M'era Luna 2016
Unser Bericht zum Festival

Konzertbericht

Billing: Gothminister, Chrom, Noisuf-X, Lacrimas Profundere, The Cassandra Complex, Oomph!, Diary of Dreams, Apocalyptica, Die Krupps, VNV Nation, Hocico, The Sisters Of Mercy, Rabia Sorda, Centhron, Combichrist, Beborn Beton, S.P.O.C.K, Zeromancer, Eisbrecher, In Extremo, IAMX und Within Temptation
Konzert vom 13.08.2016 | Flugplatz, Hildesheim-Drispenstedt

Sonntag, 14.08.2016

Der Sonntagmorgen beginnt mit einem verheißungsvollen Newcomer aus Norwegen: ESSENCE OF MIND. Bandgründer Erlend Eilertsen erinnert nicht nur optisch an APOPTYGMA BERZERK-Sänger Stephan L. Groth, auch musikalisch lassen sich durchaus Parallelen zu den Landsleuten erkennen. Leider nur mit einer extrem knappen Spielzeit von zwanzig Minuten ausgestattet und wenig Andrang vor der Bühne, können die aktuelle Single „Escape“, „Hate“, „No Place To Hide“ und „Wrong“ mit einem interessanten Stilmix aus elektronischen und rockigen Elementen Aufmerksamkeit erhaschen, der einen gewissen Eingängigkeitsfaktor bereithält, bisweilen aber auch etwas konfus und undurchdacht wirkt.

ME THE TIGER setzen anschließend sogar noch einen drauf. Treibend elektronisch melancholisch unterwegs, haut das im Jahr 2012 gegründete Trio aus Schweden bei seinem Auftritt alles raus, was geht. Vor allem Tobias Andersson, der fliegend zwischen Gitarre und Keyboard wechselt, drückt auch den letzten Tropfen Energie heraus. Sängerin Gabriella Åström bildet da fast schon einen Gegenpol, brilliert jedoch durch ihren hingebungsvollen Gesang. Fans von ausdrucksstarkem Elektro-Rock sollten diese Band definitiv auf dem Zett… ähm Smartphone haben.

Nachdem HOCICO schon am Vorabend ein erstes Mal den Hangar zerlegt haben, setzt Erk Aicrag mit seinem Solo-Projekt RABIA SORDA nun zum Zweitschlag an. Wie viele Bands an diesem Wochenende auch als Trio angereist, legen die furiosen Mexikaner mit dem neuen „King Of Wasteland“ los. Anstelle eines Keyboards ist im Vergleich zu letztjährigen Auftritten mal wieder ein Live-Schlagzeug dabei, was den Songs eine angenehm dreckige Note verleiht. Dementsprechend roher, aber auch durchschlagskräftiger sorgen „Radio Paranoia“, „Deaf“ und „Hotel Suicide“ für ausgelassene Stimmung. Platz für Stücke vom Debüt findet sich in der Setlist leider nicht, was angesichts der Klasse des genannten Silberlings extrem schade ist.

Galerie mit 11 Bildern: Rabia Sorda auf dem Mera Luna Festival 2016

AGENT SIDE GRINDER mühen sich daraufhin auf der Mainstage redlich, doch so richtig will der Funke bei den Schweden und ihrer eigenwilligen Mischung aus Electronica, Post-Punk und Industrial leider nicht überspringen – am überragenden Ausdruckstanzstil von Sänger Kristoffer Grip kann es jedenfalls nicht gelegen haben.

CENTHRON im Hangar setzten auf Altbewährtes: Stumpfer Auf-die-Fresse-Elektro mit definitiv nicht ganz jungendfreien Texten lädt zum „Sau raus lassen“ oder „Anti-Agressions-Tanzen“ ein. So richtig ernst nimmt sich die Band scheinbar nicht und genau das dürfte das Erfolgsrezept sein. Man will hier keine komplizierten Melodien und Texte zum Nachdenken – scheppern muss es! So kann man einfach zu Clubhits wie „Cunt“, „SexSexSex“ oder „Eisenfresse“ Aggressionen wegtanzen. Funktioniert hervorragend! Sehr sympathisch: Direkt nach dem gefühlt viel zu kurzen Auftritt verschwindet die Truppe nicht im Backstage-Bereich, sondern begibt sich zu ihren Fans für Autogramme und Fotos. Mehr davon!

Galerie mit 11 Bildern: Centhron auf dem Mera Luna Festival 2016

Auch auf der Hauptbühne geht es wüst zu: COMBICHRIST zerlegen gefühlte duzend Mal ihre Instrumente, sodass man in den ersten Reihen nicht sicher vor fliegenden Drumsticks, ja sogar fliegenden Teilen des Drum-Kits ist. Hier springt der Funke direkt von der ersten Sekunde an über – der Menge wird zwischen „Blut Royale“ und „This S*it Will Fuck You Up“ keine Erholungspause gegönnt. Frontsau Andy steht nicht mal für Fotos wirklich still und wirbelt mit dem Mikro über die Bühne als gäbe es kein Morgen. Mit „Maggots At The Party“ wird das energiegeladene Set beendet.

Galerie mit 6 Bildern: Combichrist auf dem Mera Luna Festival 2016

Obwohl BEBORN BETON-Sänger Stefan Netschio aufgrund mangelnder Artikulierung kaum zu verstehen ist, sind zahlreiche Anhänger der alteingesessenen Synthpop-Band vor die Bühne gekommen, um gemeinsam zu neuen („24/7 Mystery“) und älteren Schmankerl („The Colour Of Love“) das Tanzbein zu schwingen. Solide Angelegenheit, bei der es als Schlusspunkt mit „She Cried“ sogar noch einen Song von der kommenden EP zum Lauschen gibt.

Gleichermaßen viel zu bestaunen gibt es auch bei S.P.O.C.K., die den Weg von ihrer Sternenflotte hinab auf den Planeten Erde gewagt haben. Einheitlich in weiß gekleidet, nutzen die Mannen bereits den Soundcheck, um drei Songs nahezu komplett „anzutesten“. Zu Beginn des Sets ist die Stimmung auch direkt from outer space. Sänger Alexander „Android“ Hofman weiß die Menge zu unterhalten, sei es mit einer Keytar zum Opener „Borg“, lustigen Anekdoten über den Instagram-Account der Band oder einem wilden Wasserpistolengefecht. Dementsprechend ist die schwedische Flagge im Publikumbereich in Dauerbetrieb und auch eine Polonaise schlängelt sich durch den Hangar. Umso besser also, dass die Star Trek-Fetischisten an neuem Material arbeiten: „Live long and prosper“!

Vor drei Jahren aufgrund einer kurzfristigen Absage von IAMX noch als Last Minute-Billingzuwachs bestätigt und mit einem überraschend hoch frequentierten Auftritt belohnt, blieb ZEROMANCER derartiger Stress in diesem Jahr erspart. Allerdings wird der Soundcheck überzogen, sodass die Norweger mit leichter Verspätung auf die Bühne gehen. Die bei solchen Angelegenheiten vorprogrammierten Soundprobleme schlagen dann auch direkt zu Beginn bei „Auf Wiedersehen Boy“ zu Buche, bessern sich im Laufe des Gigs aber zu rockig-dreckigen Klangverhältnissen. Gut so, denn die Best-Of-Show („Need You Like A Drug“, „Sinners International“, „Dr. Online“, …) der SEIGMEN-Nachfolger hat auch nichts anderes verdient. Ganz an den Auftritt von vor drei Jahren reicht das diesjährige Vergnügen zwar nicht heran, viel gefehlt hat jedoch nicht.

Galerie mit 7 Bildern: Zeromancer auf dem Mera Luna Festival 2016

EISBRECHER kann man lieben oder hassen – aber man kann ihnen nicht vorwerfen, sie würden irgendetwas anbrennen lassen. 60 Minuten voller Power, Hits und taffer Sprüche – so kennt man die Truppe um den charismatischen „Checker“. Es gibt viel vom aktuellen Langspieler „Schock“ zu hören, unter anderem „So oder so“, „1000 Narben“ und „Himmel, Arsch und Zwirn“, gespickt mit einigen Perlen aus der Bandgeschichte wie „Verrückt“ und „Prototyp“. Traditionell beendet wird das Set mit dem Klassiker aus MEGAHERZ-Zeiten: „Miststück“.

Galerie mit 14 Bildern: Eisbrecher auf dem Mera Luna Festival 2016

Vom industrial-angehauchtem hin zum mittelalterlichen Rock – sofern IN EXTREMO dort überhaupt noch zu verorten sind. Sei’s drum, eine Show des Siebengespanns macht immer Spaß, was nicht allein an den musikalischen Qualitäten der Berliner Band liegt: Mit Lametta-Kanonen, zahlreichen Pyro- sowie Dampf-Effekten und einer eingespielten Mannschaft bieten die Herren auch Abwechslung für’s Auge. Gerade als sich die Sonne so langsam verabschiedet, servieren IN EXTREMO „Mein Rasend Herz“, legen mit „Feuertaufe“ und „Zigeunerskat“ nach, ehe „Vollmond“ für die erste richtige Gänsehaut sorgt. Um auch ihr neues Album angemessen zu berücksichtigen, werden direkt drei neue Songs am Stück serviert („Störtebeker“, „Quid Pro Quo“, „Sternhagelvoll“), nach denen mit „Küss Mich“, „Spielmannsfluch“ und „Liam“ vollends auf die Siegerstraße eingebogen wird. Immer wieder gut.

Galerie mit 22 Bildern: In Extremo auf dem Mera Luna Festival 2016

Wie bereits zuvor erwähnt, mussten IAMX vor drei Jahren ihren Auftritt krankheitsbedingt absagen. In diesem Jahr ist Chris Corner zurück und präsentiert sein audio-visuelles Projekt. In aufwendige, extrem dunkel angehauchte Kostümierungen gehüllt, zelebrieren die vier Musiker den einstündigen Auftritt im wahrsten Sinne des Wortes. Besonders stark: Von nahezu jedem Studioalbum sind Songs in der Setlist vertreten (Ausnahme: „Volatile Times“ (2011)). Nach den Zugaben „Your Joy Is My Low“ und „I Am Terrified“ ist es aber wieder soweit: Der Hangar schließt seine Pforten und das M’era Luna 2016 ist zumindest für diesen Teil beendet.

Galerie mit 5 Bildern: IAMX auf dem Mera Luna Festival 2016

Gut, dass auf der Hauptbühne noch der Headliner des zweiten Tages spielt: WITHIN TEMPTATION. Wie auch andere Bands alle paar Jahre immer wieder in Hildesheim vor Ort, erwarten viele lechzende Fans die optisch, wie auch stimmlich begeisternde Sharon Den Adel mit ihren Bandkollegen. Auf eins ist bei den Niederländern stets Verlass: Showtechnisch werden keine halben Sachen gemacht. Und wer mit einem der größten Hits der Bandgeschichte („Ice Queen“) das Set beginnt, sollte ohnehin keine großen Probleme haben. In diesem Jahr bezirzen darüber hinaus monumentale Videoleinwände, zahlreiche Zusatz-Instrumentalisten (Trommler, Streicher, …) und ein gewöhnungsbedürftiges „Black Sabbath“-Cover. Ebenfalls nicht immer mit von der Partie ist Gründer Robert Westerholt, der seine Gattin bei „Candles“ unterstützt. Finaler Höhepunkt neben den Zugaben „What Have You Done“ (grandios mit einem „Wir gehen noch nicht nach Haus“-Sprechchor eingeleitet) und „Covered By Roses“ ist aber sicherlich der Gastauftritt von Tarja Turunen (ex-NIGHTWISH) für „Paradise (What About Us?)“. So gehen wieder einmal zwei aufregende Tage voller Musik zu Ende (bei denen auch zukünftig die Musik hoffentlich weiterhin verstärkt im Vordergrund steht).

Galerie mit 19 Bildern: Within Temptation auf dem Mera Luna Festival 2016

Für die kommenden Ausgabe des M’era Luna wurden bereits die ersten Bands bestätigt: Am 12. Und 13. August 2017 werden u.a. ASP, SUBWAY TO SALLY, SCHANDMAUL, MONO INC., FADERHEAD, FEUERSCHWANZ, DARKHAUS, VERSENGOLD und UNZUCHT den Flugplatz in Hildesheim Drispenstedt beschallen. Wir sehen uns!

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03.09.2016

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2 Kommentare zu M'era Luna 2016 - Unser Bericht zum Festival

  1. W.W. sagt:

    Korrektur: „Nur ihr allein“ ist kein Stück des neuen Albums von In Extremo. Der Song war auf dem Album „Mein rasend Herz“.

  2. Richard Mertens sagt:

    Vielen Dank, da hast du natürlich vollkommen Recht. Ist korrigiert!