Ea - A Etilla

Review

EA – aus Russland. Oder Finnland. Oder Amerika. Jedenfalls die nach neun Jahren immer noch anonymen Funeral-Doomer von EA. Stets hat man sich in den Deckmantel der digitalen Ära gehüllt und verhinderte trotzdem das Aufkommen der großen Spekulationen darüber, welche weltbekannten Superstars sich hier womöglich austoben würden. Auch sonst hat sich bei den Spukgestalten nicht viel getan: Albumtitel enthält mindestens ein „A“ und ein „E“? Check. Albumtitel klingt zum Verwechseln ähnlich mit denen vorheriger Releases? Check. Texte sind in einer angeblich verlorenen Sprache gehalten? Check. Überlange Spielzeiten der Songs? Check.

Was auf den ersten drei Alben allerdings noch in zwei bis drei Zwanzigminüter verpackt wurde, reicht seit der eponymen 2012er-Scheibe auch für ein einziges Stück. Mit nichts als Kopfhörern und modernem Schreibgerät ausgestattet mache ich mich also auf die 50-minütige Reise, frei nach dem Motto: Ich bin dann mal weg.

 

Das Logbuch:

Minute 1: Tiefes Wummern hier unten. Plötzlicher Stopp, ein Low-Quality-Meeresrauschen. Verhallte, gregorianisch anmutende Chöre faden langsam ein, tief-verzerrte Akkorde tun es ihnen bald gleich. Schlagzeug setzt ein. Chöre dominieren.

Minute 3: Streicher setzen ein. Mit einsetzenden Growls nimmt der Song an Fahrt auf. Tiefe, gedämpfte Arpeggios treiben den Song voran.

Minute 5: Das Tempo fällt wieder, die gewohnte Funeral Doom-Materie wird durch simples, aber atmosphärisch effektives Tonleiterspiel der Lead-Gitarre zusammengehalten.

Minute 8: Keine Neuerung zu vermelden.

Minute 10: Unerwartet rhythmischer Ausbruch. Atmosphärisches Double-Bass-Melodie-Inferno schließt sich an. Spiel mit der Dissonanz. Dann: Rückkehr zum Doom.

Minute 12: Druck auf den Ohren. Liegt das jetzt an der Monotonie oder sind meine Kopfhörer etwa zu eng?

Minute 14: Der Choral kehrt zurück. Diesmal alleine. Scheinbar bedient man sich an Synthies aus der Dose. Selbst eingesungen klingt anders. Tut der Stimmung aber keinen Abbruch.

Minute 16: Okay, dieses tiefe Cello KANN nur vom Band kommen.

Minute 19: Klavier. Unterste Oktaven. Darüber repetitives Dualgitarrenspiel.

Minute 23: Im Westen (oder doch Osten?) nichts Neues. Bisherige Elemente wiederholen sich.

Minute 31: Verzeihung, es gibt wohl doch noch nicht ausgereizte Elemente: Flüstern ist auch noch drin.

Minute 35: Instrumente stoppen, die tiefen Vokalspuren überlagern sich zum Chor. Geht jetzt schon zum dritten, wenn nicht vierten Mal so.

Minute 42: Gesanglich wird nochmal gezeigt, dass man auch ohne Pitch-Shifter tiiiiiiiiiefes Knurren abrufen kann.

Minute 48: Die letzte Minute bricht an. Keine logische Auflösung in Sicht. Kurz vor Schluss lässt man den Twin Guitars einen Takt für sich, dann noch 3 Anschläge und gute Nacht.

Minute 49: DAS WAR’S? Wo ist die aufgebaute Spannung hin? Wo ist hier die Klimax? Wo ist die Epik, die immer wieder angedeutet, teils sogar in ordentlichen Schüben verarbeitet wurde?

 

Nach weiteren Hördurchläufen und mit etwas Abstand überwiegt weiterhin die Enttäuschung. Die Enttäuschung darüber, dass der Song nach 20 Minuten mit keinerlei neuen Elementen mehr aufwartet und sich permanent in ähnlichen Motiven und Strukturen verliert. Erst 08/15 Funeral Doom, ein kurzer Ausbruch, Verstummen der Instrumente, dann ein alleinstehender Choral-Part (gelegentlich ersetzt durch Gitarre oder Klavier) und alles wieder von vorne. Und dann wieder. Und dann wieder.

Ja, Funeral Doom lebt von Monotonie. Nichtsdestotrotz ist die Spielzeit von 49 Minuten in diesem Fall maßlos übertrieben angesetzt und der (meist schwer zu fassende) Spannungsbogen geht viel zu früh den Bach runter. Ein bombastisches Ende, nach welchem es den Hörer nach 48 Minuten dürstet, bleibt verwehrt. Fans der Band müssen entweder genau diese Überlänge lieben oder schlicht abgehärtet sein, denn im Vergleich zu den Vorgängern kann man EA eine musikalische Entwicklung von höchstens 10% attestieren. Kollege Thomas Weeber kritisierte bereits beim Debütalbum „Ea Taesse“ erschreckend ähnliche Mäkel.

Über all dieser Kritik schwebt als Pendant die musikalische Qualität der Band: Die Musiker wissen nicht selten, etwas zu erschaffen, das im Assoziationszentrum irgendwo zwischen Verderben und Schönheit kratzt. Mit ihrer instrumentalen Arbeit transportieren EA neben jeder Menge Schwermut nämlich immer mal wieder Eleganz und Anmut, schießen aber leider umso öfter über das Ziel hinaus.

„A Etilla“ ist ein Album für ruhige Stunden, in dem man sich sicherlich auch auf positive Art und Weise verlieren kann. Trotz mittlerer Wertung wird es genug Genre-Fans geben, die sich mit der Scheibe anfreunden werden. Im direkten Vergleich mit Bands wie SHAPE OF DESPAIR oder ESOTERIC, die als Einflüsse unüberhörbar bleiben, kann das Phantom allerdings nicht mithalten.

12.03.2014

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