Fyrnask - Eldir Nótt

Review

Vor zwei Jahren war „Bluostar“ eine großartige positive Überraschung in einer deutschen Black-Metal-Szene, die ich ja bekanntlich äußerst kritisch sehe (und ich denke, aufgrund verschiedenster Gründe weiterhin zurecht). FYRNASK bzw. Fyrnd als alleiniges Mitglied konnte sich damit fast aus dem Stand im Subgenre des Ambient Black Metal als Geheimtipp etablieren. Seitdem ist aber nichts weiter passiert, es war stilvoll still um das Projekt, bis vor einigen Wochen ein Teaservideo zum neuen und damit zweiten Album „Eldir Nótt“ kursierte. Und das deutete es schon an:

„Eldir Nótt“ setzt als gesamtes Album um, was „Bluostar“ schon begonnen, aber nicht ganz rund zuende gebracht hatte: Die Verschmelzung von meditativem Black Metal, Drone, etwas Postrock und finsterstem Dark Ambient zu einem einzigen atmosphärischen Stück Musik, das man unmöglich in Auszügen hören kann. Noch mehr als das Debüt ist dem Zweitling allerdings eine Bildlichkeit eigen, die in dieser Intensität selten ist. Zu greifen und zu beschreiben, welche Szenen der Hörer zu durchleiden hat, wenn er sich in einer einsamen Herbstnacht unter Kopfhörern auf „Eldir Nótt“ einlässt, ist schwierig. Das macht ein großes Stück der Faszination dieser Musik aus: Man weiß genau, dass darin irgendetwas lauert, dass es dunkel ist, dass es nach Schwefel und Weihrauch riecht, nach altem Harz und neuem Schnee. Wenn man es sich genauer anschauen will, entzieht es sich aber dem Blick. „Eldir Nótt“ ist ein einsiedlerischer Schamane, ein junges Reh, das Flimmern der untergehenden Sonne über vereistem Schnee.

Dabei liegt die Kunst, die FYRNASK beherrschen, nicht unbedingt darin, etwas grundlegend Neues zu erdenken. Weder sind die sich über weite Spannen ziehenden Riffs nie gehört, exotische Instrumente wie die Viola da Gamba niemals woanders eingesetzt worden, noch ist Fyrnd als erster darauf gekommen, das Schlagzeug entweder stumpf minimalistisch oder rituell-perkussiv einzusetzen. Auch die Auflösung traditioneller Songstrukturen zugunsten wahrer Songmonster ist gerade in der modernen düsteren Musik nichts Revolutionäres. Die geschmackssichere und bis zum Bersten verdichtete Kombination der Elemente ist es, die „Eldir Nótt“ zu einem intensiven Album macht – und gemeinsam mit der Gestaltung, die fast ebenso großen Anteil hat wie die Musik selbst, zu einem Gesamtkunstwerk. In atmosphärischer Vollendung lässt sich das in „Saltrian“ erleben, das in achteinhalb Minuten die gesamte PAYSAGE D’HIVER-Diskographie zu einem Häufchen Asche pulverisiert.

Bei aller Begeisterung gibt es aber doch noch ein paar wenige Kritikpunkte: So ließe sich an der durch die (notwendigen) riesigen Hallräume verwaschenen Produktion vielleicht noch etwas verbessern, was der Musik insgesamt mehr Durchschlagskraft verleihen könnte. Auch könnte einem folgenden Drittwerk ein menschlicher Drummer den fehlenden Rest organischer Authentizität verleihen. Überhaupt hat man trotz der überbordenden Intensität gelegentlich das Gefühl, dass da noch mehr Gefühl ist, das durchbrechen könnte, sich aber nicht traut. Gerade den letzten Minuten des Albums geht ein wenig die Puste aus. Trotzdem: Eine Black-Metal-Szene, die nach so einem Album immer noch ungehalten THE RUINS OF BEVERAST abfeiert, und Journalisten, die bei „Eldir Nótt“ im Zug einschlafen, müssen taub oder absolut renitent sein.

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22.09.2013

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