

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.



Noch im Jahr 2011 veröffentlichte Andy Marshall gemeinsam mit Scott McLean unter dem Namen FALLOCH mit „Where Distant Spirits Remain“ ein Album, das dem Solo-Weg von Erstgenanntem schon gewissermaßen vorgreifen sollte. Marshall selbst hatte zu diesem Zeitpunkt offenbar keine großen Ambitionen, seine Musik Live vorzustellen und FALLOCH entwickelte sich von einem Zwei-Mann-Projekt zu einer vollständigen Band. Untätig blieb allerdings auch der inzwischen 37-Jährige nicht und gründete 2012 sein eigenes Mutterschiff ÀRSAIDH, mit dessen Debütwerk „Roots“ er leider wieder bei einem indiskutabel zweifelhaften Label landete, dessen Katalog er einige Jahre früher mit einem genauso fragwürdigen Projekt bereits bediente.
Distanz von politischer Extreme
Von politisch extremen Ansichten hatte sich Marshall derweil distanziert, änderte den Bandnamen, offiziell aus Gründen der Aussprechbarkeit des Namens, in SAOR und traf glücklicherweise die Entscheidung, dieses Meisterwerk seiner Hörerschaft noch einmal ohne fades Geschmäckle zu präsentieren. Dieser Tage findet man das schottische Highland-Projekt mit dem neusten Album „Amidst The Ruins“ unter dem Banner von Season Of Mist und inhaltlich als absoluten Qualitätsgarant, was kitschbefreiten Folk-/Black Metal angeht. Und das, obwohl der Hauptprotagonist keineswegs nur auf Altbewährtes setzt, sondern seiner Musik ein hohes Maß an Entwicklungsspielraum zugesteht.
Im Jahr 2013 arbeiten SAOR jedenfalls noch nicht mit einer schier endlosen Liste an Gastmusikern, viel mehr strickt Andy Marshall auf „Roots“ noch alles selbst und greift, neben den typisch metallischen Instrumenten, auch nur zu Keyboard, Violine und zur Tin Whistle. Folglich dürfte es wenig verwundern, dass das Debüt des Schotten im Vergleich nicht durch breitwandige Opulenz glänzt und sich stattdessen, ganz im Sinne des Titels, noch stärker auf die Wurzeln konzentriert. Doch schon mit dem selbstbetitelten Opener gelingt es dem Briten auf eine fast magische Weise, über eine Viertelstunde in kühlem Mystizismus wilder Hügellandschaften verstreichen und das Zeitgefühl schwinden zu lassen.
Kühler Mystizismus und wilde Hügellandschaften
Die spärlich eingesetzten Vocals sind tief, ungehobelt und spiegeln die Schönheit, aber auch die manchmal unbarmherzige Macht der Natur hervorragend wider. Immer wieder setzen SAOR auf ausladend in Szene gesetzte Arrangements, die zweifellos im Black Metal verwurzelt erscheinen, aber auch den bildlich greifbaren Folk-Elementen ausreichend Raum lassen. Während die ersten beiden Titel noch etwas stürmischer daherkommen, fährt „A Highland Lament“ das Level mühelos theatralisch wirkender Epik noch einmal nach oben. Noch einmal schrauben sich SAOR über 15 Minuten lang immer tiefer in eine intensive Atmosphäre, wie sie eben nur die Natur erzeugen kann.
Mit „Roots“ erhält man im Sinne von SAOR ziemlich exakt das, was der Albumtitel bereits suggeriert. Andy Marshall hatte schon vor mehr als zehn Jahren ein wahnsinnig gutes Gespür für fesselnde Melodien und folkigen Schwarzmetall jenseits von Kirmes und Schunkelei. Die Diskographie zeigt, dass man bei dem Schotten bedenkenlos zugreifen kann, doch wer es gerne etwas rudimentärer mag, ohne auch nur eines der bekannten Trademarks der Band zu verlieren, dem seien insbesondere die ersten drei Alben ans Herz gelegt.
Zweifelhaft ist an dem ursprünglichen Label gar nichts. Dass (damals noch) Arsaidh auf Möbus‘ einschlägig bekannten Nazilabel veröffentlicht haben, kann man ihnen sicherlich auch jetzt noch vorhalten. Das kann musikalisch alles nett sein, aber für mich bleibt der Beigeschmack und meine Ignoranz der Band gegenüber bestehen.