Stoned From The Underground
2011: Doomed & stoned unter freiem Himmel

Konzertbericht

Billing: Church Of Misery, Eyehategod, Jex Thoth, Karma to Burn, Lonely Kamel, Monster Magnet, My Sleeping Karma und Sungrazer
Konzert vom 2011-07-07 | Alperstedter See, Erfurt-Stotternheim

SAMSTAG

Nachdem uns die Sonne wie immer gegen neun aus den Zelten prügelte und danach der normale Festivalsiff durchlebt wurde, begab sich die eine Hälfte des Teams ins schöne Stotternheim in ein kultiges (Ost-)Restaurant. Hier gönnte man sich, wie auch etliche andere Stoned-Besucher („wieso denn bloß, wieso denn bloß?“ – ah richtig, das Festivalessen war ja „pfui, pfui“), lecker Essen und bewunderte dabei die von der Wirtin voller Stolz anhand zweier Fotoalben präsentierten Tischdekorationen der letzten dreißig Jahre. Der übrig gebliebene Rest trottete motiviert und mit Bier bewaffnet, teilweise frisch gebadet, auf das Gelände.

Die Cottbusser GRANDLOOM begannen den Samstag so, wie die letzten beiden Tage aufgehört hatten. Instrumentalsound à la KARMA TO BURN gemischt mit den verträumten Klängen von MY SLEEPING KARMA. Auf jeden Fall ein gelungener Auftakt für einen sehr superben Festivaltag, der dazu einlud, die ersten paar Kaltschalen des Tages auf der Wiese sitzend zu verköstigen.

Weiter geht’s im lustigen Grand Prix des Würstenrocks. From Athens, Greece: PLANET OF ZEUS. Wir verkneifen uns sämtliche Kalauer und Low-Niveau-Humor-Geschichten bezüglich der Situation um die Brüder und Schwestern im Südosten des Euroraums. Hier geht es um Musik und Spielfreude und genau das wurde in der prallen Mittagssonne zelebriert. Songs in bester Metal-Stoner-Manier, die sich stellenweise als wahre Ohrwürmer entpuppten. „Eat Me Alive“, „Something’s Wrong“ oder „Woke Up Dead“ hatten Hitcharakter. Mit mächtig Arschtritt, energetischer Bühnenbewegung und vor allem mit begeisterten Musikern. Der Funke sprang schnell aufs Volk über, angesichts der coolen Riffs, den locker-lässigen Soli, viel Groove, Prollfaktor und dem beschnauzten Sänger Babis kein Wunder. Da hat jemand bei den alten 70er Recken gespickelt, das Zeugs hart verwurstet und CLUTCH dürfte den Jungs wohl auch sehr bekannt sein. Sehr Southern und Rock n‘ Rollig das Ganze, mit ordentlich Dampf. Für uns eine der Entdeckungen des Festivals. Die schiere Freude der Musiker, der Hunger der Band auf „fuckin‘ GO“ war bemerkenswert. Die kommen auf den persönlichen Notizzettel, denn die können das, was sie tun!

Stoned From The Underground

Die Sonne glühte. Was ein grandioser, stilistischer Übergang – also rein textlich – denn jetzt: GLOWSUN aus Lille, Frankreich. Was soll man sagen, ganz im Festivaldresscode mit Karohemd und lässiger Pose präsentiert sich Gitarrist und Sänger Johan Jaccob. Ein eigens mitgebrachtes Hippie-Räucherstäbchen-Utensil im Sonnendesign sorgte für die ganz spezielle Wohlfühlatmosphäre auf der Bühne, die so erzeugte Stimmung übertrug sich bald auf das Publikum. Hinsetzen, Augen zu, Kopf nach unten, Sonne auf die Fontanelle brutzeln lassen und mitfliegen. Vom klassischen Stoner Rock geht’s mit langen Instrumentalphasen hin zu relaxtem psychedelischem Space Rock, vergleichbar mit den ganz alten(!) MONSTER MAGNET Scheiben, HAWKWIND oder ON TRIAL.

Stoned From The UndergroundLONELY KAMEL aus Oslo (bekannt für weite Wüstenlandschaften und Stoner Rock), erwarten wir aufgrund der zwei grandiosen Alben „Lonely Kamel“ und „Blues For The Dead“ voller Vorfreude. Retro-Blues-Stoner-Rock vom Feinsten, immer mit einer Huldigung an JIMI HENDRIX versehen, wird hier geboten. Spätestens seit Nuclear Blast GRAVEYARD gesigned haben, sollte allen klar sein, dass die Retrowelle gerade schwer am schwappen ist. So waren wir auch nicht die Einzigen, die sich wohl davor mit LONELY KAMEL auseinander gesetzt haben. Bei „Damn Your Hot“ und „I’m Your God“ sangen Stoner-Weibchen und -Männchen lauthals und textsicher mit. Mit der Kippe im Mundwinkel wurde bei „Don’t Piss On The Lizard“, „Stick With Your Plan“ und Weiterem bewiesen, dass die Rhythmusfraktion ihrer Arbeit, bei aller äußeren Gelassenheit, exakt und stimmig nachgeht. Steil. Thomas Brenna gab von der Bühne aus kund, dass sie „short of weed“ seien, was dann wohl als Aufforderung zu verstehen war. Und auch neben der Bühne gab es die ein oder andere LONELY KAMEL Impression.

So traf man den verdröhnten und verzweifelten Stian Helle an der Bierzapfanlage, welche gerade nicht funktionierte. Nach 10-minütiger Wartezeit gingen kurz ein paar Becher raus (beispielsweise an uns), aber leider nicht an ihn. Ganz gastgeberfreundlich überließen wir ihm ein Bier von uns und die Sonne ging für Stian wieder auf. Kinderaugenglanz; oftmals sind es dann doch die kleinen Dinge, die die großen Jungs glücklich machen. Doch gleiches gelang LONELY KAMEL dann auch mit uns. Denn der verpeilte T-Shirt-Verkäufer wollte letztendlich nur 20 Euro für seine zwei Shirts, auch wenn er davor noch für eines zwölf veranschlagt hatte. Fazit: Jetzt wäre für uns mal ein Clubgig wichtig, denn LONELY KAMEL fahren in einem kleinen, stickigen Laden sicher noch mal ne Runde intensiver rein.

Stoned From The UndergroundGegen halb sieben betraten die Holländer SUNGRAZER die Bühne. Ein Gewächs aus dem Hause Elektrohasch, das sich sowohl beim Sound von ROTOR bedient, gerne aber auch mal ein bisschen PINK FLOYD durchschimmern lässt. 70er-Jahre-Gesang, fuzziger Bass und ein clean-spaciger Gitarrensound laden zum Wandern durch fremde Welten ein. Letztes Jahr von uns noch als überraschend gute Vorgruppe von COLOUR HAZE gefeiert, wollte an diesem Tag der Funke allerdings nicht recht überspringen. Einerseits der durchgetaktete Zeitplan ohne klassischen Pausenfüller und dann Stoner, Stoner und nochmals Stoner. Man wusste nicht mehr welcher Stein auf den anderen gehörte. Die Ohren sehnten sich dann doch auch mal nach Ruhe, Black Metal oder Eurodance. Also, durchatmen, SUNGRAZER wird beim nächsten Clubgig nochmal genauer inspiziert. Versprochen.

Von wegen durchatmen! Nicht einmal im Ansatz, denn jetzt: CHURCH OF MISERY. Gleich vorab: das war das Highlight des Festivals, sowohl optisch als auch musikalisch! Da können EYEHATEGOD oder MONSTER MAGNET einpacken. Energie und nach vorn, mehr Energie und mehr nach vorn, auf der Bühne, vor der Bühne, Haare, Hass und wildes Gepose. Frontmaniac Neggy wirbelte wie der Beelzebub über die Bretter, gab sich aber zwischen den Liedern eher knilchig-knuffig, was dem Serienkillerkonzept keinen Abbruch tat. „El Padrino“, „Killfornia“, „Born To Raise Hell“ oder „Shotgun Boogie“, um nur ein paar Wahnsinnssongs zu nennen, knallten mächtigst, was die Dynamik von der Bühne eins zu eins auf das Publikum übertrug. Dabei hing die Axt des Bassers Tatsu Mikami wie immer knapp über dem Boden, sinnbildlich für den schweren, drückenden Mördersound: Worship the Riff. Wir schenken uns an dieser Stelle eine Stilbeschreibung und geben jedem(!) als Hausaufgabe auf: Auschecken, sowohl auf Platte als auch live. Diese Aggro-Sicko-Japaner sind Pflichtprogramm, wirklich!

 

Stoned From The Underground

 

Und nun, der offizielle Headliner des Festivals, welcher wohl auch den saftigen Tagesticketpreis von 46 Euro erklärt: MONSTER MAGNET. Dave Wyndorf, letztes Jahr noch ausufernd beleibt, präsentierte sich dieses Mal eher als komprimierter Kugelblitz in engem Lederjäckchen und hatte eigens einen Vasall zum Ventilator ein- und ausmachen angestellt. Scheinbar stabilisiert sich der ehemals drogenabhängige Fronter zusehends und stellte einmal mehr unter Beweis, dass er zu den ganz Großen gehört. Nun denn, die Gottväter des psychedelischen Stoner gingen mit großem Getöse und Selbstverständnis zur Sache, und sorgten wieder für viel Singalong unter dem anwesenden Volk. Viel Power („Look To Your Orb For The Warning“), viel Trip („Crop Circle“, „Powertrip“), Space, Echo, Delay und ausufernde Übergänge („The Right Stuff“), das soll wohl ein Ausrufezeichen sein: MONSTER MAGNET sind immer noch – oder wieder – da? Nach der Hälfte der Spielzeit war dann aber irgendwie die Luft raus, denn der anfängliche Enthusiasmus ging zwischenzeitlich flöten. Der übertriebene Gesangseffekt schliff sich dann doch ab. Gegen Ende bei „Spacelörd Massafagga“ war er aber wieder da, und wie!

Stoned From The Underground

Als letzte Band des Festivals betraten anschließend VIBRAVOID die Bühne, die mit abgespaced-britpopig-psychedelischem 70s-Acid-Rock versuchten, die Menge wieder runter zu holen. Das gelang, jedoch (bei uns) wohl nicht so wie von ihnen beabsichtigt. Sie waren amüsant anzusehen und unterschieden sich auch von den anderen Bands. Doch letztendlich hatten wir keine Lust auf ihren Sound und schwankten zum Campingplatz, um den Ohren die nun nötige Ruhe zu gönnen.

Als VIBRAVOID fertig waren, dröhnte jedoch (nicht unbedingt leisere) Musik und begeisterte Schreie zu uns. Also Bier leeren, ein neues für den Weg parat machen und auf zu DJ Walter ins Partyzelt! Das Zelt war voll, die Stimmung beeindruckend und die Musik laut, sehr laut. Egal ob CHEMICAL BROTHERS und darauf MOTÖRHEAD, beides wurde laut jubelnd abgefeiert. Die ach so entspannten Stoned From The Underground-Besucher können feiern, auch nach drei Tagen, zu durchaus später Stunde. Und auch die Angestellten der Bar stiegen das ein oder andere Mal auf die Theke, um die Hüfte zu schwingen. Ein paar verstreute Streuner versuchten sich dann noch ein Stoner-Weibchen zu angeln. Dynamitfischen am Abend ist ja quasi Festzeltprogramm, zumindest auf dem Wasen oder auf dem Oktoberfest. Trotz der Drolligkeit mancher von uns beobachteten Versuche können wir nur hoffen, dass das nicht jedem gelungen ist. Wie auch immer, der Großteil war mit Tanz, Rauchwerk und Getränk vollauf beschäftigt – good Vibes, good Folks.

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26.07.2011

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