Agathodaimon
Studiobericht zu "Chapter III"
Special
Vom Commusication Studio bei Mannheim über das Magic Sound Studio zu Bukarest in Rumänien, verschlug es die Mainzer Vorzeige-Black Metaller Agathodaimon schließlich ins idyllisch gelegene Kohlekeller Studio, um ihr drittes Album in Angriff zu nehmen. Zwei Tage lang verbrachten wir dort, um uns einen musikalischen Eindruck zu verschaffen, sowie den Gitarristen Sathonys und Hyperion einige Hintergrundinformationen zum neuen Werk zu entlocken.
Das neue Album erscheint am 05.11. und nicht wie angekündigt am 15.10., da kurzfristig noch Grave Digger von unserem Label Nuclear Blast gesignt wurden. Der Albumtitel steht bislang noch nicht fest (mittlerweile wurde das Album schlicht CHAPTER III getauft – der Verfasser), da wir zusammen mit Vlad ein Konzept ausarbeiten wollten, was nun jedoch aufgrund der knapp bemessenen Zeit wohl nicht mehr gelingen wird. Wir bevorzugen jedoch einen englischen Titel, da dieses Album erstmals keine rumänischen Texte enthalten wird.
Wie lange seid ihr denn schon an den Arbeiten zu diesem noch unbetitelten Album beschäftigt?
Die Arbeiten dauern nun schon recht lange an, da wir im Vorfeld zusammen mit Kohle (Christian Kohlmannslehner, Produzent des Kohlekeller Studios) einige Vorproduktionen gemacht hatten, das heißt die Songs wurden im Proberaum einstudiert und anschließend zusammen mit ihm ausgearbeitet. Anfangs sollten die tatsächlichen Aufnahmen in einem anderen Studio stattfinden, es hat sich dann jedoch herausgestellt, daß hier alles sehr gut läuft und somit haben wir uns entschlossen, die komplette Produktion im Kohlekeller zu fahren. Da das Studio, was technisches Equipment betrifft, noch nicht den höchsten Ansprüchen genügt, wird Gerhard Magin im Commusication den Mix und das Mastering übernehmen.
Wer ist bzw. war alles am neuen Album beteiligt? Vlad blieb die Einreise nach Deutschland einmal mehr verwehrt und auch Byron ist weit und breit nicht zu sehen.
Im Vergleich zum letzten Album sind diese beiden nicht dabei, wobei wir Byron gerne für einige Gesangsparts hier gehabt hätten, allerdings hätten die Kosten, wie Flug, Visum, etc. ganz einfach den Rahmen gesprengt. In letzter Sekunde ist zwar noch eine Ballade mit auf das Album gekommen, die wir aber auch ohne ihn recht gut gelöst haben. Was Vlad betrifft, so haben wir erneut einiges versucht, ihn rechtzeitig für die Aufnahmen herzuholen aber ab einem bestimmten Zeitpunkt mußten wir schließlich einsehen, daß es sich nicht mehr rechnen würde. Beim ersten Album BLACKEN THE ANGEL hatten wir die Songs zusammen geschrieben, im Endeffekt war er dann zwar nicht bei den Aufnahmen dabei, hatte jedoch seine Ideen beigesteuert. HIGHER ART OF REBELLION entwickelte sich gegen Ende der Produktion zum kleinen Solo-Trip von Vlad, da der Mix nicht wirklich so aufgefallen ist, wie wir uns das als Band vorgestellt hatten, wir jedoch keinen Einfluß mehr darauf nehmen konnten, da wir bereits wieder in Deutschland waren. Das neue Album hingegen spiegelt dieses mal die Leistung der Band, komplett ohne Vlad wieder, wobei als Gastmusiker Thilo von Asaru einige Leadpassagen an der Gitarre eingespielt und schließlich Kohle im Rahmen seiner Tätigkeit als Produzent eine Reihe Arrangements ausgearbeitet hat.
Was es gibt es zu den einzelnen Songs zu sagen, soweit dies zum jetzigen Zeitpunkt bereits möglich ist?
Das Interessante an diesem Album ist, dass es viel mehr die Individualität der einzelnen Musiker hervorheben soll, da jeder diesmal seinen Teil ohne Stress zum Album beitragen konnte. Viele haben Texte beigesteuert, während es ja in der Vergangenheit so war, dass Vlad die Texte geschrieben hat und dann nur noch mal drübergekuckt wurde und gesagt wurde, was noch zu ändern sei. Diesmal war es im Endeffekt wirklich so, dass jeder sich musikalisch und textlich einbringen konnte, was dazu führt, dass diesmal die Sachen je nach Einstellung differieren. Ich habe versucht, mich soweit an das ästhetische Konzept von Vlad zu halten, was bedeutet, dass die Art der Texte in einer Weise angepasst ist, sprich einen melancholischen Touch hat. Franks Sachen gehen eher in die traditionelle Black Metal-Richtung. Jeder hatte die Freiheit, sich zu entfalten, weswegen das Album ein sehr breites Bild abgibt. Durch Kohles exzellente Arbeit gliedert sich aber trotzdem alles in ein homogenes Gesamtbild. Es sind zwar noch nicht alle Songs fertig, weswegen wir noch nicht genau das Resultat bestimmen können. Ich denke aber, dass die Songs insgesamt ein recht schlüssiges Bild abgeben werden. Stilistisch handelt es sich um einen Brückenschlag zwischen erstem und zweitem Album. Es gibt die black-metallische Komponente mit einem leichten Gothic-Einschlag des ersten Albums und die experimentelle Seite des zweiten Albums. Noch dazu kommen einige neue Dinge wie kleine technische Spielereien. Es wird das härteste Album, das wir bisher gemacht haben.
Dem kann ich ganz klar zustimmen! Mein Eindruck von den Songs, die ich jetzt bisher gehört hatte, war, dass sie zwar melodischer, aber trotzdem härter als die alten Sachen sind. Trifft das zu?
Genau das haben wir versucht. Ich persönlich finde es sehr wichtig, dass die Songs Melodie innehaben, weil es die Stücke ungemein aufwertet. Wenn ich mir z. B. Stücke von Marduk anhöre, finde ich sie im ersten Moment toll. Aber irgendwann rauschen sie nur noch an einem vorbei. Diese Tatsache wollten wir vermeiden, damit die Songs einen gewissen Wiedererkennungswert haben. Die Lieder sind diesmal auch kürzer ausgefallen als auf den vorherigen Alben, sind prägnanter, gehen mehr auf den Punkt.
Klingt das neue Album trotz dieser Änderungen, was z.B. auch Vlad angeht, immer noch nach Agathodaimon?
Auf jeden Fall. Das Wichtige bei Agathodaimon ist, dass es sich um eine Band handelt und nicht um egozentrische Musiker. Jeder kann seinen Teil mit einbringen. Wenn jeder von uns etwas komponiert, hat es natürlich einen gewissen persönlichen Touch, aber viele Leute, denen ich z. B. bei Vorproben Songs vorgespielt habe, waren derselben Meinung: Es klinge zwar neu, aber 100%ig nach Agathodaimon. Wir sind ja auch als Musiker alle von Vlad beeinflusst worden.
Gibt es, wenn jeder von Euch quasi seinen eigenen Song zum Album beigesteuert hat, trotzdem eine durchgängige Linie, ein Konzept?
Ein textliches Konzept gibt es mit Sicherheit nicht, wir haben aber versucht, kleine Bindeglieder einzubauen. Die Songs fügen sich durch den Sound in ein einheitliches Gesamtbild und auch bei den Keyboardsounds tauchen mitunter die gleichen Klangelemente in verschiedenen Songs auf, was das Album in sich homogen erscheinen lässt.
Wie läuft die Zusammenarbeit mit Kohle, dem Produzenten?
Die Zusammenarbeit läuft sehr gut. Das liegt daran, dass man merkt, dass er sich engagiert, was die Produktion angeht. Er will seinen Teil zum Gelingen des Ganzen beitragen. In der Vergangenheit haben wir da schon gänzlich andere Erfahrungen gemacht. Kohle bringt seine Kenntnisse über Musiktheorie mit ein, gibt einem aktiv Tipps und macht Verbesserungsvorschläge, akzeptiert aber auch, wenn wir als Band mal nicht auf seinen Vorschlag eingehen, weil uns unsere Variante besser gefällt. Ich denke, es war eine sehr gute Entscheidung, auf diese Zusammenarbeit zu setzen.
Wie sieht es mit der Live-Umsetzung Eurer neuen Songs aus? Sind sie schwieriger album-konform umzusetzen als die alten?
Ich denke nicht. Wir haben ja z. B. nicht das Problem wie auf der letzten Platte mit Byron, dessen Parts keiner von uns adäquat hätte umsetzen können. Natürlich müssen wir uns erst gewisse Parts, wie z.B. die Leads, die Thilo eingespielt hat, aneignen, aber bei den Songs an sich dürfte es keine größeren Probleme geben. Bei HIGHER ART OF REBELLION verhielt es sich genauso. Es gab einige Dinge, die Probleme hätten darstellen können, die dann aber im Endeffekt nicht wirklich ins Gewicht fielen. Es wird auf jeden Fall interessant werden, die neuen Stücke live zu performen. Es ist zwar noch keine Tour in Planung, aber es werden diverse Einzelgigs und eine Releaseparty (09.11.01. Offenbach, Hafenbahn) folgen.
Vorhin haben wir uns ja schon über die lyrische Seite Eurer neuen Stücke unterhalten. Gibt es in musikalischer Hinsicht noch etwas, auf das Ihr näher eingehen könnt?
„An Angels Funeral“ geht eher in die Ecke, die Fans als traditionellen Black Metal bezeichnen, enthält sehr schöne cleane Gitarren und Blastbeats. Desweiteren gibt es ein sehr thrashiges Stück mit dem Namen „Burden Of Time“ und „A Paradise Beyond“, ein Stück das mit einer älteren Band, von der jetzt die Hälfte bei Asaru tätig ist, entstanden ist. Wir hatten es noch übrig und fanden es ziemlich geil, weshalb wir es jetzt auch verwendeten. Es ist eine traditionelle Black Metal-Nummer, die alles umbläst. Auch „An Angels Funeral“ enthält ein oder zwei ältere Riffs, die wir noch nicht verarbeiten konnten, die jetzt aber in diesem Lied Verwendung fanden und es zu einem sehr eingängigen Song gemacht haben. Die abwechslungsreichste Nummer des Albums ist „Spirit Soldier“, das von traditionellen Heavy Metal-Riffs über einen Black Metal-Part bis hin zu treibenden Riffs alles enthält und eine der keyboardlastigsten Nummern des Albums geworden ist. Man könnte es als guten Querschnitt der verschiedenen Einflüsse, die Agathodaimon verarbeiten, bezeichnen. Desweiteren wird unser Produzent bei einigen Stücken noch Gastauftritte als Sänger haben. Der Song, der am meisten aus dem Rahmen fällt, ist mit Sicherheit „Sacred Divinity“, eine Ballade, die aber nicht wie „When She Is Mute“ vom zweiten Album in die Hardrock-Richtung geht, sondern mehr in den Gothic-Bereich hineintaucht.
Habt Ihr schon konkrete Ideen, was das Artwork betrifft? Wird es vergleichbar mit dem Aussehen der ersten beiden Alben sein?
Es existieren bisher sowohl Ideen als auch Vorschläge, die wir noch absprechen müssen. Dadurch, dass aber der Titel noch nicht 100%ig feststeht, wollen wir uns im Moment noch auf nichts festlegen. Stilmässig wollen wir aber schon die Linie der ersten beiden Alben weiterführen. Farblich wird es wahrscheinlich schwarz-blau gehalten sein. Ein konkretes Motiv haben wir aber noch nicht.
Wie seid Ihr eigentlich mit der Unterstützung durch Euer Label Nuclear Blast zufrieden?
Mit der Promo-Aktion zu BLACKEN THE ANGEL waren wir sehr zufrieden. Man hat überall über dieses Album gelesen und war präsent. Beim zweiten Album war dies nicht mehr so stark der Fall. Unser Debüt hat uns mehr Türen geöffnet und aus dem Ausland kamen mehr Interview-Anfragen. Mit der zweiten Platte hatten doch mehrere ihre Probleme, gerade weil sie ja auch vom Sound her etwas sperrig ist und nicht den Produktionen entspricht, die man vom Abyss- oder Woodhouse-Studio gewohnt ist. Trotzdem ist mit der zweiten Platte unsere Popularität nicht in den Keller gegangen, was man an unseren Festivalauftritten (z.B. Wacken oder Wave-Gotik-Treffen) sehen kann.
Wie schätzt Ihr denn jetzt, da das zweite Album nicht überall so euphorisch aufgenommen worden ist, die ersten Reaktionen auf den neuen Output ein?
Man weiß doch nie genau, in welcher Stimmung sich der das Album rezensierende Redakteur gerade befindet. Bemängeln kann man immer irgendetwas. Wenn man jedoch unvoreingenommen und aufnahmefähig an die Sache ran geht, müsste einem schon auffallen, dass einige Arbeit investiert wurde und unsere Leistung kein Problem haben dürfte, sich mit internationalen Standards zu messen. Insofern denke ich, dass jeder, der mit Agathodaimon schon mal etwas anfangen konnte, dieses Album auch mögen wird, zumal es ja den schon beschriebenen Brückenschlag der ersten beiden Alben enthält. Neue Fans dürfte es aber mit Sicherheit auch begeistern.
Wie sind Eure persönlichen Erwartungen an dieses Album, von den Verkaufszahlen jetzt mal abgesehen?
Wir hoffen, dass wir eine coole Support-Tour mit einem großen Headliner an Land ziehen können. Wir haben schon einige Angebote bekommen und diverse Sachen angedacht, aber was Zählbares ist noch nicht dabei herausbekommen. Diese Tour sollte sich dann auch ins Ausland erstrecken, weil es wichtig ist, die neue Scheibe dort auch zu promoten.
Gibt es irgendeinen persönlichen Favoriten, mit dem Ihr gerne auf Tour gehen würdet?
Da gibt es mit Sicherheit einige Namen. Samael oder Slayer wären sehr attraktiv.
Wir haben vorhin über das Feedback der Presse gesprochen. Wie sieht denn das Feedback, das Ihr von Euren Fans bekommt, aus? Was sind deren Favoriten, eher die Stücke des ersten oder des zweiten Albums?
Wir hatten mal eine Umfrage gemacht, was die Lieblingssongs unserer Fans sind. Der beliebteste Song war „Tristetea Vehementa“, was aber auch an dessen massiver Präsenz diversen Samplern liegt. Danach hat es sich aufgesplittet und es kamen Songs beider Alben, wobei BLACKEN THE ANGEL ein klein wenig die Nase vorn hat.
Wie sieht der internationale Zuspruch aus? In Deutschland seid Ihr ja ziemlich groß. Verhält sich dies in anderen Ländern (z.B. in Amerika) genauso?
Black Meta-Bands tun sich ja in Amerika immer ein wenig schwer, außer jetzt vielleicht Bands wie Dimmu, Cradle oder Dark Funeral, die entweder auf einer Expo gespielt haben, einiges an Show auffahren oder ein Image repräsentieren. Das kommt bei den Amis ja bekanntlich immer gut an. Wir waren selbst aber noch nicht in Amerika und auch die Plattenverkäufe sind nicht so, dass da drüben jetzt alle auf uns warten würden. Die Werbung für unsere bisherigen Scheiben war noch nicht so der Hammer, was sich jetzt mit dem neuen Album und unserem amerikanischen Vertrieb Century Black hoffentlich ändert, da diese Company doch ein recht großes Verteilernetz hat.
Du hast grade angesprochen, dass imageorientierte Bands in Amerika gut ankommen. Dadurch seid Ihr ja noch nie aufgefallen. Wird sich daran etwas ändern?
Wir denken nicht, dass wir uns jetzt ein künstliches Image auferlegen wollen, da wir niemanden in der Band zwingen zu wollen, sich diesem Image zu unterwerfen. Wir verfolgen schon ein Ziel als Band, aber ein Image klingt immer nach etwas Aufgesetztem, zumal es in einer Band, in der die verschiedenen Meinungen der Musiker aufeinanderprallen, sowieso ziemlich schwer sein dürfte, ein einheitliches Image zu verkörpern. Wir wollen einfach Musik machen, wobei uns auch egal ist, ob die Leute jetzt Black Metal oder irgendetwas anderes zu unserer Musik sagen. Außerdem schränken sich Image-Bands in ihrer Freiheit ein, da sie dieses Image weitertransportieren müssen. Wenn in eine Band, die z. B. Corpsepaint benutzt, ein neues Mitglied kommt, muss dieses die Bemalung auch verwenden. Das ist bei uns egal. Manche schminken sich, manche nicht. Das ist vielleicht nicht einheitlich, aber dafür ehrlich. Es ist in unseren Augen auch besser, wenn die Musik für sich spricht und nicht die Fans deswegen hingehen, weil irgendwelche nackten Mädels über die Bühne hüpfen und sich eigentlich keiner mehr für die Band an sich interessiert.
Hm, also gute Musik und nackte Mädels ist aber doch eine recht nette Kombination… Habt Ihr vor, live Eure Stücke eher album-konform zu spielen oder plant Ihr einige Experimente?
Eine Idee wäre ein Medley in den Set einzubauen. Es gibt auch viele Fans, die „Near Dark“ gerne live hören würden. Wenn wir jetzt aber nur eine Supportband sind, können wir nicht das Stück mit seinen knapp 16 Minuten in voller Länge spielen. Da werden also auch kleine Experimente vonnöten sein.
Wo wir grad bei Liveauftritten sind: Gibt es Pläne für eine Live-DVD oder ein Livevideo?
Es werden sicher auf Festivals einige Gigs mitgeschnitten, aber um eine eigene Produktion zu fahren, ist unsere Fanbasis mit Sicherheit noch zu klein. Vielleicht wird ja das neue Album dermaßen Erfolg haben, dass so etwas angedacht wird. Aber eigentlich ist es nach drei Alben noch zu früh für eine derartige Veröffentlichung.
Wird es vom neuen Album eine Limited Edition mit raren Tracks oder Ähnlichem geben?
Ursprünglich war geplant, eine derartige Veröffentlichung mit Songs aus den Vorproben auf den Markt zu bringen. Mittlerweile ist das alles aber nicht mehr so sicher, da sich diese Stücke von den regulären auf dem Album enthaltenen Tracks kaum unterscheiden und deswegen die ganze Sache keinen Sinn mehr macht.
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