The Black Dahlia Murder
Trevor Strnad über das neue Album "Abysmal"

Interview

The Black Dahlia Murder

„Music can change the world because it can change people.“ (Bono) – Ja, manchmal verändert Musik einen Menschen nachhaltig. Wenn man sich eines kaum vorstellen kann, dann diesen gut gelaunten und gesprächigen Mann am anderen Ende der Leitung als introvertierten, unauffälligen und stillen Mitschüler, der in der hintersten Reihe sitzt, vor sich hin kritzelt, keine Ahnung hat, was er mit seinem Leben anfangen soll, und mit niemandem etwas zu tun haben will. Aber in diesem Fall gab es zum Glück zwei Dinge, die ihn unaufhaltsam veränderten: Death Metal und THE BLACK DAHLIA MURDER. „Eigentlich war es gar nicht mein Ziel, ein ‚Rockstar‘ zu werden. Von manchen Leuten hörst du, dass sie es von Anfang an so geplant haben – für mich war es einfach die Liebe zur Musik, die mein Leben nach und nach übernommen hat.“ Den Moment, als Metal Blade Records THE BLACK DAHLIA MURDER unter Vertrag genommen haben, beschreibt er als „kleinen Schicksalswink“: „Zu der Zeit dachte ich wirklich: Gott sei Dank! Bringt mich endlich raus hier!“

Gerade erst in Michigan aufgewacht, genießt Trevor Strnad, die Stimme von THE BLACK DAHLIA MURDER, laut eigenen Aussagen die kurze Ruhepause vor der weltweiten Tour für das neue Album „Abysmal„. Interviews per Mail gibt es bei den Jungs generell nicht – warum, zeigt sich am Telefon sehr schnell: Trevor wird seinem Ruf gerecht, ist sympathisch, offen, direkt und hat unglaublich viel Bock – er freut sich richtig! Er freut sich, dass die Musik und seine Band ihn so weit gebracht haben, er freut sich über jede Frage, jede Anmerkung und zeigt sich zudem kritisch – auch seinem Lebensweg und seinen Aufgaben gegenüber. Nicht jeder hätte so kurz vor dem Schulabschluss alles hingeschmissen, um mit seiner Band die Welt zu erobern, aber es hätte auch nicht jeder zugegeben, dass das im Nachhinein betrachtet vielleicht keine besonders kluge Entscheidung war. Aber Trevor hat viele Pläne und Hoffnungen für die Zukunft, er schaut nicht zurück: „Ich bin ziemlich glücklich hier – in der Metal-Welt. Durch THE BLACK DAHLIA MURDER fand ich meine Stimme, ich fand meine Stärke als Person und ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen als von der Musik umgeben zu sein, die mich schon die meiste Zeit meines Lebens begleitet hat.“

„Abysmal“ – die Arbeit am Album

Doch zurück zur jüngst veröffentlichten Scheibe: „Abysmal“ – Im Vorfeld waren die Erwartungen nicht nur hoch, auch der Name birgt ein gewisses Risiko. „Bei dem Titel sollte das Album besser wirklich gut sein – andernfalls wäre das ein ganz schöner Bauchpflatscher!“ Die ersten Reaktionen im Vorfeld sind durch die Bank positiv und auch hierzulande dürften sich die Fans gespannt darauf freuen, wie sich das neue Material live entwickelt. Es ist für die Band jedoch immer nicht nur eine große Party, sondern auch ein anstrengender Job, und es bedarf neben einer kleinen Portion Glück schon kontinuierlicher Arbeit, Begeisterung und einer Art ernstem Bewusstsein, um überhaupt erst an diesen Punkt zu gelangen. Drei Demos und sieben Studioalben in fünfzehn Jahren – sie haben es von Anfang an ernst gemeint, wollten Musik veröffentlichen, Fans begeistern und es einfach weiter bringen als nur über Michigans Stadtmauern hinaus. Dieser Nachdruck hat sich nicht nur ausgezahlt, die Band ist (auch mit neuen Mitgliedern) daran gewachsen. Natürlich sagt man immer, das neue Album sei das Beste, auch wenn sich das für den ahnungslosen Hörer manchmal leider nicht bewahrheitet. Aber wieso sollte man auch weitermachen, wenn man sich nicht ständig verbessern wollen und lieben würde, was man tut? Doch Trevor erzählt, dass das Gefühl schon zu Beginn des Album ein „anderes“ war, die Songs fühlten sich direkter an, dringender, und auch die Ideenfindung und Umsetzung haben sich wie von selbst ergeben und waren aufregend. Dabei entstehen die Songs prinzipiell immer auf die gleiche Weise: Brian oder Ryan (oder beide) schnappen sich ihre Gitarren und verschanzen sich an einen zurückgezogenen Ort, um die Songs zu schreiben. Dann folgt der Text: Was Trevor zu hören bekommt, ist eine Mischung aus Gitarren, Bass und Drums aus der Dose – es beginnt also alles mit einer hochwertigen Demo, für die er üblicherweise nur in Unterwäsche gekleidet Texte verfasst. Diese Vorgehensweise hat die Band nun schon seit langer Zeit, aber diesmal hat das neue Material andere Anforderungen und Vorgehensweisen mit sich gebracht. Die Tracks wurden direkter aufgenommen, man hat „live“ aufgenommen, anstatt es mit Pro-Tools zu übertreiben. Die Drums hatten dadurch eine gewisse Rohheit, die eine neue Energie und Würze verleiht. Erinnerungen an das erste Album werden wach, denn damals wurde es genau so gemacht und die Band hatte das Gefühl, dass sie zuvor lange versucht hat, diese Energie von damals zurückzugewinnen – aber bei „Abysmal“ gab es endlich wieder diesen „Aha!“-Moment, welcher die Truppe begeisterte: „Genau so hört sich unsere Band an!“

„Abysmal“ – das Ergebnis

Was nun die inhaltliche Ausrichtung von THE BLACK DAHLIA MURDER ausmacht, lässt sich schnell zusammenfassen: Horror – und zwar viel davon! Der Name ist bei „Abysmal“ daher selbstverständlich Programm und selbst das Cover gibt schon Hinweise auf den höllischen Inhalt – ein Merkmal, auf welches Trevor großen Wert legt, denn Ziel ist immer, das Artwork und die Lyrics so konform und todesmetallisch wie möglich zu halten. So handelt es sich bei „Abysmal“ zwar nicht explizit um ein Konzept-Album, aber viele Hinweise zu einem einheitlichen Thema gibt es dennoch: Die Hölle. Dabei ist jedoch nicht von der traditionellen Vorstellung des Christentums die Rede, sondern von der eigenen, ganz persönlichen Hölle, welche für jeden Menschen anders aussehen kann. Sowohl „Receipt“, der Titelgeber „Abysmal“ als auch „Stygiophobic“ handeln von eben diesen persönlichen Ängsten und Vorstellungen und dem Umgang damit. Dabei ist es der Band jedoch sehr wichtig, den Inhalt und die Musik nicht nur besonders morbide und gruselig zu gestalten, sondern trotzdem poetisch zu bleiben. „Mit Schockieren allein beeindruckt man heutzutage niemanden mehr – zumindest nicht in einer Welt, in der man bereits in jungen Jahren durch die allgegenwärtigen Themen wie Gewalt, Kriminalität und sexuelle Übergriffe abgestumpft wird. Wir wollen viel mehr erreichen!“

The Black Dahlia Murder

Aber eine Frage stellt sich dann doch: „Abysmal“ zeigt sich für THE BLACK DAHLIA MURDERsche Verhältnisse unerwartet eingängig – ist das Absicht? Lachend gibt Trevor zu: „Naja, wir haben schon versucht, etwas eingängiger zu werden. Aber ich kann dir versichern, dass wir niemals mit Cleangesang ankommen werden, das ist einfach nicht unser Stil!“ Das „guter Cop- / böser Cop“-Ding sei nicht so seins – bei diesem Kommentar verkneift man sich auch mal schmunzelnd die naheliegende Antwort, dass er die Show allein durch seine Screams und Growls schon selbst abdeckt. Aber es gibt auch musikalische Einflüsse, die Trevor gerne nennt: Neben All-Time-Must-Haves wie MEGADETHs „Rust In Peace“ und AUTOPSYs „Mental Funeral“, teilt er den musikalischen Geschmack der Band prinzipiell in zwei (zumindest überdeutliche) Sparten – schwedische und amerikanische Einflüsse. Erinnert man sich noch an die frühen Tage von THE BLACK DAHLIA MURDER, stolpert man vielleicht über Bandbeschreibungen mit den Worten „AT THE GATES-Klon-Band“, welche dank inzwischen eigenem Stil zwar glücklicherweise leise geworden sind, aber trotzdem noch regelmäßig gehört werden. Auch CARCASS, SACRAMENTUM und DARK TRANQUILLITY werden genannt, wohingegen Trevor für den modernen und eher „Heavy-Einfluss“ amerikanische Größen nennt, allen voran MORBID ANGEL. „Ja, THE BLACK DAHLIA MURDER ist im Prinzip eine Mischung aus dem, was wir selbst mögen. Wir sind immer noch eine Fan-Band! Ich meine, sieh uns an: Wie du weißt, sehen wir nicht gerade wie Wikinger aus. Wir sind im Prinzip ein großer Haufen Metal-Nerds, totale Metal-Fans und wirklich sehr glücklich, dass wir mit unserer Musik so viele Leute erreichen und glücklich machen können.“

Galerie mit 21 Bildern: The Black Dahlia Murder - Party.San Metal Open Air 2024
23.10.2015

The world is indeed comic, but the joke is on mankind.

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