De Mortem et Diabolum
Der große Festivalbericht 2015

Konzertbericht

Billing: Blaze Of Perdition, Essenz, Hetroertzen, Mgła, Narvik, Necros Christos, Serpents Lair, The Committee und The Ruins Of Beverast
Konzert vom 2015-12-18 | K17, Berlin

Freitag

Igittigitt, da ist es noch hell … na, wenigstens findet das ganze drinnen statt – da sollte die Atmosphäre stimmen. Bühne frei für das De Mortem et Diabolum 2015!

MDCLXVI

De Mortem et Diabolum

Es geht pünktlich los. Und interessanterweise fallen MDCLXVI auf eine bestimmte Weise ganz besonders auf, denn es soll keine Band mehr folgen, die so nah am unverfälschten Black Metal musiziert – Corpsepaint inklusive. Böse Zungen würden vielleicht behaupten, dass die Deutschen die musikalisch eindimensionalste Combo des Festivals stellt, aber auch daran ist ja nichts einzuwenden. Und so präsentieren sich MDCLXVI nach einem auffallend ausgedehnten Soundcheck von einer recht ansprechenden Seite. Vielleicht hat auch das kurze Gespräch geholfen, das Kollege Stephan und ich vor dem Gig mit Drummer Christian Suchy, der auch bei NEBIROS trommelt, geführt haben. Der Hinweis, dass die Gitarren beim Anchecken noch etwas schwach waren, wurde scheinbar beherzigt. Entsprechend klar und druckvoll mäht sich der Sound beim eigentlichen Auftritt seinen Weg aus den Boxen und findet überraschend viel Gehör. Zwar gähnen die vorderen Reihen, aber insgesamt kann sich die Zuschauerzahl für diese Uhrzeit (an einem Werktag) wirklich sehen lasen. Die Hauptgeschwindigkeit ist hoch, doch zwischenzeitlich werden auch melodische Midtempo-Parts eingestreut – gut hörbar im letzten Song „And Nothing Remains“. Insgesamt präsentieren uns die Festival-Opener genug Tempowechsel, um bis zum Schluss im Rahmen der Möglichkeiten spannend zu bleiben. An der Stelle auch ein Lob an die Organisation, einer im Vergleich noch deutlich unbekannteren lokalen Band eine Live-Chance zu geben.

(André Gabriel)

KALMEN

De Mortem et Diabolum

Im Anschluss betreten die Dresdener KALMEN die Bühne des K17. Diese haben 2015 erst mit ihrem Debütalbum „Course Hex“ begeistern können und überzeugen auch live mit ihrem psychedlisch-okkulten und leicht angeschwärzten Doom Metal. Zwar kämpft der Leadgitarrist anfangs kräftig mit seinen Einstellungen, aber bereits im Laufe des ersten Songs kriegt er es hin – und ab diesem Augenblick spielen KALMEN richtig gute Musik mit ordentlichem Soundgewand. Einzige Ausnahme: Die doppelten Gesänge sind zwar sowas wie der Höhepunkt, aber auch etwas zu leise – vor allem die Growls des Gitarristen.

De Mortem et Diabolum

Diese Art von Mucke will natürlich nicht mitreißen, sondern lädt eher dazu ein, mit geschlossenen Augen darin zu versinken. Das gelingt hier und heute eher weniger – für den Verfasser dieser Zeilen sind KALMEN ganz klar eher eine Band für das heimische Wohnzimmer denn für die Bühne. Dem Publikum, welches dafür, dass erst die zweite Band auf der Bühne steht, sehr zahlreich erschienen ist, gefällt es trotzdem, und so gehen KALMEN am Ende mit viel Beifall von der Bühne.

(Stephan Möller)

ESSENZ

De Mortem et Diabolum

Für den Drummer von ESSENZ lohnt sich die Reise nach Berlin doppelt, für Bassist und Fronter G.ST sogar dreifach, denn beide zocken auch bei DROWNED, letzterer ist live auch bei THE RUINS OF BEVERAST tätig. Zum okkult anmutenden, aber ohrenbelastend dröhnenden Intro wabert künstlicher Nebel in rotem Licht – gelungene Atmosphäre. Weniger stimmig ist die Stimme, denn die ist nicht zu hören. Der gesamte Sound ist zu Beginn zu basslastig, das omnipräsente Dröhnen lässt sogar den Boden vibrieren und verschluckt zunehmend die Gitarren. Auch die Becken scheppern zu laut. Was man vom ersten Song hört, beeindruckt allerdings gänzlich. Insbesondere der kreative Aufbau lässt den schwachen Sound vergessen: Die Nummer steigert sich in mehreren Etappen, um dann in Sachen Tempo zunächst wieder rückwärts zu gehen. Später wechselt die Geschwindigkeit munter – und das alles allein im ersten Lied. So kommt der Auftritt von ESSENZ trotzdem gut beim Publikum und ganz besonders bei einer Dame an, die den Zuschauerraum mit einem völlig eigenen Stil aus Tanz und Headbangen belebt. Alles in allem ziemlich sicher nicht die ESSENZ des Festivals, aber durchaus eine weitere Rechtfertigung, sich eines der begehrten Tickets gesichert zu haben.

De Mortem et Diabolum

(André Gabriel)

DROWNED

De Mortem et Diabolum

Bei DROWNED herrscht zunächst weniger Andrang als zuvor – werden wir etwa müde, meine Damen und Herren? Vorne ist es jedenfalls zwar relativ voll, weiter hinten steht es sich jedoch luftig-locker, als das Berliner Death-Metal-Trio die Bühnenbretter erklimmt. Dann geht es los: DROWNED spielen zwar in derselben Aufteilung (Gesang/Bass, Gitarre, Drums – zu zwei Dritteln sogar in derselben Besetzung) wie ESSENZ, haben aber einen deutlich – DEUTLICH! – besseren Sound als letztere. Das Publikum quittiert das und die bangbare Eingängigkeit des okkult angehauchten Death Metals von DROWNED mit viel Begeisterung und Bewegung – zumindest vorne sieht man die Bühne vor lauter fliegenden Haaren nicht, und im späteren Verlauf des Auftritts wird es auch weiter hinten deutlich voller. Es wäre auch eine Schande, wenn nicht, denn DROWNED spielen eine unfassbar gute Show und erreicht mit den einfachsten Mitteln – viel Nebel, ein paar Kerzen, passendes Stageacting, gute Musik – eine intensivste Atmosphäre, und obendrein sorgt die Eingängigkeit des Materials auch für eine ganze Menge Spaß. Und besonders ab geht es bei dem abschließenden GROTESQUE-Cover „Ripped From The Cross“ – toller Auftritt!

De Mortem et Diabolum

(Stephan Möller)

HETROERTZEN

Galerie mit 5 Bildern: Hetroertzen - De Mortem et Diabolum 2015

Anhand der Aktivitäten beim Merchandise kann man mehr als eindeutig ablesen, welchen Stellenwert der heutige Headliner MG?A hat. Doch schon vor ihrem eigenen Auftritt mussten sich HETROERTZEN keineswegs hinter dem Hauptact verstecken, nach der Show sieht das in absolut positiver Weise noch mal ganz anders aus. Bereits das Intro ist eine wahre Augenweide. Sechs Fackeln beleuchten den orthodoxen Charakter des Gigs, zu den Samples wird mystisch gesprochen, der Kelch mit Blut fehlt auch nicht und Kunstnebel sorgt für das letzte Quäntchen Bühnen-Okkultismus. Ganz ehrlich: berauschend. Gut, das vom Fronter Anubis herausposaunte „Berlin“ bricht ein wenig mit der Performance … andererseits: auch das impulsive, ach was, ekstatische Stageacting von Bassist Ham fällt aus dem zu erwartenden Rahmen, und so zeigen uns HETROERTZEN, dass eine zutiefst okkulte musikalische Ausrichtung nicht automatisch ein mysteriös-steriles Auftreten bedeutet. Da reihen sich das zwischenzeitliche Richten der Kapuze von Anubis und das gemeinsame Posen prächtig als weitere Sympathiepunkte ein. Instrumental ist das Dargebotene eh über jeden Zweifel erhaben. Die Mischung aus tiefdunklen Elementen, sphärischen Passagen und ordentlichem Geballer überzeugt auf ganzer Länge, zudem überraschen die sehr abwechslungsreichen Drum-Rhythmen – wie in „The Rose And The Cross“ zum Beispiel. Auch das kleine Soundproblem, das sogar einen Techniker auf die Bühne holt, kann so gar nicht verhindern, dass die glücklichen Anwesenden einen der besten Festivalauftritte erleben.

(André Gabriel)

MG?A

Galerie mit 5 Bildern: Mgła - De Mortem et Diabolum 2015

Die polnischen Black-Metal-Aufsteiger der letzten Jahre, MG?A, waren auf den deutschen Bühnen ein gutes Jahr abstinent, um ihr neues Album „Exercises In Futility“ aufzunehmen – umso besser, dass sie sich auf dem De Mortem et Diabolum 2015 mit einem Paukenschlag zurück zur Livefront melden. Bei ihrem Auftritt decken sie alle ihre Schaffensphasen ab, wobei das Hauptaugenmerk natürlich auf dem aktuellen 2015er-Album liegt. Trotzdem eröffnen die vier Kapuzenmänner das Set mit mehreren älteren Stücken – „Md?osci I“, „Further Down The Nest I“ -, bevor es mit „Exercises In Futility I“ den ersten neuen Song gibt. Die Band gibt sich dabei etwas agiler als früher – mittlerweile kann man sogar gelegentliches Kopfnicken beobachten -, aber das hält sich noch im Rahmen und ist nicht zu viel.

So oder so ist es erstaunlich, wie MG?A es schaffen, mit quasi GAR NICHTS außer ihrer Musik eine unglaublich intensive Atmosphäre aufzubauen. Höhepunkte haben die Polen spätestens seit 2012 und „With Hearts Toward None“ sowieso massig in petto, und so lassen sie es sich nicht nehmen, den heutigen Gig mit gleich vier Höhepunkten am Stück zu beenden: dem zweiten Track des neuen Albums (mit zweistimmigem Gesang noch grandioser als auf Platte) folgen der Opener und der Rausschmeißer von „With Hearts Toward None“ sowie zum Abschluss „Exercises In Futility VI“. Das macht MG?A musikalisch, atmosphärisch, emotional und in Sachen Publikumsandrang zum definitiven Höhepunkt des ersten Tages auf dem De Mortem et Diabolum 2015, sodass der Headlinerstatus völlig verdient und nicht in Frage zu stellen ist.

Zwei kleine Wermutstropfen gibt es: Erstens, die Rhythmusgitarre von Sänger und Bandkopf M. ist etwas zu leise und geht unter. Zweitens, die musikalische Größe MG?As hat sich mittlerweile auch in Post-Rock-Hipster-Kreise rumgesprochen – und die nerven mit ihren Smartphones und ihrem Anrempeln beim Rumtänzeln. Der Mittelfinger des Festivals geht an die Dame mit blauen Haaren, die dem metal.de-Team während des MG?A-Gigs etliche Male ihr verficktes Smartphone-Selfie-Blitzlicht in die Fresse gehalten hat. An der Größe des Auftritts der Polen ändert das natürlich nichts.

(Stephan Möller)

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10.01.2016

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