Venomous Concept - Politics Versus The Erection

Review

Galerie mit 18 Bildern: Venomous Concept - Europatour 2019 in Mannheim

Verrückte Zeiten! Es würde vermutlich niemanden mehr wundern, wenn der (noch?) amtierende US-Troller In Chief eines Tages die Maske vom Gesicht nimmt – und hervor kommt einfach Alfred E. Neumann. Aber ach! Immer noch alles scheiße. Während man sich dieses bizarre aber deutlich angenehmere Szenario vor einem Backdrop ohne COVID-19 und dessen Bodycount vorstellt, bleibt dies eine Phantasie, ein leeres Versprechen, das man dem Cover der neuen, vierten Vollzeitplatte „Politics Versus The Erection“ (a. k. a. „VC 4“) von VENOMOUS CONCEPT nur zu gerne abnehmen möchte. Verrückte Zeiten! Aber ohne verrückte Zeiten kein rebellischer Krach, möchte man meinen.

Rebellischer Krach zur rechten Zeit: VENOMOUS CONCEPT liefern!

Insofern beflügeln harte Zeiten die harte Musik, denn „Politics Versus The Erection“ klingt nach Backenfutter erster Güte. Die Herren haben ihren Zorn gebündelt und entladen diesen in Form giftiger, düsterer Hassbatzen, die wie schon auf den Vorgängeralbum zwar deutliche Spuren der Grind-DNA von VENOMOUS CONCEPT aufweisen, aber prinzipiell mehr im wenn auch mal crustigen Hardcore Punk unterwegs sind. Die Songs sind im Schnitt ein kleines Stück umfangreicher als zuletzt (abzüglich „Rocket Science“), auch wenn sich ein kleiner, gemeiner Wüterich namens „Hole In The Ground“ doch noch in der Trackliste tummelt, kaum eine Minute auf die Uhr bringt und trotzdem nur verbrannte Erde hinterlässt.

VENOMOUS CONCEPT klingen also zurecht angepisst und haben doch hörbar Spaß dabei, denn der Sound fräst sich wieder direkt in die Hirnwindungen der Hörerschaft. Die Grooves, die Danny Herrera einem da um die Ohren tümmert, klingen stämmig, schweißtriefend wie -treibend und definitiv so, als hätten sie nicht einen einzigen Leg Day verpasst. Die Saitenfraktion Embury/Cooke ruft mit ihren fleischig schweren Riffs indes die reinste BBQ-Party aus und wühlt mit ihnen indes jede Menge Erde auf. Und mit Chefbrüller Kevin Sharp verfügen die Herren über ein verlässliches, vielseitig bellendes Sprachrohr, für das Zimmerlautstärke bekanntermaßen ein Fremdwort ist.

„Politics Versus The Erection“ lärmt abwechslungsreich, aber nicht abgehoben

Aber anders kann man sich politischen Krach auch kaum vorstellen. Ziviles Diskutieren führt zu nichts, wenn die Fronten derart verhärtet sind wie heutzutage. Da hilft nur ein befreiendes Handgemende mit jeder Menge Testosteron unter der Achse. Das liefert „Politics Versus The Erection“ zuhauf, angefangen beim Opener „Simian Flu“, der zugleich noch mehrere Tempowechsel auf dem Weg über die Zielgerade durchmacht. Wer jetzt angesichts solcher Deskriptoren Schiss hat, dass die Herren progressiv geworden sind, bekommt beim folgenden, nervösen Doppel „Hole In The Ground“ und „Eliminate“, auch beim später folgenden „Mantis Toboggan“ direkt wieder den Scheitel gezogen.

„Lemonade“ rockt wie Sau. Die simplen Riffs würden mit einem sauberen Sound nicht funktionieren, aber dank des allgegenwärtigen Drecks ziehen die Herren mit diesem catchy Banger eine amtliche Furche durch den Acker. „Promise“ bringt sogar eine atmosphärische, beinahe apokalyptische Komponente in den Sound hinein, wenn die Gitarren wie zu VOIVODs „Phobos“-Zeiten gequält aufheulen und das von klaustrophobischen Hall durchzogene Klangbild in diesen Passagen einen verwüsteten Planeten zu beschreiben scheint. „Carrion“ spricht eine ähnliche Sprache, kommt aber mit deutlich stämmigerem Hardcore-Bravado um die Ecke, während der abschließende Titeltrack eine Art postapokalyptisches Resümee zu ziehen scheint.

Harte Zeiten beflügeln harte Musik

Fürwahr: Dieses Ding schürt Wut im Bauch und ballt die Fäuste seiner Hörer ohne deren Zutun, besonders wenn man es im Kontext der Lyrics genießt. Ohne Sheet könnte das zugegeben ein bisschen anstrengend werden, da die Intensität des Sounds Sharps Worte oftmals ineinander fließen lässt. Aber das ist bei Klangkost mit (unter anderem) Grind-DNA zu erwarten. Am Ende zählt aber ohnehin die Konsequenz, mit der gelärmt wird. Die marginale Einstellung der Stellschrauben tut dem Sound der Band gut, aber verhindert keine Handkantenschläge, die weiterhin eifrig verteilt werden. Harte Zeiten beflügeln eben harte Musik – und „Politics Versus The Erection“ liefert dahingehend Katharsis pur.

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26.08.2020

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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1 Kommentar zu Venomous Concept - Politics Versus The Erection

  1. Interkom sagt:

    Ganz viel Liebe für diesen liebevollen Crustgrind.