
Year Of The Goat
"Hab ich das wirklich gesagt? Das war ja großartig!"
Interview
Auf „Novis Orbis Terrarum Ordinis“ hatten besonders die Background-Chöre eine Menge Gospel-Vibes, die ganze Platte hatte so ein gewisses Südstaaten-Feeling. Dieses Mal klingt es immer noch klerikal, aber eher etwas klassischer, in gewisser Weise ein bisschen mittelalterlich. Ich vermute das ist Absicht, aufgrund des Themas, das Ihr behandelt?
Wir begannen ein wenig mehr mit dieser ganzen polyphonen Geschichte zu experimentieren, also hier die eine und da eine weitere Melodie zu haben. In den dunklen, den mittelalterlichen Zeiten wurde meistens nur monophones Zeug benutzt. Alle sangen die gleiche Melodie, die Instrumente spielten ebenfalls die gleiche Melodie. Am Ende des Mittelalters, in der Renaissance haben sie vielleicht gesagt: „Nunja, Ihr singt alle nur eine Melodie, wir haben aber das Schreiben von Musik weiter entwickelt und können jetzt verschiedene Dinge ausprobieren“. Warum eine Melodie spielen, wenn man ALLE Melodien zur gleichen Zeit spielen kann?
Ich denke, wir haben uns davon einiges ausgeborgt. Wir haben ein wenig Thomas Tallis und Pierluigi da Palestrina gehört, beide Komponisten aus der Renaissance. Wir haben sie nicht wirklich ausgiebig studiert und natürlich haben Pop- und Rockmusik das schon vorher eingebaut. Ich habe aber einiges von diesem Zeug gehört und nicht wirklich darüber nachgedacht, aber als wir begannen, das in unsere Musik zu packen, dachte ich: „Hey, das ist ein bisschen wie dieses Thomas-Tallis-Ding, cool“. Vielleicht hat uns das geöffnet, neue Dinge auszuprobieren. Ich höre Musik aus ganz unterschiedlichen Zeiten und Epochen, nicht nur Rock.
Nicht, weil ich versuche, darin etwas zu finden, ich muss das für meine Arbeit tun. Ich unterrichte Musik, darin sind auch einige Teile Musikgeschichte enthalten. Ich mache das schon eine ganze Weile, ich habe also mittlerweile eine Menge unterschiedlichster Musik gehört. Jeden Tag eine Inspiration, wenn man so will. Es ist aber nicht so, wie das ernsthaft zu studieren, einfach nur eine interessante Sache. Als ich Musik studiert habe, dachte ich dieses ganze theoretische Zeug muss man eben machen, es gehört dazu und man muss es hinter sich bringen. Eine sehr clevere Person sagte mir aber damals: „Du lernst es, dann vergisst Du es und dann machst Du es einfach“. Genau so fühle mich heutzutage. Ich schreibe nie irgendwelche Noten auf. Zum Beispiel sind alle Background-Vocals einfach aus dem Hören, Ausprobieren und Hinzufügen von Ideen entstanden, nur mit unseren Stimmen, unserem Verstand und unseren Gefühlen. Ich habe keine Ahnung, was wir da singen. Wenn ich das wissen wollen würde, müsste ich mir jeden einzeln anhören und versuchen es zu transkribieren, um dann sagen zu können: „Oh hey, das ist ein D-Moll-Akkord, cool“. Das ist irgendwie befreiend, denke ich und macht auch noch verdammt viel Spaß.

Ihr seid jetzt eine Band aus sieben Mitgliedern, oder sollte ich eher Kollektiv sagen? Für mich sieht es so aus, wie eine Gruppe alter Freunde aus der Norrköping-Metal-Szene, ein Kollektiv aus Menschen, die der Band auf die ein oder andere Weise verbunden sind. Beschreibt es das korrekt, oder wie würdest Du es charakterisieren?
Ich denke, das war eigentlich immer schon so, obwohl es eigentlich nicht wirklich nur Norrköping ist. Wir kennen Leute aus anderen Gegenden, unser Bassist ist beispielsweise aus Malmö, für ihn ist es also eine fast dreistündige Zugfahrt, zwei Leute leben in Stockholm und kommen ursprünglich eigentlich auch aus dem südlichen Teil von Schweden. Also ja, ich denke wir sind sieben Leute, manchmal. Wir waren acht auf unserer Release-Show, da Rickard (Larsson, Anmerk. d. Verf.), der Background-Vocals auf allen Alben beigesteuert hat, in einer sehr frühen Version von YEAR OF THE GOAT, so etwa 2006 oder 2007, Bass spielte und jetzt auf „Trivia Godess“ erneut den Bass eingespielt hat, da wir keinen Bassisten hatten, als wir alles aufgenommen haben. Unser neuer Bassist kam erst dazu, als das Album bereits im Kasten war. Wir fragten Rickard, ob er das übernehmen kann, denn der ist ein großartiger Bassist. Ich glaube wir hatten zwei Abende und er hat alle Bassspuren fertig eingespielt.. Thomas und ich sagten ihm nur „Kannst Du das probieren? Kannst Du dies probieren?“. Er probierte alles und hat es wirklich exzellent gemacht.
Er hat einige Shows mit uns gespielt und ich glaube da waren wir acht Personen. Dann gibt es noch eine zweite Frauenstimme, Maria (Eriksson, Anmerk. d. Verf.), auf diesem Album, da wir die stärkere feminine Seite natürlich auch im Sound haben wollten. Die weiblichen Stimmen nehmen dieses Mal mehr Raum im Mix ein. Sie war aber bei keinem der Konzerte dabei. Außerdem kommen auch manchmal Leute zurück. Unser Drummer, den wir auf allen Alben vor diesem hatten (Fredrik Hellerström, Anmerk. d. Verf.) fängt langsam an uns zu vermissen, denke ich, da er von Zeit zu Zeit in unserem Probe-Studio auftaucht. Das ist sehr schön, denn wir vermissen ihn auch. Vielleicht werden wir eines Tages eine Show mit zwei Schlagzeugern spielen, wer weiß?
Wir haben auch noch andere Leute in unserem Umfeld. Ich weiß nicht, ob Du die Band MARDUK (betont den Namen mit rollendem R) kennst?
Selbstverständlich.
Einer ihrer Bassisten, Devo Andersson, wird im Dezember eine Show mit uns in Hamburg spielen, da unser Bassist beschäftigt ist und nicht mitkommen kann. Also fragten wir ihn und er sagte: „Ja, klar mache ich das“. Er und ich haben zusammen in einer Band gespielt als wir so etwa 15 Jahre alt waren, haben aber seitdem nicht mehr zusammen gespielt. Wir kennen uns und er hat ein Studio, in dem wir zusammen an Projekten gearbeitet haben, aber es wird das erste mal seit einer sehr langen Zeit sein, dass wir tatsächlich zusammen spielen.
Ich bin also nicht sicher, alles kann passieren. Vielleicht sind wir sieben. Bei vielen Konzerten – wir touren bald durch Deutschland, Österreich und Polen – werden wir sechs sein. Das ist eine logistische Sache und natürlich auch eine ökonomische. Wir würden uns wünschen, wir könnten alle früheren Mitglieder mitnehmen aber das wären dann um die 20 Leute auf der Bühne. Das würde trotzdem Spaß machen.
Ich bin ehrlich: Als ich „Alucarda“ das erste Mal hörte, mochte ich ihn gar nicht. Ich hatte sogar fast ein bisschen Angst, dass mich Euer neues Album enttäuschen könnte. Nun, das ist absolut nicht der Fall und jetzt, im Kontext des Albums, mag ich den Song sogar richtig gerne. Kannst Du das nachvollziehen und hast Du vielleicht Beispiele, wo es Dir mit einer Deiner Lieblingsbands ähnlich ging?
Tatsächlich verstehe ich Dich komplett. In den frühen Stadien der Entwicklung dieses Albums, mochte ich diesen Song wirklich nicht besonders. Ich fand, er fühlte sich etwas kitschig an, konnte das aber nicht wirklich erklären. Dann begannen wir, ihn aufzunehmen und ich verstand diese „Alucarda“-Sache, ein Song mit einem Titel aus einem interessanten Film, aber ich dachte: „Können wir uns nichts eigenes ausdenken?“. Aber dann, nach einer Weile, als wir begannen, die Texte zu schreiben, beschäftigten wir uns damit, es mehr als Symbol für andere Dinge zu verwenden. Frauen in der Religion, wie sie beschrieben werden, die meiste Zeit als besessen von Dämonen, leichter zugänglich für die Mächte des Bösen, den verdammten Apfel im Garten zu essen und all das. Als wir ihn am Ende komplett aufgenommen hatten, dachte ich: „OK, das könnte funktionieren.“ Als ich später den fertigen Mix mit allem anderen hörte, begann ich ihn richtig zu mögen. Auf eine gewisse Art hatte ich also die gleiche Erfahrung wie Du.
Das ist mir bestimmt auch schon mal mit anderer Musik passiert, die ich mir angehört habe. Ich kann mich gerade nicht wirklich an einen bestimmten Song erinnern, aber ich denke es gibt ein paar. Vielleicht vom DEEP-PURPLE-Album „Perfect Strangers“. Da gab es einen Song, ich weiß nicht mehr welcher, der sich falsch anfühlte, aber als ich ihn mir mal konzentriert anhörte fühlte er sich plötzlich richtig an.
Vielen Dank für Deine Zeit, Pope. Es macht immer wieder Spaß, sich mit Dir zu unterhalten.
Es war schön Dich wiederzusehen. Bye!
Galerie mit 24 Bildern: Year Of The Goat - Tour 2025 in Würzburg

Mehr zu Year Of The Goat
| Band | |
|---|---|
| Stile | Classic Rock, Hard Rock, Psychedelic Rock |
Interessante Alben finden
Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 38115 Reviews und lass Dich inspirieren!
Mirko Pidde
































Kommentare
Sag Deine Meinung!