Jethro Tull - Minstrel In The Gallery (40th Anniversary Deluxe Edition)

Review

Einig sind sich die Experten nicht über die Frage, welches der JETHRO TULL-Alben aus den 70ern nun wirklich das beste und rundeste ist. Nach den beiden ausufernden Prog-Epen „Thick As A Brick“ und „A Passion Play“ besannen sich die kauzigen Briten 1974 wieder auf kurze, auf den Punkt kommende Songs, was nur teilweise funktionierte: „Warchild“ hat seine Momente, ist jedoch in einigen Momenten zu oberflächlich und kompositorisch etwas schal geraten.

Der vierzigste Geburtstag von „Minstrel In The Gallery“ wird wie schon der der dirkten Vorgänger mit einem umfangreichen Deluxe-Paket gefeiert, und mit diesem Album dürften auch einige der Anhänger ihr persönliches Lieblinsgwerk der Band im neuen Gewand entdecken. Das 80-seitige Booklet enthält in ausführlichster Form die Entstehungsgeschichte dieses Klassikers, zahlreiche neue Fotos, die Texte, und Einblicke in die Arbeit des Re-Release-Projekts. Hauptakteur ist wieder Progrock-Vorsteher Steven Wilson, der es auch bei „Minstrel“ geschafft hat, den Basissound des Albums in Nuancen zu erweitern, ihm aber nicht seinen speziellen Charme genommen hat. Im Vergleich zum ersten CD-Remaster hört man 2015 jedes Detail von Barrimore Barlows Drums, auch die weichen und sanften Schläge, die in den luftigen Momenten der Scheibe noch eine weitere Dimension zu zaubern scheinen. „Minstrel In The Gallery“ ist ohnehin ein Werk von Gegensätzen, denn es ist sowohl die Tull-Scheibe mit der größten Dichte an akustischen Momenten, zugleich aber auch die, bei der Gitarrist Martin Barre am häufigsten die Hardrock-Wurzeln der Band von der Leine lässt.

Der eröffnende Titelsong ist sozusagen auch der Vorzeigesong der Scheibe, der in seiner Machart an eine weniger schnoddrige Version von „Aqualung“ erinnert. Der Einstieg in den Achtminüter ist sanft und folkig, im weiteren Verlauf wird das Tempo angezogen und es entwickelt sich eine reine Rock-Nummer mit progressivem Einschlag. Dem Gegenüber steht ein akustischer Klagegesang wie „One White Duck“, das im Verbund mit den fast schon melancholischen „0x10 Equals Nothing At All“ und „Requiem“ die Vielseitigkeit der Band unterstreicht. Auch das verträumte „Cold Wind To Valhalla“ mit seiner über Allem schwebenden Melodie betont die Einzigartigkeit der Band, und nicht nur bei „Black Satin Dancer“ sorgen Ian Andersons Flöte und Barres Gitarre für vertraute Deja-Vu-Erlebnisse.

Das 16-Minuten-Epos „Baker Street Muse“ betont dann wieder die ausufernde, künstlerische Ader der Band, bei dem Hardrock mit klassicher britischer Musik zu einem Werk vereint wird, das bis heute keine andere Band der Welt in dieser Form kreieren kann.

Bonus der Deluxe-Version ist eine CD mit einer Live-Show aus Paris aus dem Jahr 1975, zusätzlich gibt es das Ganze nochmal als DVD-Audio inklusive eines Performance-Vidoes des Titelsongs, und in einer 5.1-Abmischung.

„Minstrel In The Gallery“ ist eines der ganz großen Prog-Alben der 70er, dessen Stärken mit diesem Release nochmals ein klein wenig mehr betont wurden. JETHRO TULL selbst erreichten das Niveau in den Folgejahren zwar durchaus nochmal (mit zwei der drei FolkTrilogie-Alben Ender der 70er), epische und ausufernde Meisterwerke wie dieses hier schreibt man jedoch nur einmal pro Karriere.

08.05.2015

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