar nicht schlecht funktionieren.

Obwohl “Ofelia“ alles andere als eingängig ist, ist es ein spannendes Experiment und baut eine ganz besondere Atmosphäre auf. Sakrale Chöre und verzerrt gesprochene Texte während der ruhigeren Parts wechseln sich mit erbarmungslosen Blastbeats und gequälten Grindcore-Squeals ab. Das Album klingt genau so, wie die Geräusche in einer verfluchten Irrenanstalt oder einer besessenen Seele sich anhören müssen. Auch das Albumcover passt in das Konzept, das eine Sepia-Fotografie von zwei Kindern zeigt, die mit emotionslosen Gesichtern neben einem weiteren (hoffentlich) schlafenden Kind stehen. Was die Grundidee und die Konzepte angeht, zeigt “Ofelia“ durchaus Potenzial.

“Ofelia“ ist alles andere als eingängig

MARTRE probieren auf ihrem ersten Langspieler etwas zu viele Elemente in nur einem Album unterzubringen. Die unklare, schwammige Produktion hilft bei der Fülle an Elementen leider nicht, um die einzelnen Details auf schmeichelhafte Art und Weise hervorzuheben. Auch als eingängig kann man das Album wirklich nicht beschreiben. Wer sich davon nicht abschrecken lässt und seine Black-Metal-Komfortzone etwas verlassen möchte, kann auf “Ofelia“ aber mit Sicherheit einige kreative Anregungen für das nächste eigene Projekt finden.

Review von Louisa Esch

05.05.2023

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2 Kommentare zu Martre - Ofelia

  1. nili68 sagt:

    Mit sakralen Elementen kann man fast alles (vordergründig) bedeutungsschwer erscheinen lassen. Normalerweise kann ich mit experimentellen Sachen ja was anfangen, aber hier weiß ich nicht so recht und der industrialmäßige Gesang geht auch gar nicht an mich ran. Auch auf die Gefahr hin, die Kunst hier zu verkennen, geht der Daumen dennoch runter.

  2. pentatonik sagt:

    Screaming ist ok, selbst mit dem Sound würde ich zurecht kommen. Was gar nicht geht sind die willkürlich programmierten drums. Ja klar das ist Kunst, trotzdem fehlt mir da ein Minimum an Zusammenspiel.