Peaceville Records
30 Jahre im Geschäft!
Interview
Einmal mehr neigt sich ein Jahr dem Ende zu und überall auf der Welt blicken Menschen nostalgisch zurück in ihre Vergangenheit, betrachten hoffentlich zufrieden ihre Gegenwart und schmieden Pläne für die Zukunft. So ist es auch bei Peaceville Records, denn das Label konnte in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag feiern. So ein runder Geburtstag lädt natürlich zu Rückschau und Ausblick ein, weswegen Obermotz Paul Groundwell uns freundlicherweise einige Fragen zum Label beantwortete. Wem das nicht reicht, der findet hier unser Interview mit Paul zum 25. Geburtstag.
Hallo Paul, danke schon einmal im Voraus für dieses Interview. Aber erst einmal natürlich herzliche Glückwünsche! Dieses Jahr können wir 30 Jahre Peaceville Records feiern und ich persönlich hoffe, wir können das spätestens 2047 zum 60. Jubiläum wiederholen! Während ich dir diese Fragen schreibe, höre ich gerade in eine relativ frische Peaceville-Veröffentlichung rein. Und zwar in „Renaissance in Extremis“, die neue Scheibe von AKERCOCKE. Du hörst dir sicher gerade auch etwas feines an – was ist es?
Nun, erst einmal möchte ich mich in Namen von Peaceville für all die Glückwünsche und bei unseren langjährigen Supportern bedanken. Ich hoffe, dass dir die neue AKERCOCKE gefällt. Eine herausfordernde aber auch lohnende Veröffentlichung und sicherlich ein großartiges Comeback.
Was mich betrifft, habe ich mir gerade ein paar ganz alte Peaceville-Releases angehört, die wir demnächst auf Vinyl neu herausbringen werden. THERION, AXEGRINDER, ELECTRO HIPPIES – großartiges Zeug. Und dann habe ich mir natürlich noch die neuen Alben von MORK und FLEURETY angehört.
Abgesehen davon, habe ich vor kurzem ziemlich viel alten schwedischen Death Metal in mich reingestopft. Frühe ENTOMBED, DISMEMBER, CARNAGE und so weiter.
Paul, könntest du dich unseren Lesern freundlicherweise vorstellen? Wie bist du zu Peaceville Records gekommen und wie bist du Chef von dem Laden geworden?
Meine Peaceville-Historie begann im Jahr 1994 in den Academy Studios. Ein Freund und ich hingen dort zufällig herum, als ANATHEMA gerade ihren Klassiker „Pentecost III“ aufnahmen. Dann tauchte noch Tomas Lindberg von AT THE GATES zusammen mit dem damaligen Labelchef und Peaceville-Gründer Hammy auf. Danach gingen wir alle noch in einen Pub und trafen ein paar der Jungs von MY DYING BRIDE. Ein ganz schön surrealer Tag für mein Teenager-Ich. Danach habe ich festgestellt, dass Hammy ganz bei mir in der Nähe wohnte und so bin ich immer direkt zu ihm gegangen, wenn ich neue Peaceville-Releases besorgen wollte. Manchmal gab es sogar noch ein Advance-Tape dazu.
Ich bleib also mit Hammy und seiner Frau Lisa in Kontakt und irgendwann im Jahr 1997 wurde die Band, in der ich damals spielte, von Peaceville unter Vertrag genommen. Zu der Zeit stand ich total auf „Brave Murder Day“ von KATATONIA und habe Hammy empfohlen, sie unter Vertrag zu nehmen, was er dann ja auch tat. Als er dann im Jahr 2000 jemanden suchte, der sich für ihn durch einen Stapel Demo-Tapes hört um brauchbare Bands zu entdecken, wandte er sich an mich, wahrscheinlich weil ich ihm damals den Tipp mit KATATONIA gegeben hatte.
Im Jahr 2006 ist Hammy schließlich in den Ruhestand gegangen und ich rückte nach. Seitdem kümmere ich mich um das Label, gemeinsam mit den Ladies und Gentlemen bei Snapper Music. Der Rest, so sagt man klischeehaft, ist Geschichte.
Wie würdest du Peaceville Records jemandem beschreiben, der noch nie etwas über das Label gehört hat, aber zumindest grundlegend vertraut mit Metal ist.
Kompromisslose, individuelle, üblicherweise extreme schwere und dunkle Musik. Musik mith großen schmutzigen metallischen Eiern, die du deiner Mutter wahrscheinlich nicht zeigen wollen würdest.
Kannst du dich an einen außergewöhnlichen oder erwähnenswerten Moment erinnern, der in deinen ersten Tagen bei Peaceville passierte und würdest du ihn mit uns teilen?
Erwähnenswert ist vielleicht, dass ich es lebendig aus der ständigen dichten Rauchwolke schaffte, welche durch die damaligen Büros waberte – soviel kann ich zumindest sagen, haha. Hammy hat sich gerne mal einen geraucht! Ansonsten erinnere ich mich nicht mehr an viele Einzelheiten, nur an die vielen Demo-Tapes, die uns damals erreicht haben. Digitale Übertragungen von Musik gab es damals noch nicht, nur ganze Stapel von Paketen!
Stimmt. In deinem letzten Interview mit metal.de vor fünf Jahren hast du erzählt, dass es eine deiner ersten Aufgaben war, durch so einen Haufen Demos durchzugucken. Hast du dabei eine spezielle Band entdeckt, die später bei Peaceville durchgestartet ist?
Ah, jetzt habe ich das mit KATATONIA leider vorweggenommen. Ja, da gab es schon ein paar gute Bands. Viele haben zwar nicht so richtig zu Peaceville gepasst, sind später aber bei größeren Labels durchgestartet. Von ihnen lag zwar keine Demo vor, aber ich erinnere mich, dass Hammy und Lisa damals überlegt haben, die norwegische Band FLEURETY unter Vertrag zu nehmen. Das hat allerdings erst vor kurzem geklappt und jetzt kommt ihr erstes Release nach knapp 20 Jahren zum dreißigjährigen Peaceville-Jubiläum heraus. Witzig, wie sich die Dinge manchmal entwickelt, genug Zeit und Chaos vorausgesetzt.
Wie war die Arbeit denn eigentlich damals im Jahr 2000, verglichen mit heute? Soziale Medien gab es ja noch gar nicht und ich vermute, dass euch noch einige Menge Briefe mit Bestellungen erreichten.
Soweit ich mich erinnere hatte ich zu Beginn nicht einmal einen Computer. Ich denke, dass ich damals einfach keinen gebraucht habe, denn ich habe ja nur Demo-Tapes sortiert. Auf die Hüllen habe ich handgeschriebene Notizen geklebt und der jeweiligen Band einen Brief mit meiner Einschätzung geschrieben. Dabei wollte ich hilfreich sein und ihre Musik konstruktiv bewerten, damit sie wenigstens ein bisschen Feedback bekommen, egal ob sie wollten oder nicht, hehe.
Und ja, klar, damals gab es noch keine sozialen Medien oder digitale Promos. Das war noch ziemlich Old School und inzwischen hat sich natürlich viel verändert. Briefe haben wir auch eine Menge erhalten, einige sogar von Häftlingen, die sich für unsere Musik interessierten. Die melden sich inzwischen komischerweise nicht mehr.
Für das letzte Interview mit metal.de hast du einige klassische Peaceville-Releases aus den ersten 25 Jahren kommentiert. Was denkst du, was für bemerkenswerte Releases in den letzten fünf Jahren dazugekommen sind?
Da kommt mir als erstes „Planet Satan“ von MYSTICUM in den Sinn. Es ist für mich eine große Ehre, dass dieses Album bei Peaceville erschienen ist, gerade weil ich schon vor fast 20 Jahren davon gelesen habe, dass es in der Mache sei und MYSTICUM schon immer eine meiner Lieblingsbands waren. Das neue Album enttäuscht tatsächlich nicht und ihre Live-Auftritte sind wahrlich etwas besonderes. Ehrend muss ich auch „A Umbra Omega“ von DØDHEIMSGARD erwähnen und natürlich auch BLOODBATHs letztes Album mit Nick Holmes, das im positiven Sinne wie verottet klingt.
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Stile | Black Metal, Death Metal, Doom Metal |
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