Helheim - Rignir

Review

Galerie mit 13 Bildern: Helheim - Dark Easter Metal Meeting 2019

Es ist interessant, wie oft der Regen in sämtlichen Medien als solcher mit trüber Stimmung und Trauer in Verbindung gebracht wird – wie passend, dass die norwegischen Viking-Metal-Urgesteine HELHEIM dies zum zentralen Thema ihres neuen, mittlerweile zehnten Albums „Rignir“ gemacht haben. Denn der Titel steht für Regen und wurde durch das lokale Wetter in Bergen inspiriert. Vor allem die damit verbundenen, dunklen Emotionen stehen im Vordergrund eines Albums, in dessen Blickpunkt mehr Stimmung als pure Holzhackerei steht.

Aber wer die Band kennt, hat zumindest letzteres sicher schon erwartet. Die Norweger präsentieren sich wieder einmal wie tiefsinnige, von unzähligen Schlachten gezeichnete Männer, ganz im Gegensatz zu gewissen anderen Vertretern, die sich eher wie Met gurgelnde, axtschwingende Schürzenjäger vom Jahrmarkt geben. Nein, HELHEIM bieten Viking Metal, mit dem man sich auseinandersetzen muss – und besonders „Rignir“ bedarf mehrerer Hörduchrläufe.

„Rignir“ findet seinen Weg ins Unterbewusstsein

Natürlich waren HELHEIM – speziell bei ihren jüngsten Veröffentlichungen – nicht bekannt dafür, ihren Viking Metal sonderlich geradlinig zu spielen. So ist zuletzt „landawarijaR“ ein stimmungsvolles, dunkles und unkonventionelles Werk gewesen, das Aggression und Stimmung gleichsam und kunstvoll ausbalanciert hat. „Rignir“ schlägt in eine ähnliche Kerbe, schraubt die Aggression zu Gunsten eines erhöhten Hymnenfaktors aber etwas mehr zurück, ohne den Rest ihres Sounds in Mitleidenschaft zu ziehen.

Das Ergebnis ist ein vertrautes Stück Viking Metal, das zugleich ursprünglich und modernisiert klingt.

Dabei packen die Norweger mit „Rignir“ wie gewohnt erst auf den zweiten Hör zu. Denn „Rignir“ ist ein Album, das auf erstaunlich lateraler Ebene funktioniert, und das seinen Hörern den Zugang trotz eines höchst aufgeräumten, hervorragend strukturierten Klangbildes nicht leicht macht. Es suggeriert Bilder von nordischen Seefahrern, die durch nebelbedeckte Gewässer segeln, ungewiss über das, was sie jenseits der dichten Dunstschwaden erwarten mag. Es suggeriert Bilder von Wikingern, die ihre Einsamkeit auf See beklagen und besingen.

Zwischen großen Gefühlen und epochalen Songs

Bereits die ersten Klänge des eröffnenden Titeltracks führen den Hörer in die emotionalen Tiefen. Der Song beginnt geradezu in sich gekehrt mit ruhigem Auftakt, dessen moll-lastige Melodien ihre Fühler in Richtung des Hörers sanft aber bestimmt ausstrecken. Ein delikat gewobener, schwarzer Schleier bildet sich im Hintergrund ab und der Mehrstimmige, zumeist klare, klagende Männergesang macht den gelungenen, stimmungsvollen Auftakt dieses Albums perfekt.

Etwas mehr Zunder geben die Herren bei „Kaldr“, dessen schwarzmetallische Kante jedoch bandtypisch mit dieser perfekten Mischung aus Rohheit und Feinfühligkeit gemanagt wird. Daher funktioniert der Übergang des Songs in seinen hymnischeren Part auch so gut. Bei „Hagl“ hat die Band einen intensiven Gefühlsausbruch in zwei Akten geschaffen, der sich aus wiederum ruhigen Anfängen entsponnen effizient zu einem angeschwärzten Stampfer entwickelt.

HELHEIM und die Subtilität der Wikinger

Der weiter oben erwähnte, erhöhte Anteil an hymnischen Passagen macht sich vielleicht am deutlichsten bei „Vindarblástr“ bemerkbar, dem kürzesten Track der Platte. Vor allem die Gesangsarbeit und das Zusammenspiel von Lead Vocals mit den Hintergrundgesängen macht den Song zu einem wahren Highlight, das unter die Haut geht. Dazu passt die Musik, die geradeaus gespielt daher kommt und den hymnischen Anteil mit passender, wieder subtil angeschwärzter Melodiearbeit bestens unterstützt, ohne dabei zu dick aufzutragen.

Und das ist eigentlich auch das Geheimnis hinter „Rignir“: HELHEIM beweisen sich erneut als Meister des subtil gespielten Viking Metal, der den Hörer dessen Stärken lieber suggeriert, anstatt ihn damit plump zu überrollen. Es deutet die Größe seiner Songs an und findet seinen Weg ins Unterbewusstsein des geduldigen, bereitwilligen Hörers. Geduld und Bereitwilligkeit sind damit natürlich Dinge, die man mitbringen muss, um mit „Rignir“ warm zu werden.

Es regnet im besten Sinne

Doch der Aufwand lohnt sich für ein Album, das eine in sich gekehrte Seite der nordischen Seefahrer offenlegt. Die Reduktion von Aggression wurde wunderbar mit dem auf den klaren Gesang zugeschnittenen Songwriting aufgefangen. Die Schwärze zieht sich dennoch durch das Album hindurch und erzeugt so einen schönen, rauen Kontrast zur klareren, hymnischeren Ausrichtung der Platte. HELHEIM liefern ein schönes, melancholisches Album, das besonders jetzt im Sommer die erhitzten Gemüter geschmackvoll abkühlen wird.

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26.04.2019

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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2 Kommentare zu Helheim - Rignir

  1. unfurl999 sagt:

    Grandioses Folgewerk zu „landawarijaR“. So muss „Viking“ Black Metal klingen.

    9/10
  2. Kropfverfechter sagt:

    Das Album ist nun schon zweieinhalb Jahre gereift und ich bin sogar fast geneigt 10 Punkte zu vergeben. Und das Album zündet so richtig erst nach vielen Durchläufen und es ist eines der Alben, die einem immer wieder neue Lieblingssong aufhalsen, wie es sich für ein grandioses langlebiges Album gehört. Ich glaube ich gebe nun trotzdem nur 9 Punkte, weil ich die Produktion immer wieder für zu poliert halte wo es ruhig hätte organischer daherkommen können. Und das ist sicherlich kein Plädoyer für ranzigen 90er Sound.
    Richtig geiles Album mit Potenzial zu einem Klassiker.

    9/10