Impiety
Interview mit Shyaithan zu "Ravage & Conquer"

Interview

Impiety

Mit „Ravage & Conquer“ untermauern IMPIETY erneut, dass sie selbst in kürzester Zeit und trotz erheblicher Line-up-Probleme in der Vergangenheit konsequent zu musikalischen Höchstleistungen fähig sind. Bandkopf Shyaithan entpuppt sich im Gespräch mit uns nicht nur als äußerst sympathisch, sondern auch sehr redselig. Also lest selbst, was der Mann hinter IMPIETY für Geschichten über die Band, die textlichen Konzepte und die Orte, an denen er bereits lebte, zu erzählen hat.


Erstmal herzlichen Glückwunsch zu „Ravage & Conquer“. Aber mal ehrlich, ihr habt in den letzten Jahren derart viel veröffentlicht, wie schafft man es dann noch, solch einen Qualitätsstandard wie den euren zu halten? Und habt ihr keine Sorge, dass die Leute eurer überdrüssig werden?

Danke dir! Ich glaube, es liegt daran, dass ich anfange zu schreiben und zu komponieren, wenn sich tief in mir das Bedürfnis regt, ein neues Album fertig zu stellen. Ich plane niemals vorab oder schreibe im Vorfeld, aber wenn es an der Zeit ist, dann fokussiere und widme ich mich nur dem, um alles andere außer das Komponieren auszusperren. Das Album wurde in einer Woche geschrieben, dann eine Woche lang geprobt und in zwei Wochen aufgenommen. Sofort nach den Aufnahmen wurde es gemastert, dann wurden ein paar hundert Kopien vorab gepresst, da wir auf eine kleine Asien-Tour mit fünf Dates gegangen sind. Es war für uns alle eine große Herausforderung und, ja, ich bin derzeit sehr zufrieden, dass ich in der Lage war, das alles erfolgreich abzuschließen. Es war eine riesige Herausforderung!

Du hast ja einen enormen Verschleiß an Musikern. Auch für das Album wurde eigentlich die gesamte Besatzung ausgetauscht. Woran liegt es, dass bei IMPIETY so viele Musiker schnell das Handtuch werfen?

Na ja, während unserer 24 Dates dauernden US-/Kanada-/Mexiko-Tour sah alles gut aus, bis Deimos, unser damaliger Lead-Gitarrist, sich entschied, sich auf seine andere Band zu konzentrieren und in Italien zu bleiben, da er doch auch einen Job hatte, der ihn dort gebunden hat. Es war wieder einmal ein großer Verlust, auch in Bezug auf die Zeit und Energie, die ich aufgebracht habe, um ihn einzuspielen. Ich wollte aber nicht die Hoffnung aufgeben und begab mich erneut in Asien auf die Suche nach einem fähigen und engagierten Soldaten. Gerade mal eine Woche vor den Aufnahmen traf ich auf Nizam Azis, und das auch erst, nachdem ich 15 andere aussortiert hatte. Es ist wirklich schwer, in Asien Vollzeit-Musiker zu finden, vor allem bereits etablierte, und wenn, dann sind sie meistens an andere Bands oder andere Metal-Genres gebunden. Also einen versierten Black/Death Metaller zu finden ist, als würdest du einen Diamanten in der Wüste suchen. Am Ende hat sich Nizam Azis mir angeschlossen und 2011 auch Dizazter aus Australien. Nizam Aziz war als Tontechniker und Co-Produzent bereits an den Alben „Romidonis Nex Cultus“, „Dominator“ und “Terroreign“ beteiligt und auch aktuell an „Ravage & Conquer“. Aber ich hätte nie gedacht, dass er als Vollzeit-Mitglied bei IMPIETY einsteigt.

Wie machen sich denn die beiden neuen, Dizazter und Nizam Aziz? Glaubst du sie werden der Band länger erhalten bleiben?

Ja, beide haben viel Arbeit und Engagement hineingesteckt, ich bin sehr zufrieden mit der Entwicklung. Die Verbindung zwischen uns Dreien ist wirklich gut und passt wunderbar. Also ja, die Formation bleibt bestehen… es war eine riesige Aufgabe in all den Jahren, nach hingebungsvollen Musikern zu suchen. So war das, aber IMPIETY hat sich immer wieder durchgesetzt. Dementsprechend freue ich mich auf viele gute Tourneen und die Zukunft mit diesem Line-up.

Soweit mir bekannt ist, bist du nach Italien übergesiedelt. Hatte das nur private Gründe oder auch etwas mit IMPIETY zu tun? Schließlich dürfte es einiges kosten, ständig von Singapur aus auf Tour zu gehen und es gab ja auch einige Konzerte in Europa. Wie gefällt’s dir denn in Italien?

Ja, ich war von Anfang 2010 bis Anfang 2011 um IMPIETYs Willen in Italien, blieb über sieben Monate dort und brachte zwei Veröffentlichungen raus, das „Worshippers Of The Seventh Tyranny“-Album und die „Advent Of Nuclear Baphomet“-Single. IMPIETY waren außerdem für 15 Konzerte mit SETHERIAL auf Tour, spielten auf dem Kings-Of-Black-Metal- und dem SWR-Festival und sogar als Headliner auf dem Rites-Of-Darkness-Festival in Texas. Um nicht die Asien-Tour mit dem italienischen Line-up aus Guh Lu, Atum und Eskathon zu erwähnen. Das war ziemlich hart für mich, denn Flüge von Singapur nach Italien sind nicht billig, und ich musste auch immer Extrageld für Proben, Essen usw. mitbringen. Es war ein großes Opfer, das für die Band zu machen, aber ich habe die Sorgen und Probleme genauso genossen wie den Erfolg, der aus der harten Arbeit entstanden ist. Ich habe in Treviso in der Nähe von Venedig, Norditalien, gelebt und das war wirklich gut. Ich habe die Sprache gelernt und mich auch in der Kultur sehr gut zurechtgefunden. Also wenn du mich fragst, ich mag kleine Städte in Deutschland sehr… aber im Grunde kannst du das auf viele eher unbewohnte Gebiete in Europa beziehen, da ich einfach sehr gerne nahe an der Natur lebe. Ich bin viel und weit gereist, und wer weiß, wo ich als nächstes lande. Aber es ist schön zu wissen, dass die Heimat der mächtigen IMPIETY wieder hier in Singapur ist.

Eure letzten Alben erschienen bei Agonia Records. Inzwischen seid ihr bei Pulverised Records die auch schon die „Advent Of“-EP im letzten Jahr veröffentlicht haben. Der Deal mit Agonia scheint ausgelaufen zu sein, warum habt ihr nicht verlängert? Pulverized scheint aber auch eine gute Wahl zu sein, welche Vorteile habt ihr von dem Wechsel?

Ja, Agonia Records haben uns eine Vertragserneuerung angeboten, aber ich glaube, ich wollte einfach vorankommen. Die letzten Jahre mit Agonia liefen gut, ehrlich, aber ich wollte am Ende lieber den Vertrag mit Pulverised Records. Das Label ist hier in Singapur angesiedelt und gerade mal mehr oder weniger zehn Minuten von meiner Festung entfernt. Ich glaube, Pulverised hat im Hinblick auf einen Vertrieb auch für uns einen großen Fortschritt bedeutet, mit RED-Sony in den USA und Plastichead Distribution in Europa.

 

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Um mal den Bogen zu „Ravage & Conquer“ zu schlagen: Ihr habt aber wieder im Studio 47 in Singapur aufgenommen. Warum? Ist der Weg nicht auch hier ein weiter und gab es keine passable Möglichkeit in Europa?

Das liegt hauptsächlich daran, dass ich mit IMPIETY zurück nach Asien, nach Singapur, in meine Heimat gezogen bin. Ich wollte in den USA aufnehmen, aber aufgrund von Zeit und Kosten entschied ich mich dafür, dass es in Singapur gemacht werden sollte. Wie auch immer, der Sound ist so, wie ich ihn wollte, und erneut habe ich das Studio 47 mit Nizam genommen, der nicht nur als Gitarrist, sondern auch wieder als Tontechniker und Co-Produzent dabei war.

Während „Worship Of The Seventh Tyranny“ reichlich Midtempo-lastig war, ist euer neuestes Album wieder schneller und gnadenloser. Welches Album gefällt dir persönlich denn besser und welche Unterschiede siehst du selbst zwischen den beiden Alben?

„Worshippers“ dreht sich konzeptuell auf chaotische Weise um das jüngste Gericht und ja, dieser eine Song, zerteilt in sieben Teile, als Album, war genau das, was ich machen wollte. Und dann die „Advent Of…“, manche könnten es bemerken, dass das Songwriting eher an älteres Material erinnert, welches mehr oder weniger zwischen Black und Death liegt, aber eher Black Metal als Death. Mit „Ravage & Conquer“ wechselte die Strömung dann hin zu mehr Death Metal im Herzstück. Und von hier an plane ich, das so beizubehalten, damit diese Kriegsmaschine auf seinem Weg der Raserei weiter Blackened Death Metal knüppeln kann. Ich bin der Auffassung, dass jede IMPIETY-Veröffentlichung auf ihre Art speziell ist, in der Art, das jedes Album mehr als nur einen Killer-Song hat … und ich schätze jedes Album, das wir bisher rausgebracht haben, aber das letzte ist immer noch an der Spitze der Liste.

Ich habe an einigen Stellen gelesen, dass jedem IMPIETY-Album ein gewisses Konzept zu Grunde liegt, richtig? Wenn dem so ist, mit was beschäftigt sich „Ravage & Conquer“ und wie deutlich lassen sich die textlichen Konzeptionen wiederfinden?

Ja, das ist korrekt und auf „Ravage & Conquer“ habe ich mehr oder weniger über die Stärke und Dominanz in allen Strategien sowie die Kunst des Todes und die Kunst des Krieges geschrieben. Ich spreche über unheilige Kreuzzüge gegen alles Religiöse, das Vernichten und Bestrafen ohne Gnade. Solche Themen sind nichts Ungewöhnliches, wenn es um IMPIETY geht, aber dieses Mal liegt der Fokus eher darauf, wie der Tod ausgeführt wird, von vorne bis hinten. Der Ablauf und die Energie des Chaos strömt endlos, vom Anfang bis zum Ende eines jeden Songs und passt daher perfekt in die Führung von Tod und Terror. Die Texte sind wieder mal extrem ausgefallen, aber reifer und ich denke, es steckt mehr Seele in jedem Song auf diesem Album.

Nach der Symbolik und den Texten zu urteilen scheinst du stark antireligiös geprägt zu sein, einen Hang zur Provokation zu haben und gleichzeitig durchaus eine Faszination für Satanismus und militante Fantasien zu hegen. Inwiefern ist IMPIETY eine satanische Band und zählt der Satanismus in deinem Verständnis nicht auch als Religion, die dir quasi auch Regeln auferlegt?

Militanz ist keine Fantasie für mich, vielleicht weil ich immer noch in der Reserve der Armee hier bin und das solange sein werde, bis ich 40 bin. Haha. Weißt du, vielleicht haben all die Jahre in der Armee mein Gehirn mehr gefickt als alles andere. Satanic Blackened Death ist das, was IMPIETY immer schon war, vom Demo bis heute. Niemals als völlige Black-Metal-Band gebrandmarkt und es waren immer nur einige Alben, die mehr nach Black Metal klangen als andere, vielleicht eine Art der Erlösung. IMPIETY sind Schänder, wir zerstören Ideale, wir zerstören das System der Gedanken und folgen unseren eigenen Regeln, basierend auf Logik. Religion ist Schwäche, sie ist Blödsinn. Der Tod ist real, der Tod ist die ultimative Gestalt des wahren Bösen. Ich glaube, IMPIETY reflektiert jeden Aspekt meiner Gedanken sehr gut… wir halten uns an das, was wir predigen, im Gegensatz zu den meisten Bands, die es bevorzugen, einen Wirbel darum zu machen und ein anderes Leben der Heuchelei zu führen.

 

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Du bist seit etlichen Jahren musikalisch aktiv, hast eine ganze Palette von Alben veröffentlicht und sicher auch so einiges erlebt. Zwei Fragen dazu. Erstens: Was hältst du von der aktuellen Metal-Szene, da man ja immer wieder hört, sie sei nicht mehr existent und früher war alles besser? Und zweitens: Gibt es prägnante Höhe- und-Tiefpunkte, die du im Zusammenhang mit IMPIETY erlebt hast?

Die Szene ist heutzutage sowohl gut als auch schlecht. Ich meine, du hast viel mehr gute Bands da draußen, aber auf der anderen Seite sind wirklich originelle Bands sehr selten. Natürlich war das vor zehn oder 15 Jahren anders, es war schwieriger. Vielleicht, weil die Technologie langsamer war und jeder Zeit hatte, jedes kleine Detail zu würdigen, handgeschriebene Briefe zu schreiben und selbst Flyer zu drucken etc. Die Technologie heutzutage hat großartige Fortschritte gemacht, auch wenn E-Mails sich einfacher nicht beantworten lassen oder Leute es einfach für selbstverständlich halten, etwas, was sie haben wollen, herunterzuladen anstatt sich das Album zu kaufen. Aus meiner Sicht ist es für IMPIETY ganz gut so, wir marschieren voran und entwickeln uns weiter. Ja, natürlich vermisse ich die alten Tage etwas, aber ich kann nicht sagen, dass das Leben heute mit seiner schnelleren und ausgereifteren Techonologie allzu schlecht ist.

Um mal kurz auf die Szene in deinem Heimatland zu sprechen zu kommen, da bin ich immer sehr neugierig. Ich als Europäer mit massig Plattenläden, Konzerten und Festivals vor der Haustür kann es mir vermutlich anders gar nicht vorstellen. Was schätzt du, wie groß ist die Szene, was finden dort für Konzerte statt und ganz allgemein, wie ist der gesellschaftliche Blick auf die Musikrichtung Metal?

In Singapur gab es nicht allzu viele Läden in der Vergangenheit, aber weißt du, als die ganzen alten Thrash, Black, Death und Grind LPs in den späten 80ern erschienen, war es sehr leicht, sie in den paar Shops hier zu bekommen, von BATHORY über SODOM bis zu PROTECTOR, DARKNESS, ACCCEPT, CELTIC FROST, SLAYER, LPs und originale Tapes waren leichte Beute! Ich bin glücklich, hier aufgewachsen zu sein und mir in der Vergangenheit eine gute Platten-Sammlung angehäuft zu haben. Und natürlich die ganzen anderen Bands und schwerer zu findende Demo-Tapes, Singles und Aufnahmen, die die meisten von uns damals dann direkt bei den Bands oder kleinen Distros bestellten. Insgesamt haben wir so um die 50 Black-/Death-/Grind-/Thrash-/Doom-Bands hier und Gigs sind gerade sehr angesagt, im Gegensatz zu früher, als die Regierung noch nicht so offen für diese Art von Musik war. Heutzutage ist das kein Problem und immer mehr Black- und Death-Metal-Bands gehen hier auf Tour.

Ich glaube, im Moment ist das wirklich gut, die Öffentlichkeit akzeptiert diese Musik, zumindest solange niemand eine Waffe mit in die Kirche, den Tempel oder die Moschee nimmt. Haha. Wie auch immer, der Punkt ist, extreme Musik ist hier kein Problem mehr. Vielleicht bei unseren Nachbarn in Malaysia, da ist es strenger, mit strikteren Gesetzen, aber trotzdem gehen die meisten Metal-Gigs leicht von statten, wenn man erstmal Lizenzen hat. Es hängt immer alles von der Laune der Regierenden dort ab. Aber in Singapur ist es viel besser geworden, mit mehr Fans dieser Art Musik und mehr Akzeptanz in der Öffentlichkeit, seitdem mehr Leute für diese Art von Musik offen sind.

Daran möchte ich noch kurz anschließen. Du hast ja mit IMPIETY bereits in vielen verschiedenen Ländern live gespielt. Oft hört man, dass das Südamerikanische Publikum am fantastischsten sei, aber auch die Asiaten mit voller Leidenschaft dabei sind. Wie sind deine Erfahrungen, wo spielst du am Liebsten und gibt es wirklich stereotype Unterschiede was das Publikum angeht?

Na ja, ich habe in Mexiko gelebt und dementsprechend waren IMPIETY dort eine Menge unterwegs, die Reaktionen seitens der Fans sind in Zentralamerika immer verrückt und ich weiß von guten Freunden, dass das in Südamerika ebenso ist. Alles in allem würde ich sagen, mexikanische Fans sind die brutalsten! Perfekt für IMPIETY! Eine Menge Spaß, aber auch eine Menge Schlägereien und Blut. Haha. Ich nehmen an, in Asien ist es das gleiche, kommt halt immer auf das Land an. Es gibt hier weniger Gewalt, aber mehr verrückte Unterstützung. Aber Shows in Mexiko sind die brutalsten, genauso Polen in Europa, ziemlich brutal, und ich habe es genauso genossen, dort zu spielen.

So, damit sind wir dann auch schon am Ende. Ich danke dir vielmals für das Interview und freue mich darauf, IMPIETY demnächst endlich auch einmal live zu sehen. Die letzten Worte überlasse ich natürlich gerne dir.

Ich danke dir ebenfalls vielmals für deine Zeit. Es war eine Freude, das Metal.de-Team auf dem Ragnarök Festival zu treffen. Ich bin froh, dass IMPIETY eingeladen wurden, das Festival zu zertrampeln, und wir hatten eine gute Zeit und haben viele Die-Hard-Fans getroffen. Blut muss fließen, und IMPIETY werden von jetzt an einfach weiter verwüsten und erobern!

Galerie mit 14 Bildern: Impiety - Party.San Metal Open Air 2023
03.05.2012

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