Furze - Necromanzee Cogent

Review

Was „Trident Autocrat“ nicht bis zum bitteren Ende durchgezogen hat, vollendet „Necromanzee Cogent“, das – soviel kann ich schon sagen – das mit Abstand durchgeschossenste Album ist, das ich in den letzten Jahren gehört habe. Psychedelisch ist gar kein Ausdruck, und sogar BLUT AUS NORD klingt noch harmonischer und songähnlicher als das, was Woe J. Reaper hier, über eine Strecke von über 70 Minunten, bisweilen seinen Instrumenten entlockt.

Aber langsam, eins nach dem anderen.
„Necromanzee Cogent“ enthält in den Titeln der sieben Stücke alles, was man zur Beschreibung und Erklärung dieses seltsamen, aber grenzgenialen (und grenzdebilen) Albums braucht. Der Opener „Seance“ startet mit einer Stimme, ich im ersten Moment nur Helge Schneider zugetraut hatte: tief, übertrieben, theatralisch und sogar ein bisschen albern. Düster wird sie erst, wenn die Gitarren und das herrlich rumpelnde Drumkit dazu kommen und klar machen, dass hier kein professioneller Klang zu erwarten ist, sondern unbearbeitete, authentische Proberaumatmosphäre. Die Riffs transportieren schlicht diese seltsam doomige, verstaubte Atmosphäre, wie sie vielleicht vor fast 40 Jahren in den heiligen Übungshallen von BLACK SABBATH geherrscht haben könnte, und das Schlagzeug wird nur akzentuierend eingesetzt.

Ohnehin ist der Vergleich mit BLACK SABBATH kein unpassender. Hätten die Herren damals, noch lange vor VENOM oder CELTIC FROST, den Black Metal erfunden, hätte er Ende der 60er Jahre genau so geklungen wie heute Stücke wie „For The Lust Of Darkness“, „Silver Starlight“ oder das geradezu alberne „Necrosaint Black Metal“, das zwar 100%ig Black Metal ist, aber eben mit einem Augenzwinkern. Mehr Programm können Titel nicht sein.
Die komplette Platte ist allerdings so: derart düster, zäh und schräg, dass man sie im Grunde nur angetrunken, im Liegen und bei Kerzenschein ertragen und verstehen kann. Auf das Verstehen würde ich mich allerdings nicht festlegen wollen, denn was an verzweifelt geschrieenen Texten rauszuhören ist, ist für Menschen mit einem gesunden, durchschnittlichen westlichen Menschenverstand nicht nachvollziehbar (nur als Beispiel: in „Fresh Tea“ – das hier allerdings nicht enthalten ist – geht es um Satan, den es bei seiner satanischen Arbeit sehr dürstet und daher nach einer Tasse frischen Tees gelüstet. Wenn das nicht innovativ ist!).

Wo wir schon bei Satan sind: den Höhepunkt des Albums, und wahrscheinlich des gesamten FURZE-Schaffens ist das siebte Stück, das 23-minütige (!) „Sathanas Megalomania“. Woe J. Reaper würde sagen: hier manifestiert sich das totale Furzement – und zwar in ambieten Klängen, wuchtigen Trommeln, Kirchenorgeln, schiefen Ritualgesängen, sporadischen halbverzerrten Gitarren, Fast-Forward-Samples, total überdrehtem Kreischgesang oder übersteuerten Hammondorgeln. Hier lebt, wie man schon aus der Beschreibung erlesen kann, der Geist einer vergangenen Zeit des Musikmachens, wo extreme Klänge auch noch extrem waren, und zwar in alle Richtungen. Das letzte Mal hat man sowas 1995 auf VED BUENS ENDEs „Written In Waters“ oder DOEDHEIMSGARDs „Kronet Til Konge“ gehört, auch wenn das noch weit eingängiger war als FURZE.

Da stimmt ausnahmsweise auch, was im Infozettel steht: „Necromanzee Cogent“ klingt wie Black Metal, der in 70er Jahren geschrieben und in den 90ern aufgenommen wurde. Und das, obwohl das Material und die Aufnahme keine acht Jahre alt sind. Mir ist bewusst, dass das alles andere als massentauglich ist, aber ich find’s einfach unheimlich, innovativ und geil!

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04.12.2006

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