Kambrium - Synthetic ERA

Review

Soundcheck Juli 2021# 8 Galerie mit 23 Bildern: Kambrium - Metal Frenzy Open Air 2023

Daran, dass Konzeptalben bei KAMBRIUM zum guten Ton gehören hatte man sich ja praktisch schon gewöhnt. Die Ankündigung des Themas kam allerdings, nach dem atmosphärisch wirklich dicht umgesetzten historischen Maya-Konzept auf „Dawn Of The Five Suns“ ziemlich überraschend. Cyberpunk, eine dystopische Zukunft voller Neonlichter – eben die „Synthetic ERA“ soll es sein. Ein ambitioniertes Vorhaben, vor allem wenn man dabei nicht in den totalen Kitsch abdriften möchte. Aber bislang hatten die Niedersachsen ja immer ein gutes Händchen dafür, am schmalen Kitsch-Grat entlang zu balancieren, ohne dabei das Gleichgewicht zu verlieren. Die Erwartungen an Album Nummer fünf sind also durchaus hoch.

KAMBRIUM – Bleepige Synths im Neonlicht-L.A.

Auch eine Leistung irgendwie, nach vier Longplayern und 15 Jahren Bandbestehen nach wie vor als Newcomer gehandelt zu werden. Die Epic-Metaller aus Helmstedt nehmen es mit Humor und haben wieder mal ein thematisch geschlossenes Epos erschaffen, das mit knapp 70 Minuten Spielzeit einen neuen internen Rekord aufstellt. Cyberpunk und Metal passen dabei sicherlich ganz gut zusammen – immerhin haben auch ORDEN OGAN erst im März ein Album zu diesem Thema veröffentlicht. Das Universum von KAMBRIUM ist aber weniger klassische Science-Fiction, sondern erinnert eher an das Neonlicht-L.A. aus Blade Runner. Nicht ganz zufällig im Übrigen, wie uns Keyboarder und Hauptsongwriter Jan Hein im Interview verrät.

Die Gefahr dabei liegt natürlich auf der Hand, vor allem wenn der Keyboarder für den Großteil der Musik verantwortlich zeichnet: Eine zart schmelzende Käseschicht auf einfach allem. Und zugegeben, zunächst scheint sich diese Befürchtung auch zu bestätigen, man beachte nur einmal die arg bleepigen Synthesizer zu Beginn von „Cybernetic Overload“, die schon ein wenig Stirnrunzeln verursachen. Gewöhnungsbedürftig? Sicherlich! Aufgrund des Themas konsequent und letztlich auch stimmig? Absolut!

Macht man sich von diesen Bedenken frei, eröffnet sich ein zwar typisches, hymnisches und natürlich auch wie immer episches, aber eben auch düsteres KAMBRIUM-Album, das zwar die Trademarks der Band enthält und dennoch völlig anders klingt als sein Vorgänger. Die Gitarrenarbeit tritt ein wenig stärker in den Hintergrund, ist vielleicht effektiver, simpler, grooviger, statt immer auf die ganz großen Melodiebögen zu setzen. Die natürlich stark dominierenden Keyboards erinnern dabei einerseits an aktuell ja durchaus auch in der Metal-Szene schwer angesagten Synth Wave, andererseits aber auch an alte Computerspiel-Soundtracks à la CHRIS HÜLSBECK.

Die Anzahl an Hits ist zwar etwas geringer als auf „Dawn Of The Five Suns“, der geneigte Fan muss trotzdem nicht fürchten, dass es an eingängigen Chor-Refrains mangelt. Außerdem gibt es dafür zweifellos einen absoluten Überhit der Scheibe: „Nightly Beast Mode“. Das Ding klebt so unverschämt im Gehörgang fest, das ist fast schon unangenehm. Aber auch das hymnische „Nature Error 404“, das durch Ulli Perhonen (SNOW WHITE BLOOD) veredelt wird, deren Stimme übrigens hervorragend mit Karsten Simon und den Growls seines Bruders Martin harmoniert, kann voll überzeugen. Der überlange Titelsong benötigt zwar ein paar Durchläufe, zündet dann aber auch umso mehr.

Extrem stimmig und doch Geschmackssache – „Synthetic ERA“

Um eines klar zu sagen: An „Synthetic ERA“ werden sich die Geister scheiden. Nicht so sehr an der Musik an sich, denn die ist nach wie vor unverkennbar KAMBRIUM. Wer bislang Gefallen am epischen Melodic Death der Niedersachen gefunden hat, der sollte auch hier keine großen Schwierigkeiten haben. Das Thema mit seinen logischerweise eher futuristischen Synths bleibt aber einfach Geschmackssache.

Lässt man sich darauf ein, muss man Jan Hein und seiner Truppe bescheinigen, dass es ihnen erneut gelungen ist, ihr Händchen für die extrem stimmige Umsetzung eines großen Themas auszuspielen. Die Straßenzüge einer verregneten Blade-Runner-Szenerie ziehen ständig vor dem inneren Auge vorbei, lassen einen 70 Minuten kaum los. A propos – hier liegt letztlich dann auch die größte Schwäche der Platte. Denn zehn Minuten weniger Spielzeit hätten bei etwas strafferem Songwriting auch ausgereicht, um auf den Punkt zu kommen. Es bleibt aber so, wie irgendwie immer bei KAMBRIUM: Meckern auf verdammt hohem Niveau.

02.07.2021

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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2 Kommentare zu Kambrium - Synthetic ERA

  1. ClutchNixon sagt:

    Ekelhaft klebriger Caroline Reiber – Metal. Peinlich ist noch ein Euphemisms.

  2. Dor Leo sagt:

    Puh, Carolin Reiber….so drastisch würde ich es nicht formulieren aber ja für mich ist das auch nix. Ob Metal-Welt jetzt darauf gewartet hat, wage ich zu bezweifeln.