Ottone Pesante - DoomooD

Review

Eine Lanze muss man für die italienischen Brass Metaller OTTONE PESANTE auf jeden Fall brechen: Anstatt sich auf ihrem Status als Gimmick-Band auszuruhen, die gerne hier und da mal gastweise auf Alben von CATTLE DECAPITATION oder JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE trötet, erforscht das Trio aus Faenza lieber die Möglichkeiten, die sich mit ihrem eigenen, um sämtliche Saiteninstrumente erleichterten, dafür mit Blechbläsern (der Bandname übersetzt sich etwa zu „Schweres Messing“) aufgestockten Sound bieten. Und so viel vorweg: Der Weg führt in eine zwar nicht ganz abwegige, aber doch erfrischende Richtung für die Heavy Blasmusiker.

Weltuntergangsstimmung mit Posaunen und Trompeten

Denn: Der Brass Metal ist per Definition nach wie vor frisch und auch ein bisschen schräg, zumindest solange keine dutzend Sound-Epigonen den Markt mit überproduziertem Heavy Brass Metal fluten. Bevor das passiert, erkundet das Trio mit seinem neuen Album „DoomooD“ lieber erst einmal andere Gefilde. Waren die Herren mit ihren Blechbläsern zuvor mehr im hektischeren Speed-/Thrash-Sektor unterwegs, geht das neue Album nun mit voller Konsequenz in die Materie, die vereinzelte Songs wie das großartig betitelte „Trombstone“ sowie dem auf dem vorangegangenen Album „Apocalips“ bereits vorhandenen „Titeltrack“ „Doom Mood“ bereits andeuteten.

„DoomooD“ bietet schwer stampfende Tracks, die einem das eigene Gewicht richtig spüren lassen. Dabei spielt die Rhythmik wieder prägnant und zielsicher auf, sodass der Sound zwar langsam, aber bestimmt vorangetrieben wird. Ausnahmen wie „Serpentine Sertpentone“ bestätigen die Regel. Dass die Tracks nicht mehr durchgehend thrashig und quirlig unterwegs sind, gleichen OTTONE PESANTE mit deutlich mehr Effekthascherei auf ihren Instrumenten aus. Besonders prominent treten Halleffekte auf, welche die Posaune und Trompete mit ordentlich Volumen unterfüttern. Leichte Distortion sorgt zudem für einen angenehmen, subtilen Fuzz, wird gelegentlich aber auch dicker aufgetragen und errichtet so eine fette Wall of Sound.

OTTONE PESANTE postieren sich zwischen Effekthascherei und elegantem Songwriting

Das besondere an „DoomooD“ ist, dass es sich fast wie eine durchgehende Komposition anfühlt. Die Moll-lastige Grundstimmung, die titelgemäß dem Weltuntergang entgegen fiebert, zieht sich durch das gesamte Album hindurch und wird dank komplementärer  Klangfarben  konsistent gehalten. Kombiniert mit der Doom-verwandten Beschaffenheit der Platte und dem Fabile für Effekte, das mehr Einzug in die Songs gehalten hat, wird das Album zu einer regelrechten, seltsam transzendentalen Ganzkörpererfahrung, besonders wenn trägere, an sich repetitive Tracks wie „Grave“ oder „Endless Spiral Helix“ mit fortlaufender Spielzeit unterschwellig verzerrt werden.

Direkt zu Beginn des Albums entwickeln die Italiener ein Motiv durch gleich drei aufeinanderfolgende Songs hindurch, was zeigt, dass sie neben Effekthascherei weiterhin auf zum Teil überraschend umsichtiges Songwriting setzen. Beginnend mit „Intro The Chasm“, das den atmoshärischen, Doom-artigen Kern der Platte auch gleich programmatisch anreißt, ziehen OTTONE PESANTE mit dem heavy groovenden „Distress“ ein bisschen an und lassen dieses dann wiederum in den ersten von drei besungenen Songs der Trackliste, „Tentacles“, übergehen. Hier erhebt Sara Bianchin (MESSA) ihre Stimme für einen eindringlichen Track, der dem Material ihrer Doom-Hauptspielwiese in nichts nachsteht.

Auf „DoomooD“ ist diesmal der Uptempo-Brecher der Ausreißer

Das bereits erwähnte „Serpentine Serpentone“ ist der zweite von drei besungenen Tracks, der Dritte ist „Strombacea“. Auf beiden ist das heisere Gebrüll von Silvio Sassi (u. a. ABATON) zu hören. Während sich letztgenannter Song dem Doom-Thema der Platte anpasst und dank des Gesangs fast ein bisschen Sludge-Luft schnuppert, geht es bei „Serpentine Serpentone“ richtig ab, inklusive knackigen Blastbeats. Darüber legt vor allem die hallend klagende Trompete einen atmosphärischen Klangteppich. Das stimmungsvolle Finale bilden schließlich die drei abschließenden, ineinander übergehenden Tracks „Strombacea“, „Endless Spiral Helix“ und „End Will Come When Will Ring The Black Bells“.

Es wird sicher die wenigsten überraschen, dass OTTONE PESANTE weiterhin ein Geheimtipp für spezielle Geschmäcker bleiben. Aber das ist auch gut so, denn so bleibt der Sound der Italiener frisch. Und das haben sie hörbar ausgenutzt, um das Potential ihres eigenen Sounds zu erkunden. Der Doom lag dabei noch am ehesten auf der Hand, da die Band hier und da immer wieder mit solchen Sounds experimentiert hat. Dennoch darf man positiv überrascht sein darüber, dass das Trio Wege gefunden hat, mehr aus ihren Downtempo-Nummern zu machen, als die bekannten Moll-Trauermärsche. Das Album fühlt sich wie aus einem Guss an und lässt sich wunderbar am Stück hören.

OTTONE PESANTE sind immer noch ein Acquired Taste – und das ist auch gut so

Und solange sich die Italiener weiterhin derart frisch halten, sollten progressive Metalheads mit Fabile für das Ungewöhnliche und einem angeborenen Tellerrandblick „DoomooD“ unbedingt das ein oder andere Ohr leihen. Man mag vielleicht das mutwillig Schräge und in gewisser Weise auch Alberne der vergangenen Alben vermissen, wie die mit Dad-Joke-tauglichen Wortwitzen überladenen Songtitel, bekommt dafür aber ein atmosphärisch dichtes Paket geschnürt, das vollmundige Bläser in den Mittelpunkt stellt und daraus ernstzunehmende Klangkunst entstehen lässt, der ein entfernt maritimes Grundthema zugrunde liegen könnte („Tentacles“, „Strombacea“, „Oceans On A Eco“).

Man muss für den Genuss von „DoomooD“ eben bereit sein, den eigenen Konservativismus einfach mal links liegen zu lassen…

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10.09.2020

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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1 Kommentar zu Ottone Pesante - DoomooD

  1. BlindeGardine sagt:

    Ich find ja schon irgendwie, dass das ne Gimmick-Band ist. Die spielen halt Metal-Songs auf Blasinstrumenten, das ist an sich irgendwie cool, aber irgendwie halt auch nur ein Gimmick. Auf Albumlänge ist mir jedenfalls zu anstrengend, deutlich anstrengender als die Gimmick-Band mit den Cellos etwa.