Helevorn - Aamamata

Review

Für viele Deutsche gibt es wohl kaum einen Ort, der mehr für gute Laune und Vergnügen steht, als Palma de Mallorca. Für den Rezensenten, und vermutlich auch einen nicht geringen Anteil unserer geschätzten Leserschaft, dürfte das Treiben dort aber den Vorstellungen einer persönlichen Hölle recht nahe kommen. Nicht ganz unverständlich also, dass sich die, eben aus dieser Stadt stammenden, Musiker von HELEVORN dem deprimierenden Düster-Sound verschrieben und eine Doom-Band gegründet haben, die mit „Aamamata“ bereits ihren fünften Longplayer raus haut. Ganze fünf Jahre hat man sich seit dem Vorgänger „Compassion Forlorn“ Zeit gelassen – prüfen wir also, ob sich die Wartezeit gelohnt hat.

HELEVORN – Atmosphärischer Gothic Doom mit exotischem Einschlag

Bereits der Opener „A Sail To Insanity“ macht deutlich, wo die Reise hingeht: Eine Mischung aus Doom und Gothic Metal, irgendwo zwischen mittleren PARADISE LOST, MOONSPELL und den Schweden von DRACONIAN, mal etwas härter mit vielen Growls, mal getragener mit hohem bis hundertprozentigem Clean-Gesangs-Anteil. Auch die Keyboards halten sich meist nicht unbedingt im Hintergrund. Wer seinen Doom also nur minimal und nah am Death Metal mit tiefstem Gegurgel mag, der wird von HELEVORN nicht unbedingt bedient.

Besonders auffällig ist sicher die Leistung von Fronter Josep Brunet, der sowohl heisere bis tiefe Growls als auch Klargesang in allen Facetten – mal eher Gothic-lastig, mal zerbrechlich – souverän beherrscht. Die Instrumentalfraktion agiert insgesamt nicht unbedingt filigran. Minutenlange Frickel-Soli sucht man vergebens. Stattdessen berufen sich die sechs Spanier auf ihre Stärken, arbeiten songdienlich effektiv, setzen in erster Linie darauf, eine dichte Atmosphäre und Spannungsbögen zu erzeugen und diese auch auf Länge des gesamten Songs aufrecht zu erhalten. Die immer präsenten, aber dennoch meist nicht unangenehm auffallenden Keyboardklänge von Enrique Sierra tragen ebenfalls viel dazu bei. „Aamamata“ wurde übrigens erfreulicherweise in einem lokalen Studio aufgenommen. Lediglich für das Mastering ging man dann doch auf Nummer sicher und beauftragte Produzentenlegende Jens Bogren.

Auch Experimente wagen HELEVORN durchaus. Hier ist insbesondere das absolute Highlight „Nostrum Mare“ zu nennen. Spoken-Word-Passagen in acht verschiedenen Sprachen, die alle in Anrainerstaaten des Mittelmeeres gesprochen werden, Gesang in katalanischer Sprache sowie exotische weibliche Gastvocals sorgen mehr als einmal für Gänsehaut. Das zunächst bitterböse beginnende „The Path To Puya“ erinnert stellenweise recht stark an DRACONIAN und wird konsequenterweise dann auch mit einem Gastauftritt von Heike Langhans veredelt. Lediglich die Akustik-Ballade „La Sibil·la“ hätte es am Ende vielleicht nicht unbedingt gebraucht.

Schattenseiten des Mittelmeeres statt langer Winter – „Aamamata“

HELEVORN machen erfreulicherweise nicht den Fehler, den man bei Doom Bands aus wärmeren Gefilden häufiger beobachten kann. Sie versuchen nicht, die skandinavischen Vorbilder einfach zu kopieren, singen nicht von schneebedeckten Gipfeln oder langen Wintern, was einfach unglaubwürdig und unpassend wirken würde. Stattdessen zieht sich ein maritimes Thema durch das gesamte Album. Geschichten über die Schattenseiten des Mittelmeeres und die auch oft düstere spanische Geschichte bestimmen praktisch alle Songs. Unter anderem wird die nicht selten tödliche Überfahrt afrikanischer Flüchtlinge und der Militärputsch von 1936 unter Franco angesprochen. Auch, für Mitteleuropäer vermutlich eher unbekannte, Werke katalanischer Schriftsteller vertont man stilsicher.

Große Fehler machen HELEVORN auf „Aamamata“ also eigentlich nicht. Einzig ein wenig mehr Kante, vielleicht an der ein oder anderen Stelle weniger süßen Klargesang und zuckrige Pianos, würden dem Album sicher gut zu Gesicht stehen. Wer aber kein Problem damit hat, dass die Doom-Basis teilweise mit wirklich vielen Gothic-Elementen angereichert wird, bekommt ein extrem stimmungsvolles, düsteres Album, das in diesem Bereich schon ein erstes kleines Highlight des noch jungen Jahres darstellt.

10.02.2019

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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2 Kommentare zu Helevorn - Aamamata

  1. Base4ever sagt:

    Gefällt mir Mega gut! Erinnert mich stark an the Foreshadowing.
    Jetzt muss ich doch unbedingt mal die alten Alben nachholen!

    8/10
  2. nili68 sagt:

    Melodisch und atmosphärisch mit der nötigen Härte und nicht zu glatt findet man aber auch eher selten. Natürlich ist das hier nicht scheisse, aber leider trifft Letzteres zu, wie auch auf die neue SWALLOW THE SUN. Mit ein paar mehr Ecken und Kanten könnte das bestimmt voll gut sein.. wie auch die neue von SWALLOW THE SUN, obwohl diese beiden Bands natürlich nicht gleich klingen, aber es trifft auf beide zu. Schade.