Furia (Pol)
Interview mit Furia

Interview

FURIA haben vor einigen Monaten mit „Plon“ eine MCD veröffentlicht, die trotz der enormen Erwartungen nach dem umwerfenden Debütalbum absolut überzeugen konnte. Grund genug, die Polen mit ein paar Fragen zu behelligen – die dann auch gleich mehrere Monate im wilden Osten unterwegs waren. Das Endergebnis glänzt zwischen eigenartigem Humor und noch eigenartigeren Englischkenntnissen nicht immer mit Faktenreichtum, zeichnet aber, auch zwischen den Zeilen, auf seine Art ein durchaus aufschlussreiches Bild der polnischen BMler.

Furia (Pol)

Ihr seid gerade erst von Eurer letzten Tour zurück (zur Zeit der Fragestellung stimmte das noch. -Ed.). Wie ist es gelaufen? Mit wem wart Ihr unterwegs, was für Lokalitäten habt Ihr mit Eurer Anwesenheit beglückt? Wann ist mit dem überfälligen Angriff auf Westeuropa zu rechnen?

Während der Tour im März haben wir ein paar mehr oder weniger coole polnische Städte besucht. Wir säten die Saat der Nächstenliebe und des gegenseitigen Respekts. Wie üblich war die Aufnahme unserer Botschaft eher gemischt. Es gab die üblichen BM-Höflichkeiten wie Bravorufe und Applaus und an einem Abend sogar Pfefferspray. Den Tourbus haben wir diesmal mit INFERNAL WAR, ANIMA DAMNATA und ENCLAVE geteilt. Nach Westeuropa werden wir kommen, wenn Ihr die polnische Sprache gelernt habt.

MASSEMORD gibt es seit dem Jahr 2000 mit praktisch der gleichen Besetzung wie FURIA. Warum musste mit FURIA ein weiteres Projekt ins Leben gerufen werden, das vom ersten stilistisch nicht mal sonderlich weit entfernt ist? Haben beide Bands wenigstens einen anderen Diktator?

Die Motivation für die Gründung von FURIA liegt in der Tatsache, dass die Luft in Schlesien noch immer zuviel Sauerstoff enthält. Der Teufel hat nur auf diese Initiative gewartet, deshalb läuft momentan auch alles ziemlich gut. Unsere Arbeitsatmosphäre ist von ständiger gegenseitiger Irritation geprägt, was je nach Standpunkt sowohl angenehm als auch unangenehm sein kann. Wir springen uns dauernd gegenseitig an die Kehle. Prinzipiell sieht sich jeder von uns als Diktator, und wir alle warten nur darauf, den anderen eins auszuwischen.
Der Unterschied zwischen MASSEMORD und FURIA liegt in der Form des Ausdrucks. MASSEMORD ist eher extrovertiert. Da legen wir Wert auf ein aggressives Äußeres und hoffen darauf, von einem Label ordentlich finanziert zu werden, damit wir nicht mehr auf Klebstoff als einzige Droge angewiesen sind. FURIA ist dagegen introvertiert. Es geht um psychische Erschöpfung, das Vergnügen, dass alles den Bach herunter geht, irrationale Schuldgefühle und Wodka in den schlesischen Wäldern.

Wie entscheidet Ihr, ob gerade FURIA oder MASSEMORD proben?

Das wird entweder nach der momentanen Gemütslage entschieden oder mit Hilfe unseres Kalenders: Was für Konzerte stehen an? Sind irgendwelche Aufnahmen fällig? Nach FURIA steht uns der Sinn besonders im Herbst und wenn der erste Schnee fällt.

Welche Band liegt Dir eigentlich mehr am Herzen?

Dazu kann ich nur sagen, dass ich herzlos bin.

Trotz all dieser Fragen muss ich natürlich zugeben froh zu sein, dass es FURIA gibt. Es handelt sich schließlich um eine der momentan besten und interessantesten Bands im BM, zumindest wenn man mich fragt. Deswegen fand ich es ziemlich schade, dass das Debüt „Martwa Polska Jesien“ einen so dürftigen Vertrieb hatte. Warum habt Ihr die Scheibe damals nicht auf einem etwas größeren Label mit besseren Möglichkeiten rausgebracht? FURIA ist das Beste, was nicht nur Polen heutzutage zu bieten hat, da müsst Ihr doch Alternativen haben, oder?

Es gab durchaus einige Alternativen, aber die erschienen uns als zu sinnvoll, weshalb wir uns für eine etwas absurde, damals aber auch sehr naheliegende Zusammenarbeit entschlossen haben. Das kann man jetzt nicht mehr ändern. Allerdings muss ich Dir insofern widersprechen, als dass das Album durchaus erhältlich war. Heutzutage ist es doch kein Problem mehr, CDs auch international einzukaufen, ohne ruiniert zu werden (Das stimmt. Aber auch Metaller sind unglaublich faul. -Ed.). Das haben viele Leute gemacht, und wir haben das Album in Länder geschickt, von deren Existenz nicht mal die US-Regierung etwas weiß.

Jetzt habt Ihr Euch mit Pagan Records zusammen getan. Ist einer der Gründe für diesen Schritt der schlechte Vertrieb, den Ihr bisher hattet? Wie seid Ihr an Tomasz geraten? Pagan Records ist ja zumindest in Polen überraschend groß. Ist da Unterstützung zu erwarten für Eure Live-Eroberung des Westens?

Wir haben Tomek ein Rätsel gestellt, das er problemlos beantworten konnte, noch dazu mit einem ähnlichen Wortspiel. So macht man Geschäfte! Was Auftritte im Westen betrifft: Vor einem Jahr haben wir es tatsächlich mal nach Deutschland geschafft, und obwohl die Deutschen vor einiger Zeit sehr massiv in Polen unterwegs waren, haben sie heutzutage nur verwundert rumgestanden. Aber wenn Ihr billigen Wodka habt, dann kommen wir, keine Frage. Im Osten ist es anders. Unsere müden slawischen Seelen zieht es in die Wildniss, je weiter wir also nach Osten kommen, desto größer sind die Chancen, dass wir nicht mehr zurückkehren.

Lass uns endlich auch ein bisschen über Musik reden. Eure neue (bzw. mittlerweile nur noch aktuelle -Ed.) MCD klingt immer noch nach FURIA, eine gewisse Entwicklung ist aber auszumachen. Wo siehst Du die wichtigsten Unterschiede zum Debütalbum? Wie sieht Eure Entwicklung „von innen“ aus?

Der wichtigste Unterschied ist, dass wir nur 15 Minuten Musik präsentieren, dafür aber eine komplette CD brauchen, was natürlich eine ungeheure Rohstoffverschwendung ist. Das wird uns hoffentlich nicht so leicht verziehen. Das Material für die Mini haben wir innerhalb eines Monats geschrieben und aufgenommen. Während der Weihnachtszeit haben wir Jesus‘ Geburtstag auf unsere Art und Weise gefeiert, mit drei Liedern über schlesische Wälder und den Teufel.

Das nächste komplette Album soll’s noch in diesem Jahr geben. Worauf dürfen wir uns freuen?

Auch wenn das Kyoto-Protokoll und alle möglichen EU-Programme die Emission von Treibhausgasen senken sollen, gibt es immer noch haufenweise unwissentliche Diener des Teufels, die uns großzügig mit Schwefeldioxid vergiften (Definitiv kein Experte in Umweltfragen, der gute Mann. -Ed.). Das hat physische und psychische Veränderungen zur Folge, die das nächste Album total unnatürlich werden lassen, auch werden wir Theorien aufstellen, die unserem früheren Schaffen widersprechen. Wir sind dazu bereit, alle unsere Anhänger kräftig vor den Kopf zu stoßen, nur um unsere Chancen bei den Gallhammer-Frauen zu erhöhen.

Im Gegensatz zu MASSEMORD verwendet Ihr bei FURIA ausschließlich polnische Texte, was für Leute wie mich etwas schwierig ist. Würdest Du uns verraten wollen, worum es bei Euch inhaltlich geht? Und warum muss das Ganze unbedingt in der polnischen Sprache stattfinden?

Ach, das ist doch eigentlich überhaupt kein Problem! Norwegisch spricht auch keine Sau, was niemanden davon abhält, „En Vind Av Sorg“ zu hören. Ich würde den Willen von Metallern nicht überschätzen, die Texte zu verstehen.

Das Let-The-World-Burn-Logo, das Ihr bei FURIA und MASSEMORD verwendet und welches die Erde in Flammen zeigt, konzentriert sich interessanterweise auf Afrika. Ist das reiner Zufall, oder habt Ihr da eine Botschaft versteckt?

Nene, das ist reiner Zufall. Wir sind halt immer noch nicht darauf gekommen, wie alle Kontinente gleichzeitig im Zentrum des Geschehens sein könnten.

Ihr habt auf Eurer Seite alle möglichen skurrilen Links. Etwa zu Texten über „Kulturterrorismus“. Seht Ihr Euch als Kulturterroristen? Was muss man sich darunter vorstellen?

Wir gehen einfach davon aus – und das ist ausnahmsweise ziemlich vernünftig gedacht – dass wir sicher nie irgendwelchen Terror finanzieren können, wenn wir bei dieser Musik bleiben. Wir sind die, die terrorisiert werden, und zwar vom Geist der Menschlichkeit, der trotz Allem in uns lebt. Kulturterrorismus bezieht sich auf Einstellungen und Verhaltensweisen innerhalb einer speziellen Gruppe, und es ist eher unwahrscheinlich, das wir all das Gift je mit dem Rest der Welt teilen werden. Kulturterrorismus erschafft einen emotionell und ästhetisch immunen Raum. Er stellt auch sicher, dass die ganze Scheiße in Deinem Leben mit ziemlicher Sicherheit an Dir und Deinen Freunden hängen bleibt.

Als ob das noch nicht genug wäre, finden sich auch noch Links zu so Sachen wie Tiger Energy. Hat das noch was mit FURIA zu tun?

Kulturterrorismus. Guck mal, das ist doch ganz einfach: Der Teufel sagt uns jeden Tag, dass wir nicht nur auf der MLO-Seite rumhängen sollen.

Welche ist eigentlich momentan die zweitbeste polnische Band? MASSEMORD ist keine Antwort. Überhaupt, was hältst Du so von der polnischen „Szene“? Wie hat sie sich mit den Jahren verändert?

Obwohl wir geographisch gefährlich nah an den Tschechen dran sind, ist die polnische Szene gar nicht so übel. Warmduscher und Schattenparker hat es schon immer gegeben, heute haben die es nur eben ein bisschen einfacher, bei MySpace den starken Max zu machen und die Gesellschaft zu hassen. Die zweitbeste Band? SACRILEGIUM, die mag ich sogar mehr als FURIA.

Da Ihr nur eine MCD gemacht habt, will auch ich dieses Interview nicht endlos in die Länge ziehen. Vielleicht fallen mir ja zum Album ein paar weitere Fragen ein. Irgendwelche letzten Worte?

Hast Du eine Schwester? (Nein, nur einen Bruder. Aber sei ehrlich, das würde Dich auch nicht stören, oder? -Ed.)

Galerie mit 16 Bildern: Furia - De Mortem et Diabolum 2017
24.09.2009

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