Crowbar
Saint Vitus, Crowbar - Tour

Konzertbericht

Billing: Crowbar und Saint Vitus
Konzert vom 2012-07-12 | Backstage, München

Crowbar

Neulich beim Klassentreffen der Nostalgiker im Backstage. Zwei Urgesteine geben sich die Ehre. CROWBAR und SAINT VITUS. Zwei Bands, deren Legendenstatus in Stein gemeißelt ist, die jedoch ihre besten Zeiten schon hinter sich haben, sammeln ihre müden Knochen noch einmal zusammen und wollen zeigen, dass sie immer noch relevant sind. Dem an diesen Abend zusammengekommenen Haufen müssen sie dies aber sicher nicht beweisen. Dicke Bäuche, lichtes Haar. Ich sehe niemanden, der nicht mindestens die 30 erreicht hat. Die Herren (und die wenigen Damen) im Publikum scheinen ein wenig aus der Zeit gerissen. Ist aber auch gut so. Man fühlt sich an diesem Abend ja auch um mindestens zehn Jahre zurückversetzt.

 

Es eröffnen aber zuerst die sehr gegenwärtigen Lokalmatadoren THE CROMPTONS. Ein etwas undankbarer Job vor einem Publikum, das hauptsächlich gekommen ist, um alten Helden zu huldigen. Zudem müssen THE CROMPTONS überpünktlich anfangen, was unter anderem zur Folge hat, dass ihr Auftritt bereits vorbei ist, als ich das Backstage erreiche. Von anderer Seite erfahre ich aber, dass Sound und Performance durchaus sehr gut waren und es immerhin um die hundert Leute vor die Bühne gezogen hat. Gar nicht so schlecht für die Umstände.

Crowbar

Tja, und was soll man dann über die beiden folgenden Bands schreiben, was nicht schon etliche vorher getan haben? Songs? Gab es. Hits? Logisch. Stimmung? Hmmm ja, schon auch.

Ist doch aber alles langweilig. Ich konzentriere mich aber lieber auf die Protagonisten selbst, denn da steht ja nicht irgendwer auf der Bühne. Mal sehen, wer mich mehr überzeugen kann. Ich verteile mal Punkte. Los geht’s.

Crowbar

DIE FRONTMÄNNER

Ein harter Kampf, denn beide Herren haben einiges zu bieten. Kirk Windstein, der bärtige CROWBAR-Brüllwürfel ist optisch natürlich ein Sahnestück. Gut im Saft stehend, kein Hals, schöne Glatze und ein Vollbart, der ihm ins Gesicht zementiert zu sein scheint. Ein Monument aus Haar, das sich nicht einen Zentimeter bewegt und nie die Form zu verlieren scheint. Optisch erinnert er mich irgendwie an Gimli aus Herr der Ringe. Ein Fest. Dazu performt der Gute einfach herrlich. Er bläst angestrengt die Backen auf, scheint jeden Ton seiner Gitarre mit dem Gesicht nachzuzeichnen und ist ansonsten mehr als gut gelaunt. Eindeutig das Rückrat und der Mittelpunkt seiner Band. Und was natürlich am wichtigsten ist: Alle 30 Sekunden in bester Südstaatenmanier auf die Bühne rotzen; in alle Richtungen und immer mindestens ein halber Liter pro Schwung. Keine Ahnung, wo er das herholt. Und keine Ahnung, wie es Wino im Anschluss schaffen soll, auf der Bühne nicht auszurutschen.

Schafft dieser aber natürlich mit links. Er bewegt sich ja nicht viel. Im Gegensatz zu Herrn Windstein wirkt er gerade zu Beginn fast gelangweilt. Zwischen den Songs steht er fast immer mit dem Rücken zum Publikum vor dem Drumkit, feiert Schlagzeuger Henry Vasquez als neuen Drum-Gott und lässt die Ansagen lieber Gitarrenpensionär Dave Chandler übernehmen. Während den Songs hängt er sich schwer ins Mikro und ist eher in sich gekehrt (aber trotzdem fokussiert und präsent). Doch der Mann mit den tausend Bands hat einfach Charisma. Man merkt halt, dass man hier vor einer lebenden Legende steht. Und Herr Weinrich weiß, dass alle es wissen. Er lässt sich feiern, stößt die Frittengabel in die Luft und lässt sich gegen Ende sogar zu manch einer genuschelten Ansage hinreißen. Schon gut natürlich. Coole Sau. Aber trotzdem: Punkt für CROWBAR.

Crowbar

DIE GITARRISTEN

Hier ist die Sachlage schon klarer. CROWBAR haben seit einigen Jahren den Gitarristen von Kirks Seitenprojekt KINGDOM OF SORROW an Bord. Der macht seine Arbeit natürlich solide, ist dabei aber steif wie Robocop und starrt mit grimmigem blick ins Nichts. Jaja, harter Mann, aber nach Hingabe sieht das irgendwie nicht aus.

Ganz anders bei SAINT VITUS. Hier schwingt seit der Bandgründung vor gefühlt 50 Jahren Urgestein und Kapitän der Black Pearl, Dave Chandler die Saiten. Und er ist mit Herzblut bei der Sache. Manchmal sogar mit zuviel davon. Die meisten der Lieder singt er – unterstützt von theatralischen Gesten und leidendem Gesichtsausdruck ¬¬– inbrünstig mit, so dass man sich manchmal schon fragt, warum es Wino überhaupt braucht. Aber der Mann ist halt schon länger mit seiner Band verheiratet als die meisten Zuschauer Lenze zählen. Da MUSS er das wohl tun. Ist ja auch knuffig anzusehen. So ein Original gibt es selten zu sehen. Ich färbe mir die Haare grau. Klarer Punkt für SAINT VITUS.

Crowbar

DIE BASSISTEN

Bassisten eilt ja meist der Ruf voraus, eher unspektakulär zu sein und als Bühnenschmuck zu fungieren. Stimmt dann meist ja nur bedingt. So wie in diesem Fall. Mark Adams von SV ist typisch zurückhaltend. Genau wie Chandler von Beginn an dabei, macht er seinen Job so dezent im Hintergrund, dass mir erst recht spät auffällt, dass er überhaupt anwesend ist. Hat ja auch, wie seine Kumpels, schon einige Jahre auf dem Buckel. Vielleicht eine Form von Altersmilde. Man möchte ihm fast aufmunternd auf die Schulter klopfen. CROWBARS Patrick Bruders, der mit grauer Föhnmatte und Bart irgendwie an Jeff Bridges erinnert, legt sich da schon mehr ins Zeug. Irgendwie hat man immer das Gefühl, dass er versucht, gegen Kirk Windstein anzuspielen. Schafft er natürlich nicht, sieht aber trotzdem super aus der Gute. Punkt für Crowbar.

Crowbar

DIE DRUMMER

Tja was soll ich hierzu groß sagen. CROWBAR ist halt einfach Kirk Windstein und so sticht der Drummer auch nicht weiter heraus. Ist eh noch ein recht junges Bürschchen. Macht seinen Job schon gut, versinkt aber irgendwie hinter dem Drumkit.

Da präsentieren SAINT VITUS ihren Klöppelschwinger schon anders. Das Drumkit ist sehr hoch aufgebaut, so dass Henry Vasquez obenauf thront. Irgendwie hat man das Gefühl, in einem Werbespot für Haarspray zu sein. Ständig bläst ihm, bedingt durch einen Riesenventilator, Wind ins Gesicht, der seine Haare wirbelnd wehen lässt. Zudem ist auch noch ein schöner Spot auf ihn gerichtet, der ihn suuuuper zur Geltung bringt. Wenn dann auch noch Wino ständig vor ihm steht und ihm bei der Arbeit zusieht, möchte man meinen, dem besten Drummer der Welt huldigen zu dürfen. Aber sind wir mal ehrlich. Mehr als ordentliches Handwerk ist das dann auch nicht. Trotzdem lasse ich mich vom schönen Schein blenden und gebe SAINT VITUS den Punkt.

Crowbar

Hmmm. Somit steht es 2:2. Unentschieden. Und irgendwie passt das auch. Mich haben beide überzeugt und es echt eine Freude, ihnen zuzusehen. Manchmal hat man irgendwie das Gefühl, die Alten machen ihren Job am besten. Oder werde ich einfach auch langsam alt? Dann doch bald mal wieder zur nächsten Hardcorenewcomersensation gehen und mich von jugendlicher Energie eines besseren belehren lassen. Mal sehen.

 

Setlist CROWBAR:

– Conquering

– High Rate Extinction

– New Dawn

– Lasting Dose

– Sever The Wicked Hand

– Liquid Sky And Cold Black Earth

– Burn Your World

– I Have Failed (Groß!)

– Cemetery Angels

– Let Me Mourn

– Planets Collide

– All I Had I Gave

 

text: struch

fotos: haslauer

 

17.07.2012

Interessante Alben finden

Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 36669 Reviews und lass Dich inspirieren!

Nach Wertung filtern ▼︎
Punkten
Nach Genres filtern ►︎
  • Black Metal
  • Death Metal
  • Doom Metal
  • Gothic / Darkwave
  • Gothic Metal / Mittelalter
  • Hardcore / Grindcore
  • Heavy Metal
  • Industrial / Electronic
  • Modern Metal
  • Off Topic
  • Pagan / Viking Metal
  • Post-Rock/Metal
  • Progressive Rock/Metal
  • Punk
  • Rock
  • Sonstige
  • Thrash Metal

Kommentare