Mephistosystem - Construction Site

Review

Das Bandlogo kryptisch, monolithische Skulturen auf dem Cover und dazu das arg nebelverhangene, extrem gekörnte Gesamtbild (bei dem nur der Kinderquatsch-Hinweis unten rechts stört) – ganz klar, stromlinienförmige Klänge darf man von so einer Platte nicht erwarten. Dann doch eher das, was naheliegt, und womit ich beim ersten visuellen Eindruck genau ins Schwarze getroffen habe. MEPHISTOSYSTEM spielen Industrial Rock, und wo dieser Terminus im Raum steht, kann auch der Geist von Trent Reznor nicht weit sein. Tatsächlich lehnt sich der Sound der Schweizer bisweilen stark an die aktuelleren Werke von NINE INCH NAILS an. Die gekonnte Balance zwischen elektronischer Schlagseite und verzerrten Riffs, intensiver Gesangsleistung und monumental inszenierten Momentaufnahmen im Stadionformat sind sehr vertraut.

Im gleichen Atemzug beweisen MEPHISTOSYSTEM aber auch genügend Eigenständigkeit, um sich vom geistigen Vater abzunabeln und sich in ihrem weitläufigen Genre auszutoben und zu positionieren. Kraftvoll, elegisch, rhythmisch stark und auch ziemlich eingängig präsentiert sich das Sextett, auch wenn das erste Viertel ein eher beschwerlicher Anstieg ist. Sie lassen bis dahin nur erahnen, was in ihnen steckt, fordern zaghaft zum Weiterhören auf, als wollten sie sagen, „das Beste kommt noch, wir verbraten es nicht gleich zu Beginn.“
Und so kommt es dann auch. „On And On“ mit seinem schönen Akustikintro, „A Broken Part“ und „Good Old Pride“ geben dem Album und dem Hörer einen regelrechten Adrenalinstoß. Die Band, die bis dahin wie ein talentierter NIN-Ableger klingt, erwacht mit eigener Seele. „I Take A Pill“ mit seiner prägnanten Rhythmusarbeit wächst dabei zu einem der stärksten Songs des Albums. Das Laute und Aggressive liegt ihnen nicht, MEPHISTOSYSTEM zeichnen feinere Konturen in ihren Melodien und Arrangements, gehen tiefer und komplexer vor, als man das noch vor vier Jahren von ihnen hören konnte.

Nach dem draufgängerischen „Waiting To Steal The Time“ rücken die elektronischen Elemente etwas stärker in den Vordergrund. Programmierte Beats, Synthesizer und Effekte fördern hier besonders auf der zweiten Hälfte der Platte neue Klangfacetten zutage. „I Was Here“ bietet sich mit seiner Bassdrum regelrecht als Kandidat für einen Clubremix an.

Über 76 Minuten sind ein ganz schöner Brocken von einem Album, der erst einmal verdaut werden muss. MEPHISTOSYSTEM schaffen es zwar mit einiger Raffinesse, die Spannung zu halten, doch was diesem Album fehlt, sind die wirklichen Killersongs, die sich sofort beim ersten Durchlauf im Gehörgang festbohren. Das Potential haben einige ihrer Stücke, doch einen echten Ausreißer gibt es leider nicht. Eine Hörempfehlung gibt es trotzdem von mir, denn mit dieser Band muss man jetzt einfach rechnen. Sehr schön auch, dass die CD-Version mehr Songs erhält als die digitale Variante. MEPHISTOSYSTEM zeigen damit, dass sie einerseits mit dem digitalen Zeitalter gehen, aber dennoch auf den klassischen Tonträger setzen – so lob ich mir das!

04.04.2011

Interessante Alben finden

Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 36747 Reviews und lass Dich inspirieren!

Nach Wertung filtern ▼︎
Punkten
Nach Genres filtern ►︎
  • Black Metal
  • Death Metal
  • Doom Metal
  • Gothic / Darkwave
  • Gothic Metal / Mittelalter
  • Hardcore / Grindcore
  • Heavy Metal
  • Industrial / Electronic
  • Modern Metal
  • Off Topic
  • Pagan / Viking Metal
  • Post-Rock/Metal
  • Progressive Rock/Metal
  • Punk
  • Rock
  • Sonstige
  • Thrash Metal

Kommentare