Yob - Our Raw Heart

Review

Galerie mit 17 Bildern: Soulcrusher 2018 - YOB

Was erwartet man von einem YOB-Album? Vor allem natürlich niederschmetternde Monumental-Riffs, die sich irgendwo zwischen CROWBAR, CATHEDRAL und dergleichen einbetten lassen, klar. Und das bekommt der Hörer auch auf dem 2018er Output „Our Raw Heart“ geliefert. Aber tatsächlich bekommt der Hörer sogar etwas mehr. Denn dem Album geht ein Ringen von Sänger und Gitarrist Mike Scheidt mit dem Tode voraus, der sich aufgrund schwerer Krankheit einer dramatischen Operation unterziehen musste.

Ein kleines Déjà Vu für den Verfasser dieser Zeilen…

… denn wie schon bei der letzten Platte aus dem Hause PAIN OF SALVATION und in gewisser Weise auch der neuesten Scheibe von OCEANS OF SLUMBER haben auch hier entsprechende, dramatische Umstände dazu geführt, dass die Band – nicht zu letztauch um Scheidt herum – zusammengewachsen ist. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl hat sich entsprechend auch auf das Songwriting ausgewirkt. Das Ergebnis: Mit „Our Raw Heart“ hauen YOB einen mächtigen, aber auch mächtig emotionalen Riffklumpen heraus, weniger im Sinne von DAUTHA, sondern natürlich deutlich erdiger und dreckiger.

Tief, tiefer, Doom!

„Our Raw Heart“ ist natürlich ein YOB-Album und als solches recht deutlich wiederzuerkennen. Markante Merkmale sind die schweren, von geradezu meditativer Geduld geprägten Monumental-Riffs, die etwa bei „The Screen“ auf den Hörer niederwalzen. Ebensolche drücken dem Hörer auch bei „In Reverie“ an die Wand. Letzteres hätte in seiner Beschaffenheit als zähes Riffmonster auch auf „Atma“ problemlos Platz gefunden.

Für Hochgeschwindigkeitsfreaks ist hier nix zu holen, die Musik stampft seeeeeeehr laaaaaangsam dahin und lässt seine Hörer folglich wie in Trance zeitlupengleich mitnicken – Uptempo Fehlanzeige. Das ist natürlich kein Wunder, gerade bei diesen heftigen Gitarren, die auch dank der geschickt eingestreuten Dissonanzen immer wieder schön im Dreck wühlen. Und das ist auch gut so, denn es sind gerade diese interessanten Texturen innerhalb besagter Gitarrenarbeit, die diese konstant frisch halten und der Monotonie kaum eine Chance lassen.

YOB im emotionalen Höhenflug

Doch die eigentliche Überraschung erwartet den Hörer mit dieser neu gewonnenen Emotionalität, die sicher auch den Umständen geschuldet ist, die der Produktion des Albums vorausgegangen sind. Ich möchte nicht so weit gehen und hier von Feingefühl reden, denn immerhin kracht es im Hause YOB doch noch recht heftig, wenn sich die Riffkaskaden wie Teerlavinen über dem Hörer ergießen. Doch definitiv steckt hier eine neue Verletzlichkeit drin, was man zum Biespiel schön im eröffnenden „Ablaze“ beobachten kann.

In dieser Hinsicht ist jedoch der absolute Höhepunkt der Platte das 16-Minuten-Monster „Beauty In Falling Leaves“. Scheidt scheint ganz tief in seinem inneren geschürft zu haben, um diese unter die Haut gehenden Gesangslinien empor zerren zu können, mit denen er im Refrain so richtig über sich hinaus wächst. Generell zeigt er von Growls hin zu den cleanen Vocals eine wieder einmal hervorragende Souveränität, übertrifft sich aber eben in diesem Song. Dazu nehmen sich YOB hier immerzu die Zeit, um auf die zahlreichen Klimaxe des Songs zuzusteuern, in denen die Band folglich zu absoluten Höhenflügen ansetzt.

„Our Raw Heart“ bietet rohe Emotionen und rohe Riffgewalt

Somit steckt hinter diesem neuen Album neben der gewohnten Riffgewalt auch eine ganze Menge emotionaler Power, die YOB hier heraufbeschwören. Ein bisschen Sitzfleisch braucht man bei den überlangen Tracks natürlich und das ist eigentlich auch der einzige, wirkliche Kritikpunkt. Aber wer hat schon jemals gesagt, dass Doom keine Geduldssache sei?

Insofern liefert das Trio aus Oregon wieder einmal großes Tennis. In Zeitlupe. Und mit Songs zum Dahinschmelzen. Wiederum in Zeitlupe. Markerschütternde Riffs, die jede Kirchenmauer zum Beben bringen; große, zu keinem Zeitpunkt billige Melodien, die sich oft geschickt hinter den besagten Riffwänden verstecken; die zelebrierte Langsamkeit in Reinform – Kuttenjünger, was willst du mehr?

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09.06.2018

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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3 Kommentare zu Yob - Our Raw Heart

  1. royale sagt:

    sitz gerade im Zug und zieh mir diese „Bleibombe“ zum zweiten male via YouTube rein. Hier im Zug nach NRW ist gerade ein schrecklicher Junggesellen Abschied mit 13 Mädels! Was gibt es da besseres als in die Gesichter der Schnapsdrosseln zu schauen und YOB hören. 😀
    Ach ja…prima geschrieben!

    9/10
    1. daniel sagt:

      ich weiss genau was du meinst !!! 😂😂

      8/10
  2. ClutchNixon sagt:

    Und sie werden besser! Schöner kann Musik für mich kaum sein. Die beste angesludgete Doom Platte seit Jahren und die beste Relapse VÖ seit langer, langer Zeit. Ergreifende Songs, die mich nicht mehr loslassen wollen. Widerhaken in meiner Seele. Wahrhaftig, epochal und von enormer Dichte.

    9/10