Draconian
Ein Gefühl von Störungen in der Matrix

Interview

Fast fünf Jahre hat es gedauert, ehe DRACONIAN mit „Under A Godless Veil“ den Nachfolger von „Sovran“ veröffentlichen. Ein bittersüßes Werk an melancholisch tristen Gothic Death Doom Metal, das einen interessanten Hintergrund hat. Diesen beleuchteten wir im Interview mit Anders Jacobsson und Johan Ericson.

Cover Artwork von DRACONIAN "Under A Godless Veil"

Cover Artwork von DRACONIAN „Under A Godless Veil“

Ihr habt ein neues Album mit dem Titel „Under A Godless Veil“ mit dem passenden Cover Artwork von Natalia Drepina veröffentlicht. Welche Bedeutung oder Botschaft steckt hinter dem Albumnamen und wie findest du repräsentieren der Titel und Cover die Musik des neuen Albums?

Der Albumtitel stammt aus dem Gnostizismus. Basierend auf der Idee, dass zwischen dieser Welt, der materiellen Welt und dem höheren Bereich des reinen Seins ein Schleier oder eine Wolke existiert, in welcher der Gott dieser Welt oder der materielle Gott über seine Schöpfung schaut. Dies ist der Gott in der Bibel. Nach Ansicht der Gnostiker ist der Gott überhaupt kein Gott.

Während sich „A Rose For The Apocalypse“ mit irdischen Dingen befasste, beschäftigte sich „Sovran“ mehr mit dem Kosmos. In welche Richtung geht „Under A Godless Veil“ thematisch? Steckt eine Art Konzept dahinter?

Ja, es basiert auf alten Texten und Ideen, die im Gnostizismus verwurzelt sind.

Theologie ist ein wichtiger Aspekt für DRACONIANs Texte, obwohl die Bedeutungen normalerweise mit der materiellen Welt verbunden sind. Warum ist Gott und Gnostizismus so ein obligatorischer Verweis auf eure Texte?

Symbolisch, sogar wörtlich, kann dieser sogenannte Gott als Archetyp der Unterdrückung angesehen werden. Wir sehen hier in unserer materiellen Welt Nachahmungen und Projektionen davon. Es ist wie eine Seelenfarm. Hier ist die meiste Schönheit bis in die Haut tief, was bedeutet; dass unter der Oberfläche alles unterdrückend ist. Du kannst einen Blick auf eine wunderschöne grüne Weide oder einen Berg und atemberaubende Naturlandschaften werfen. Es kann fast schmerzhaft schön sein, aber darunter befindet sich nur Tod und Leben, dass sich vom Leben ernährt. Projektionen der Arbeit des Demiurgen. In Bezug auf den Gnostizismus war die Natur von DRACONIAN vom ersten Tag an gnostisch. Seit der ersten Demo. Gnostizismus ist nur ein Wort, das eine Reihe von spirituellen und philosophischen Eigenschaften beschreibt, die wieder dieselben Eigenschaften haben, es geht zurück auf Plato. Dass in all seiner strengen Pracht etwas mit der Welt nicht stimmt. Es stimmt einfach etwas nicht. Ein Gefühl von Störungen in der Matrix, wenn du so willst. Dies ist eine sehr inspirierende Sache, über die man schreiben kann und die für eine Band wie DRACONIAN wie ein Uhrwerk funktioniert. Und natürlich finde ich es enorm interessant. Ich darf Punktverbinder spielen, haha.

Mir gefällt insbesondere der Opener des Albums „Sorrow Of Sophia“ sehr. Ich vermute, Sophia bezieht sich auf das, was wir als die Wurzel unserer Traurigkeit betrachten? Kannst du uns bitte die Hintergründe der Geschichte erzählen?

Es ist eine komplexe und dennoch kraftvolle Geschichte. Ich werde versuchen, es ein wenig zu vereinfachen. Zu Beginn der Schöpfung, nicht unserer materiellen Welt, erwachte ein unsichtbarer, unerkennbarer Gott und kam zu Bewusstsein. Er strömte von sich selbst heraus verschiedene Kräfte und Quellen kreativer Eigenschaften und Archetypen aus, die Dinge wie Verständnis, Idee, Anmut, Nachdenklichkeit usw. repräsentierten. Eine davon ist Sophia, die Weisheit repräsentiert, und der weibliche Aspekt Gottes. Alle diese Mächte hatten Gemahlinnen und Gatten, um das Gleichgewicht in dem zu halten, was geschaffen wurde. Sophia war jedoch so fasziniert in das, was vor sich ging, dass sie anfing zu träumen und in ihrer Leidenschaft begann sie selbst zu kreieren, ohne ihren Gemahl und ohne den Segen des unsichtbaren Geistes. Was geschaffen wurde, stellte sich als Monstrosität heraus. Die Gnostiker beschrieben es in einigen Texten wie eine Fehlgeburt, und dieses Wesen erlangte sofort zu Bewusstsein, aber nur von sich selbst, indem es seiner Mutter die Macht nahm. Diese Entität wird als die erste oder Kernrepräsentation des Egos angesehen. Sophia schuf ein Himmelsbild, in dem sie selbst herrschen konnte, und versteckte dieses entfernt von dort, wo das Wesen herrschen konnte. Sophia fiel in ihrer Leidenschaft und ihrem Träumen aus dem höchsten Reich. Als sie realisierte, was sie getan hatte – was sie manifestiert hatte, erlebte sie Gefühle von Wut, Traurigkeit, Ekel, immenser Trauer und Scham… und all diese Gefühle verdichteten sich zu dem, was die materielle Welt werden sollte. In diesem Moment wurden diese Dinge geschaffen.

Glaubst du, dass „Under A Godless Veil“ musikalisch betrachtet der logische Nachfolger von „Sovran“ ist? Was ist deiner Meinung nach der größte Unterschied zwischen beiden Alben?

„Sovran“ war wahrscheinlich etwas schwerer, massiver. Es gab mehr Growls. Das neue Album ist dunkler, subtiler und zusammenhängender. Das göttliche Weibliche ist ein großer Teil des Albums, doch Heike übernimmt selten die Rolle der Sophia. Wir wollten es beschreibend halten und hauptsächlich aus der ersten und dritten Perspektive.

Wie beurteilst du die musikalische Entwicklung von DRACONIAN seit den Anfängen bis heute?

Es hat sich seit den ganz frühen Anfängen sehr verändert und ich würde sagen, dass der Wechsel in den Stil, den wir heute spielen, vor 20 Jahren stattgefunden hat. Vorher war es eine Mischung aus allem. Seitdem war es ein langsamer Fortschritt, aber mit jeder Veröffentlichung sind wir meiner Meinung nach sehr gereift.

Bitte erzähle uns von deinem eigenen musikalischen Hintergrund. Wie bist du zur Musik und Metal gekommen? Welche Bands, Alben und Konzerte hatten dich am meisten beeinflusst und dich dazu gebracht, Musiker zu werden?

Ich hatte in der Mittelschule angefangen Schlagzeug zu spielen und hatte bis dahin viel Metal- und Punkmusik entdeckt. Ich und einige Freunde gründeten eine Punkband und lernten langsam, wie man spielt. Als Death Metal und andere Subgenres kamen, erregte es meine Aufmerksamkeit und ich traf einige neue Freunde, die sich für die gleiche Art von Musik interessierten. Einige der Bands, die uns schon früh inspiriert haben, waren Bands wie MOONSPELL, ROTTING CHRIST, THERION, CELESTIAL SEASON und TIAMAT. 1994 gründeten wir KERBEROS, woraus bald darauf DRACONIAN wurde.

Weshalb zieht es dich persönlich zu dieser Art langsamer, melancholischer Musik?

Grundsätzlich die Melancholie und Atmosphäre. Ja, und auch die Schwere durch langsames Spielen hat mir immer gefallen. Bands wie MY DYING BRIDE und ANATHEMA waren eine große Inspiration für mich und sind es immer noch.

Im Moment scheint es keinen permanenten Bassisten in der Band zu geben. Hofft ihr, im Laufe der Zeit immer noch jemanden zu rekrutieren, oder wollt ihr das erst einmal in den Hintergrund rücken, bis die Pandemie vorbei ist?

Je früher desto besser, aber wir spüren im Moment keine Eile. Wir suchen jemanden, der einspringen und DRACONIAN seine volle Aufmerksamkeit schenken kann.

Seit Anfang des Jahres wirft die Coronakrise ihren Schatten auf uns. Diese Plage scheint ein gutes Thema für zukünftige Doom-Releases zu sein. Was denkst du?

Glaube nicht, ich lasse mich lieber von etwas anderem inspirieren.

Wie waren die letzten Monate in dieser Pandemie für dich und DRACONIAN? Wie ist die Situation für die Band und wie ist es in eurer Region?

Wir schafften es hier den ganzen Sommer über recht gut, aber jetzt ist es wieder auf dem Vormarsch. Ich lebe in einer sehr kleinen Stadt, also haben wir wohl Glück.

Was habt ihr für die nächste Zukunft geplant?

Da alles schlimmer wird, bin ich mir nicht sicher, ob wir unsere Hoffnungen auf eine Tour im nächsten Jahr aufrechterhalten können. In diesem Fall werden wir uns darauf konzentrieren, neue Musik zu schreiben!

Galerie mit 26 Bildern: Draconian - Co-Headline Tour 2023 in Stuttgart
25.11.2020

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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