Cthulhu - Extraterrana Cthuliana

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Die Erforschung unendlicher Weiten kann im Horror-Rollenspiel CTHULHU die Spielfiguren sehr schnell in den Wahnsinn treiben. Die Anthologie „Extraterrana Cthuliana“ widmet sich in fünf Szenarien jedoch gerade diesen gefährlichen Weltraumreisen.

„Extraterrana Cthuliana“ führt in unendliche Weiten

Klar, ein kurzer Blick in andere Dimensionen oder auf weit entfernte Planeten wurde schon ein paar Mal gestattet, aber diese Abenteuersammlung geht einen Schritt weiter. Einleitend sind mehrere Regeln und Anregungen für eigene Raumfahrtabenteuer enthalten, darunter auch Beschreibungen von Planeten und sternreisenden Völkern des Cthulhu-Mythos.

Solche Inhalte werden oft nur angedeutet. Doch genauso wie im zweiten Band der Spielhilfe „Malleus Monstrorum“ die Äußeren Götter und die Großen Alten des Mythos mit Spielwerten aufbereitet wurden, ist diese pragmatische Herangehensweise in „Extraterrana Cthuliana“ ebenso sinnvoll.

Im Band wird dargestellt, welche Zauber bei den interplanetaren Reisen hilfreich sind und auf welche Kreaturen man dabei treffen kann, allerdings ohne Werte für letztere anzugeben. Spätestens bei dem Hinweis, wie man nach den Regeln von PULP CTHULHU einen Raumanzug basteln und benutzen könnte, wird klar, dass es generell keine schlechte Idee wäre, die etwas actionlastigere Variante des Systems zu benutzen.

Eine verbogene Rahmenhandlung

Dies wird auch in den enthaltenen Szenarien deutlich. So wird „Schicksalshafte Zusammenkunft“ von Marcel Durer bereits in der Einleitung als „Dungeon Crawl“ bezeichnet, was bei CTHULHU eher selten zu lesen ist. Zwar ist es nicht so, dass die Spielfiguren sich durch Gegnerhorden schnetzeln, aber dieser erste Ausflug zu den Sternen könnte die Trefferpunkte schnell auf Null bringen.

Das ist nicht ungewöhnlich für dieses Horror-Rollenspiel, in dem zerbrechliche Charaktere ständig mit einem Fuß im Grab stehen. Allerdings sollen die fünf Szenarien in „Extraterrana Cthuliana“ auch als Kampagne spielbar sein. Diese Option ist allerdings nur mittelmäßig in den Band eingebaut und sorgt gelegentlich für Irritationen. Die Rahmenhandlung verbiegt sich vor allem bei den ersten drei Szenarien, um diese zusammenzuführen.

So enthält „Die wunderbare Welt des Archibald Willow“ von Christopher Beeke vorgefertigte Charaktere, die speziell auf dieses Szenario zugeschnitten sind. Auch passt das neuenglische Jahrmarkt-Setting nicht ganz mit dem deutschen Schauplatz Kamborn aus dem ersten Abenteuer zusammen. Insgesamt wird die Geschichte aber gut präsentiert. Der Jahrmarkt ist nicht das, was er zu sein scheint und kann offen erkundet werden, bis sich die Lage in einem herrlich verstörenden Fun-House zuspitzt.

Unter dem Meer und zwischen den Sternen

Charmant ist auch das Szenario „Nemo“ von Andreas Osterroth. Die Spielfiguren finden sich auf dem U-Boot eines Mannes ein, der sich Nemo Jr. nennt und behauptet von dem gleichnamigen Kapitän abzustammen, der aus dem Roman „20.000 Meilen unter dem Meer“ bekannt ist. Dabei nimmt die Geschichte ziemlich schnell Fahrt auf und einige überraschende Wendungen, die die Spielrunde schnell wieder auf den Kurs Richtung Sternenhimmel bringen. Das enge U-Boot-Setting sorgt jedoch auch für eine gewisse Filmhaftigkeit der Handlung und lässt wenig Freiraum.

„Schöne neue Welt“ von Oliver Adam versetzt die Spielfiguren direkt auf den Planeten Kvin, den sie frei erkunden können. Mit diesem Szenario kann man sehr viel Zeit verbringen, denn neben dem eigentlichen Plot hat der Autor eine gesamte Kultur mit Orten und Personen beschrieben, die Stoff für viele Szenen hergeben. Wunderbar pulpig ist die einleitende Illustration in der unter anderem die Charaktere mit Jetpacks über die staubige Planetenoberfläche düsen.

„Apotheose“ von Kaid Ramdani schließt „Extraterrana Cthuliana“ ab. In diesem eher kurzen und gradlinigen Szenario geht es voll und ganz darum, das Überleben und die geistige Gesundheit der Spielfiguren zu sichern. An Rand des Universums und des menschlichen Vorstellungsvermögens lässt dieses Abenteuer die Spielrunde einige bittere Pillen schlucken, macht mit seiner melancholisch-nihilistischen Stimmung aber auch einen gewissen Reiz aus.

Science-Fiction aus alten Tagen

Allen Szenarien gelingt es gut, die rustikale Science-Fiction-Atmosphäre von Pulp-Geschichten der 1920er und 1930er einzufangen. Hier geht es nicht um harte Weltraum-Fakten, sondern um wahnwitzige Erfindungen, die Mythen uralter Alien-Kulturen und um kosmische Magie. Dabei wurde im Rahmen der Anthologie auf Abwechslung geachtet und jedes Abenteuer kann durch eigene Ideen überzeugen.

Was nicht immer funktioniert, ist die hemdsärmlig zusammengeschusterte Rahmenhandlung der Kampagne. Offenbar wurden die Szenarien unabhängig voneinander geschrieben und erst nachträglich auf diese Weise zusammengefügt. Das einzige wiederkehrende Plot-Element ist ein Äußerer Gott, der als Gegenspieler fungiert. Das sorgt zwar für einen roten Faden, nur wirkt dieser eben notdürftig hineingestrickt. Am besten zu erkennen ist er in den letzten beiden Szenarien, da „Apotheose“ gut als Epilog zu „Schöne neue Welt“ funktioniert.

Das Unvorstellbare nimmt Form an

Zusammen denken diese beiden Abenteuer die Idee des Bandes am konsequentesten zu Ende: Die interstellare Reise bietet Raum für gute Rollenspiel-Momente, wenn auf fremden Planeten das Unvorstellbare Form annimmt. Die weiteren Szenarien sind mindestens solide gelungen und runden gemeinsam mit der allgemeinen Einleitung zu Weltraumreisen in CTHULHU den Band ab. „Extaterrana Cthuliana“ bietet somit Stoff für viele Spielabende und darüber hinaus.

Der Soundtrack für grausige Weltraumreisen: THE SPIRIT – Cosmic Terror / VEKTOR – Outer Isolation / NOCTURNUS A.D. – Paradox

Würfeln und blättern, statt lauschen und headbangen – In der Rubrik „Dice ‚em All“ stellen wir euch ausnahmsweise keine Musik vor, sondern Rollen- und Brettspiele.

21.08.2023

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