Big Mike Colonia
Wichtiger als Gott

Interview

In einem deiner neuen Songs beschreibst du den „Springbreak im Neandertal“ als die brutalste Party überhaupt. Woher hat BIG MIKE COLONIA dieses ausführliche Wissen über das Paarungsverhalten der Steinzeitmachos?

Damals in den 80ern wollte ich diese Party wirklich veranstalten! Ein Festival im Neandertal, um unsere Vorfahren zu huldigen und den High Energy Spirit der Steinzeit wiederzubeleben. Maximal 100 Gäste, Dresscode Lendenschurz, außer auf dem Pavianfels, da nur ohne, kein Einlass mit Brille oder modischem Kurzhaarschnitt. Feuer statt Strom, rohes Fleisch statt Pommfritz und Bonbons, Massenschlägerei statt Tanzerei. Auf die Idee kam ich, als ich einen krassen Flashback hatte zu meinen Urahnen im Neandertal vor 100.000 Jahren – für eine Nacht sah ich vor meinem inneren Auge diese Party als wäre ich selbst da gewesen, der fetzigste spirituelle Trip den ich je hatte, so wie Wayne mit Waynestock – leider am Ende gefloppt, genau wie meine Gesangskarriere damals. Die Party durfte nie stattfinden.

Ein weiterer Hit der Platte ist „Party im Gym“. Wie oft schmeißt du solche Partys und ist das nicht ziemlich teuer, so einen Muskeltempel auseinander zu nehmen?

Dat is echt ein richtiger Hit, man. Ich mach fast jeden Tag Party im Gym, kostet ca. 50 Mark im Monat – immer noch besser als Fritten aus der Mülltonne. Auch im Gym muss der Spirit of Power wieder kommen. Ich war vor Kurzem einmal in so einem Plastikstudio, da hatte jeder Stöpsel im Ohr und hat verbissen und traurig alleine vor sich hin trainiert mit lachhaften Gewicht und Kabelarmen. In einem geilen Studio wird jeder, der reinkommt, von allen Anwesenden mit Spitznamen und irgendeiner Beleidigung begrüßt, da läuft ultra laut Heavy Metal, alle trainieren mit zerfetzten Klamotten, es riecht nach Blut, Schweiß und Freudentränen! Zum Glück gibt es solche Tempel auch heute noch, Schmiede in Bonn, Bodypower in Weißenthurm, World Gym in Köln, um nur ein paar zu nennen.

BIG MIKE COLONIA erzählt vom echten Leben

Düsterer wird es in „Die dunkle Sick“. Du singst „Ein falscher Blick, sofort Schlägerei/ Wunder dich nicht, du kriegst ein paar aufs Ei/Die Nächte der Stadt – nicht nur Spiel & Fun“. Klingt, als wüsstest du genau, wovon du redest. Ist der Song autobiografisch gefärbt?

Alle meine Songs sind autobiografische Tatsachenberichte, ich mache keinen Spaß. In Läden wie Palm Beach oder Big Ben in Köln hast du den falschen Typ oder seine Frau eine Millisekunde zu lange angestarrt und zack beide Augen blau. Aber das war’s wert! Der Reiz des Verbotenen und Gefährlichen – heute auch komplett weg im Nachtleben, weil niemand mehr niemanden anschaut, alle sehen eh gleich aus – Ausnahme mal wieder euer Onkel Mike, mich starren alle an, ich hau aber niemanden, weil ich ja ne janz leeve Jung ben. Sehet, staunet, aber vor allem: Lernet!

In „Ohne Ende geil“ spielst du sehr viel auf die Popkultur der 80er an, wie zum Beispiel „Ein Zombie hing am Glockenseil“ oder „American Fighter“ mit Michael Dudikoff. Was kann unserer heutige Gesellschaft aus solchen Streifen mitnehmen?

Aus „American Fighter 2“ hab ich gelernt, wie die perfekte Kneipenschlägerei aussieht und dass man in einem coolen Denim on Denim Outfit inklusive Cowboystiefel immer noch easy geklonte Ninjatruppen boxen kann, also scheiß auf funktionale Spandex-Textmarker-Sportmode mit so komischen Zehenschuhen. Zombiefilme sind vielleicht schon obsolet, die grauen Zombies, die heute durch die Straßen wandeln, essen halt zum Glück kein Fleisch.

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Quelle: Foto: Max Daerr
01.09.2020

"Irgendeiner wartet immer."

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