Sleep Token - Even In Arcadia

Review

Galerie mit 30 Bildern: Sleep Token - German Headline Rituals 2023 in München

Die Zahlen sind eigentlich unglaublich. Eine bis dahin eher Nischenfreunden bekannte maskierte Band aus Großbritannien schafft es mit ihrem dritten Longplayer „Take Me Back To Eden“ mal eben, das Metal-Album mit den meisten Streams 2023 zu veröffentlichen – und liegt damit deutlich vor METALLICAs „72 Seasons“. Aufrufzahlen von über 220 Millionen für die Single „The Summoning“ – allein beim Branchenriesen Spotify – sorgen fast schon für Ratlosigkeit, ohne überhaupt die Diskussion beginnen zu wollen, ob SLEEP TOKEN nun eine Metal-Band sind oder nicht. Ziemlich genau zwei Jahre später ist der Nachfolger „Even In Arcadia“ da und muss sich an seinem übermächtigen Vorgänger messen lassen.

SLEEP TOKEN – Nur ein verhaltener Start?

Vergleicht man dann auch direkt den Opener „Look To Windward“ mit seinem Counterpart „Chokehold“, bleibt man als Hörer wohl zumindest erst einmal stirnrunzelnd zurück. Alles wirkt seltsam vertraut, vieles soll offenbar möglichst nahtlos anknüpfen. Der zarte Beginn, der plötzliche Wutausbruch samt Screams im Mittelteil, die epische Dramatik – und selbst der stolpernde Elektrobeat. Alles bereits zu finden auf „Take Me Back To Eden“ und hier neu zusammengesetzt. Sicher nicht schlecht, geistern einem aber eher Umschreibungen wie „typischer SLEEP TOKEN-Song“ oder „klassischer Opener“ durch den Kopf.

Letztlich ändert sich zumindest das im weiteren Verlauf auch nicht so wirklich: Die Zutaten sind eigentlich alle bekannt. Echte Neuheiten finden sich kaum, sie beschränken sich weitestgehend auf das Saxophon in „Emergence“ und auf „Gethsemane“, der klingt, als hätten SLEEP TOKEN in den letzten zwei Jahren ziemlich viel LEPROUS, HAKEN und VOLA gehört.

Eines fällt natürlich ebenfalls sofort auf: Die zwar sicher eingängigen, aber für den geneigten Metal-Fan wohl größtenteils unsäglich zuckrigen reinen Pop-Nummern wie „Are You Really Okay?“ oder „DYWTYLM“ fehlen dieses Mal gänzlich (abgesehen vielleicht von „Past Self“), dafür finden sich Elemente daraus in praktisch jedem Song. Diese öffnen sich dann meist zum Ende in Richtung modernem, progressiven Metal bzw. Rock, ein Quasi-Bekenntnis zur Gitarrenmusik ist also durchaus vorhanden. Allerdings nutzt sich diese Vorgehensweise – leiser, poppiger Start bis zum mächtigen Bombast-Finale – auch recht schnell ab, da sie in irgendeiner Art und Weise in fast jeder Nummer auf „Even In Arcadia“ zu finden ist.

Der wichtigste Punkt ist aber das praktisch völlige fehlen dieser Momente, die einem die Kinnlade herunter klappen lassen, wie sie „Take Me Back To Eden“ nun wahrlich zuhauf bieten konnte, auch abseits von Überhits wie „Chokehold“ und „The Summoning“ – einzig der Titelsong kann hier zumindest phasenweise in ähnliche Sphären vordringen. Natürlich hat „Even In Arcadia“ eine Menge Tiefe zu bieten, viele Ebenen, die entdeckt werden wollen und sich nicht unbedingt beim ersten Hördurchlauf erschließen. Das ist definitiv auch stärker ausgeprägt als auf dem überlebensgroßen Vorgänger. Aber man muss auch ehrlich sein: Schlecht war auch dieser in der Hinsicht nicht besetzt und entwickelte seine enorme Strahlkraft eben darüber hinaus durch die in so großer Vielzahl gesetzten emotionalen Momente. Man muss es so klar sagen: Dem wird „Even In Arcadia“ auch nach hundertmaligen Entdeckungsreisen nicht das Wasser reichen können.

Es fehlen die Hits – „Even In Arcadia“

Machen wir es kurz: „Even In Arcadia“ kann „Take Me Back To Eden“ nicht das Wasser reichen. Die vierte SLEEP TOKEN klingt wieder großartig, die Band gibt sich kaum Blöße, spielt ihre Trademarks aus und bedient ihre Hardcore-Fans sowieso souverän. Was der Platte aber einfach massiv fehlt sind Hits, Hits, Hits – die der Vorgänger noch quasi wie am Fließband lieferte.

Wird das dem Hype um die Band schaden? Vermutlich nicht. Bricht man die Songs aber auf ihre Basis herunter, sind sie einfach deutlich weniger zwingend und ergeben ohne besagten Hype ein gerade mal gutklassiges Album. Der eine mag das Album als mutig bezeichnen, der andere wird unken, dass SLEEP TOKEN in Sachen Songwriting ihr Pulver bereits verschossen haben. Was am Ende stimmt, muss der Zahn der Zeit zeigen.

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15.05.2025

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5 Kommentare zu Sleep Token - Even In Arcadia

  1. 100jahre sagt:

    Hammer, mich nimmt das total mit. Ich hab schon das Cover gesehen und gewußt das es mir mega gefällt.
    Was ist das? Viel Klavier, intelligenter Pop mit Modern Metal?
    Immer wieder eine mitreißende Melodie. Erinnert mich an die Späte Phase von Floyd Ende 80/ anfang 90er. Dieser weichgespülte Art Pop. Aber Das ist um längen besser, keine Sekunde Langeweile. Keine Hits? LOL

    9/10
  2. 100jahre sagt:

    Ich hab jetzt natürlich ein bisschen rumgegraben.
    Hintergrund ist folgender: Ich hatte damals bei „Take me back to eden“ nur kurz rein gehört und zwar die ersten beiden Tracks. Die haben mir überhaupt nicht gefallen.
    Jetzt hab ich die Platte nochmal gehört. Also „Chokehold“ und „The Summoning“ gefallen mir immer noch nicht. Der Rest hat so seine Momente, großartig, aber auch arg daneben.
    Ich finde „Take me back to Eden“ ist im Vergleich zu „Even in Arcadia“ noch ein wenig unausgereift.
    Der Vergleich mit den „Imagine Dragons“ in der Rezension von „Take me…“ ist auch interessant.
    Ich hab beim ersten Hören vom „Even in Arcadia“ Album auch sowas ähnliches im Kopf gehabt. Pop/Rock aus den 2000er oder besser 2010er Jahren. Ich würde die „Imagine Dragons“ streichen und mit „Sunrise Avenue“ ersetzen.
    Für mich persönlich eine spannende Sache, hab ich mich doch einen ganzen Abend lang mit 2 Sleep Token Alben und dem Katalog von Imagine Dragons, One Republic und Sunrise Avenue beschäftigt. Ich muss ganz ehrlich sagen „Imagine Dragons“ gehört zum schlimmsten was ich mir jeh angetan habe. Das kann man Kleinkindern beim Farbe kleksen vorspielen.

  3. 87oclok sagt:

    Für mich ist das ein schwieriges Album. Für gewöhnlich mag ich es komplexer und wilder, aber Sleep Token gehörte, neben Zeal & Ador, immer zu den Bands, die mich mit deren Eigensinnigkeit, Innovation und der gebotenen Ergebnisqualität druchgängig abgeholt haben. „Metal“ für die Seele. Das hat sich nun geändert. Sie verharren mir zu sehr in der eigenen Komfortzone. Das Werk wirkt schon beinahe anbiedernd. Anders als zuletzt Zeal & Ador, die mit „Greif“ m.E. ihr konsequentestes Werk vorgelegt haben, wirken Sleep Token zu sehr auf „gefallen“ getrimmt. Da ändern für mich auch die sehr intensiv berührenden Parts nichts dran. Das ist alles irgendwie zu zahm, zu wenig fordernd und zu wenig neu. Schade und insgesamt nur 5/10 von mir, für das inhaltlich am wenigsten wichtige Werk von und das kommerziell wahrscheinlich wichtigste Werk für ST.

    5/10
  4. Vorgh sagt:

    Überragend!

    Was diese Band hier abliefert ist der Wahnsinn.

    Für reinen Metal fühle ich mich schon fast zu alt und sanftere bzw. experimentellere Sachen, die sich nicht in Genren bewegen, holen mich heuer viel mehr ab.
    Respekt! Glatte 10 von 10!

    10/10
  5. Werner sagt:

    Morjen morjen,

    nun war auch ich mal neugierig, denn von dem tristen Plattencover war ich eigentlich nicht interessiert, als ich dann aber die Review und die polarisierenden Meinungen las, wollte ich doch mal wissen, was das ist.
    Den ersten Track fand ich dann auch richtig klasse – weil es mich ein wenig an Dream Theater und Haken erinnerte, aber mit ganz eigenem Fingerabdruck.

    Doch dann fiel das Album für meinen Geschmack zu sehr ab – und nach dem fünften oder sechsten Track zog ich völlig entnervt den Stecker, da es in Musikrichtungen ging, die ich schlichtweg nicht aushalte und für mich mit Rock so rein gar nichts zu tun hat.

    Ich vergeb da mal ne 5 – nach dem Motto, die können ihre Instrumente spielen und haben alle was drauf – aber mit der Musik kann ich gar nichts anfangen, das ist für mich Vollstreß bis hin zum Schweißausbruch.

    Die vergebene 7 vom Reviewer erscheint mir da wesentlich objektiver und eigentlich nachvollziehbar, als meine Geschmacksknospen.

    🙂

    5/10