Ensiferum
Interview mit Sami Hinkka: "Wir probieren alles, ganz egal wie verrückt es ist."

Interview

Finde ich auch, eines der besten Artworks, das ihr bis jetzt hattet. Als wir uns zum letzten Mal unterhalten haben, hattet ihr gerade eine DVD in Planung. Du meintest, dass ihr schon tonnenweise Material habt, aber es wurde dann leider nichts daraus. Hat es einiges davon nun auf die DVD geschafft, die ihr in der Deluxe Edition anbietet?

Damals hatten wir schon hunderte Stunden historisches Material, zum Beispiel auch von der ersten ENSIFERUM-Show 1995. Die ganze Geschichte der Band zu dokumentieren, das steht also weiterhin aus, wir wollen das dann aber richtig gründlich machen. Was man jetzt bei „Two Paths“ bekommt, ist eine Akustikshow, die wir letztes Jahr in Helsinki gespielt haben. Letztes Jahr haben wir in Finnland eine Handvoll davon gespielt, hat richtig Spaß gemacht. Ich hoffe, dass wir das auch mal außerhalb von Finnland machen können.

Es war kein Balladenabend, wir hatten Moshpits, Stagediving, das ganze Pipapao. Leute kamen aus Deutschland und weiter weg, weil sie das sehen wollten. Einige haben uns danach angesprochen und mitgeteilt, dass sie uns schon mehr als 10 Mal gesehen haben und das ihrer Meinung nach die beste Show war. (lacht) Also mal schauen. Erst konzentrieren wir uns mal auf „Two Paths“, aber dann mal sehen. Wenn das Interesse besteht und die lokalen Veranstalter Lust darauf haben, dann sind wir auf jeden Fall dabei.

Habt ihr in normalen Hallen gespielt oder in Plattenläden?

Ah, ich weiß was du meinst. Als wir „One Man Army“ veröffentlicht haben, haben wir mal drei Songs davon in einem Plattenladen gespielt. Die anderen Shows waren dann aber ganz normal in Hallen.

Wäre das nicht etwas für die Zugabe bei den normalen Konzerten oder ist da der Aufwand zu groß?

Ich weiß es noch nicht genau, wir sprechen in der Band auch schon über diese Option. Mal schauen, mal schauen (lacht).

Es ist noch gar nicht so lange her, dass ENSIFERUM noch im Rahmen von Heidenfest und Paganfest getourt sind und heutzutage ist es schon normal, dass ihr eine anständige Headlinershow fahren könnt. Wie schwer war der Weg dahin beziehungsweise aus diesem Paganzirkus wieder auszusteigen?

Als wir anfingen zu touren, so gegen 2004, haben wir schon Headlinertouren gespielt. Dann kam jemand auf die Idee mit Heidefest und Paganfest, die eigentlich ganz gut war, aber wohl etwas übertrieben wurde. Zwei Touren im Jahr sind einfach zu viel und letztendlich waren es dann doch immer die gleichen Bands, weil es einfach nicht so viele gab. Keine Ahnung, ob die Leute dann irgendwann gelangweilt waren (lacht), ich kenne ja die genauen Zahlen nicht. Aber für uns war ab einem Punkt nicht mehr das Richtige.

Es war zwar klasse, weil alle die kamen unsere Songs kannten und wirklich jeder Auftritt toll war. Wir haben ja meistens auch den Headliner gemacht, aber wenn man auch mal andere Leute erreichen möchte, ist es nicht der richtige Weg und eher hilfreich auch mit Bands zu touren, die keine ähnliche Musik machen. Das ganze Paket muss unterhalten und möglichst viel abdecken. Uns ist es wichtig, dass Leute zu unserer Show kommen, für die jede Band zählt. Und zwar von Anfang bis Ende, dann ist es eine gute Show.

Aus meiner Sicht funktioniert das bei euch auch ganz gut, die Bands, die ihr dabei habt, sind immer ganz ordentlich und die Stimmung ist immer außergewöhnlich gut. Kannst du dich erinnern, ob und wann du den Leuten zum letzten Mal erklären musstest, wann sie bei euch was mitzusingen haben. Es macht immer den Eindruck, dass alle ganz automatisch wissen, was zu tun ist?

(lacht) Da haben wir auch noch keine Erklärung dafür. Die Leute kommen zu unserer Show und es ist immer eine ganz besondere Stimmung. Die Leute haben alle richtig Bock, es ist eine Metalshow mit Moshpits, Grölen, Crowdsurfing und Schweiß. So mag ich das persönlich auch am liebsten. Es sind immer Leute da, die unsere Songs kennen und sehr laut singen. Aber ich bemerke natürlich auch immer mal wieder Leute, denen ich ansehe, dass sie den Song oder uns jetzt nicht unbedingt kennen. Am Ende vom Song können sie trotzdem mitmachen und genauso muss das sein.

Kann man sowas beim Songwriting beachten, wie es live ankommt?

Nein, nicht wirklich. Wenn wir komponieren, dann müssen wir es in erster Linie mögen und ehrlich zu uns selbst sein (lacht). Dann macht es auch Spaß zu spielen. Wenn du aber anfängst darüber nachzudenken, wie es am besten live funktioniert, dann wirst du zum reinen Publikumsbefriediger und das ist nicht der richtige Weg. Letztendlich endet es wohl damit, dass du nur noch komplette Scheiße ablieferst, weil du das tust, was Leute von dir erwarten. So erreicht man nichts und bringt seine Musik auch nicht weiter. Es muss immer nach vorne gehen, Neues entdecken und unterschiedliche Wege finden, um dich auszudrücken. Musik hat unzählige Möglichkeiten.

„Jeder Song zählt und jeder Song braucht seinen eigenen Charakter“

Ihr spielt jetzt schon seit 20 Jahren Viking Metal, habt den Sound aber immer weiter geöffnet. Mit klarem Gesang, mit tanzbaren Szenen und ungewöhnlichen Momenten, aber letztendlich seid ihr ja immer bei dem Viking-Thema geblieben. Ein Song wie „Don’t You Say“ hätte auf dem ersten Album noch nicht stattfinden können, erscheint jetzt aber total logisch.

(lacht) Wir folgen dem Grundsatz: Wenn es uns gefällt, dann bleibt es drin. Wenn du mal den ersten und den letzten Song von „One Man Army“ nimmst, dann denkt man niemals, dass das eine Band ist. Aber es ist ENSIFERUM (lacht) und wir kommen immer damit durch. Die Leute, die uns hören, haben wohl auch einen breit gefächerten Musikgeschmack und können deshalb immer mitziehen. Wie würden uns nicht gut fühlen, wenn wir einige Hits haben und dann den Rest mit Durchschnitt auffüllen müssten, um den sich dann niemand kümmert. Das würden wir niemals machen, jeder Song zählt und jeder Song braucht seinen eigenen Charakter(lacht).

Und es muss ganz offensichtlich schnell sein. Hast du dir schon mal eure Songs im Vergleich über die Jahre angehört? Die Liveversionen heutzutage sind locker doppelt so schnell wie die Studioaufnahmen.

Das hängt vom Song ab (lacht). Kann schon sein, dass die jetzt etwas schneller sind.

Euch erkennt man sofort. Es gibt schnell, schneller und ENSIFERUM.

(lacht) Schön zu hören.

Arbeitest du eigentlich noch als Erzieher?

Ja, von Zeit zu Zeit schon. Dann arbeite ich im Kindergarten und es macht total Spaß etwas zu tun, dass nichts mit Musik oder dem Musikbusiness zu tun hat. Das ist der idealistischer Part in mir, der nächsten Generation etwas mitgeben zu wollen. Das sehe ich als unsere Pflicht an, Wissen und Werte weiterzugeben.

Es ist also nicht nur ein Job für dich, sondern eine Berufung?

Ja, auf jeden Fall. Es ist ganz schön unterbezahlte Arbeit, also für Geld mache ich das ganz bestimmt nicht (lacht). So ist das auch mit dem Musik machen. Wenn jemand sagt, er macht Musik wegen des Geldes, dann muss ich immer lachen. Mit diesem Aufwand kannst du in jedem anderen Job deutlich mehr Geld verdienen. Und du hast noch nicht mal eine Garantie, ob du überhaupt was kriegt. Soweit ich weiß, sind die Albumverkäufe seit Anfang 2000 um 90% gesunken, von daher solltest du zumindest lieben was du tust. Ich habe dir ja schon vor Jahren mal gesagt, dass wir uns wirklich geehrt fühlen zu tun, was wir lieben.

Das sollte ein Ziel für jeden sein, etwas zu tun, was man liebt. Nächste Woche spielt ihr auf dem Summerbreeze, nach Mitternacht. Tolle Zeit, um die Leute aufzuwecken.

Ja, AMON AMARTH spielen vor uns. Und dann ist es auch noch die Geburtstagsparty, es gibt eine Metal-Blade-Party, da kommen tolle Leute aus Amerika und Nuclear Blast wird auch eine Party feiern. Aber … und jetzt kommt’s: Wir müssen 30 Minuten nach der Show abhauen, weil wir weiter nach Frankreich fliegen und unseren Flug kriegen müssen. Aaaah, das nervt mich total! Aber was will man machen?!

Werdet ihr schon neue Songs spielen?

Kann sein (lacht), wir freuen uns auf jeden Fall schon richtig doll auf den Auftritt.

Galerie mit 30 Bildern: Ensiferum - I Am Tour 2023 in Stuttgart

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13.08.2017

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