The Night Flight Orchestra - Amber Galactic

Review

Galerie mit 29 Bildern: The Night Flight Orchestra - Rengsdorfer Rockfestival 2023

THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA bittet mit „Amber Galactic“ wieder zum sexy Tänzchen bei nächtlichem Fluge. Also hinfort mit euch, Trauer und Trübsal. Hinfort auch mit euch, Zorn und Hass. Und macht hoch die Tür für einige der eingängigsten und geilsten Rock-Nummern dieses Jahres. Björn Strid, David Andersson und Co. haben den Hit-Faktor auf 11 hochgeschraubt und wollen euch beim heimlichen Tanzbeinschwingen erwischen. „Amber Galactic“ ist dabei noch einmal eine Stufe eleganter ausgefallen als sein Vorgänger.

Nach wie vor spielen die Herren melodischen, oft mit Synthesizern untermalten Rock, der mitunter auch den Geist von Funk und Disco atmet. Der hat seine großen Vorbilder jedoch zweifellos im US-Rock der Siebziger und Achtziger. Das bedeutet: große Melodien, große Riffs, große Synths und große Refrains, soweit das Ohr reicht. Die Band schämt sich dafür auch kein bisschen, sondern fühlt sich darin derart wohl, dass sie so richtig befreit aufspielen kann. Wer hierfür nicht aus dem Keller heraus gekrochen kommt, ist selber schuld.

Nachtflugverbot? Nicht mit Strid & Co.

Pech auch für Befürworter des Nachtflugverbots, denn das Nachtflugorchester lässt den offensiven Opener „Midnight Flyer“ ohne große Umwege steigen. Und hier macht sich direkt bemerkbar, was an „Amber Galactic“ so hervorragend funktioniert. Die Musik ist Strids Singstimme dermaßen gut auf den Leib geschneidert, dass man für die nächsten 50 Minuten glatt vergessen kann, für welche Kapelle der Mann normalerweise brüllt. Dieser glasklare, warme Sound schmiegt sich wunderbar an sein Organ an, während ihm die Songs haufenweise Steilvorlagen für überlebensgroße Refrains servieren, die in den Hirnwindungen hängen bleiben. „Sad State Of Affairs“ ist in dieser Hinsicht einfach nur göttlich, ebenso wie der Rausschmeißer „Saturn In Velvet“, der die Tanzfläche der Siebziger-Disco brennen lässt. Die Melodien sind allesamt eingängig, aber haben Charakter und verfallen nicht in plumpe Schemata.

Überhaupt ist der Umgang von THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA mit Melodien und Rhythmen ein virtuoser, ein gekonnter. Selten hat ein Album derart in sich stimmig geklungen wie dieses hier. Wie schon bei den Vorgängern gilt, dass Dreh- und Angelpunkt des Songwritings Strids variable Stimme ist. Diese beiden Elemente – Gesang und Musik – sind förmlich ineinander verschlungen. Man hat fast das Gefühl, dass Strid über die Wogen des musikalischen Ozeans gebietet, und dass dieser ihn umgekehrt nur so dahin trägt. Hier ist die Band einfach richtig gut aufeinander eingespielt. Das vermittelt ein Gefühl, das wirklich nur die wenigsten Alben zu vermitteln imstande sind.

Rock mit Herz, Charakter und Geschmack

Und dann sind da natürlich die Songs selbst. Die Hitdichte ist enorm, auch dank reichlich Abwechslung und technischer Finesse, die einem jedoch nie zu sehr aufs Brot geschmiert wird. Die Riffs sitzen wie maßgeschneidert: nicht zu straff, nicht zu locker. Zusammen mit dem Bass und den Drums haben sie diese wie locker aus dem Ärmel geschüttelte, technische Perfektion inne, die auch etwa STEELY DAN ausmachte. Die Synths holen indes aus jedem Song noch das Maximum an Stimmung und/oder Bombast heraus, ohne dick aufzutragen. Und jeder Track hat einen Refrain, den man umgehend mitsingen kann, weil die Gesangsmelodien einfach so geschmeidig in die Songs eingearbeitet sind und durch die Backing Vocals nochmals verstärkt werden.

Auch in puncto Songwriting lässt man sich nicht lumpen und bietet reichlich Abwechslung. So stellt „Star Of Rio“ seine afroamerikanischen Einflüsse offen zur Schau, besonders im Gospel-Einschub nach der zweiten Strophe, der sich wie selbstverständlich in den Song einfügt. MOTHER’S FINEST lassen herzlichst grüßen. Unterdessen taucht das Solo von „Sad State Of Affairs“ aus der ruhigen Bridge auf, nur um dann meisterhaft auf den Wellen des Songs zu reiten. Für die Fans des rockigeren „Internal Affairs“ gibt es die offensiven Rocker wie „Midnight Flyer“ und „Space Whisperer“. Für Verfechter der sanfteren aber nicht minder treibenden Gangart sind „Domino“ und „Josephine“ zur Stelle. Hier ist einfach für jeden etwas dabei.

Dazu hat der Sound dieses eigenartig sonnige Feeling. Nicht durchweg süßlich allerdings, sondern – wie bei einem guten Drink auch – mit dem gewissen Etwas versehen. Die Gegenwürze quasi, die erst die Geschmacksexplosion im Mund auslöst. In diesem Falle ist es ein leichter Schuss Melancholie, der wie eine frische Brise in der sonnigen Hitze wirkt. Es schmeckt und erfrischt. Plötzlich wird das Feierabendbier zum Mojito, der heimische Orkus zur Riviera, wahlweise auch zum cheesy Seventies-Disco-Raumhafen.

THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA bringen den Soundtrack für den Sommer

Und wenn selbst die Balladen, vor allem „Jennie“, über sämtliche Zweifel erhaben sind, kann man den Herren eigentlich nur zu „Amber Galactic“ gratulieren. THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA setzen sich über den angestaubten Retro-Rock hinweg. Statt stocksteifer Reproduktion holt die Band das Maximum aus seinen Vorbildern heraus und hat dabei den Spaß ihres Lebens. Das Ergebnis ist nicht weniger als sensationell und steht dabei vollkommen eigenständig dar. Das Tragen einer Retro-Fanbrille ist für den erfolgreichen Genuss nicht notwendig. Es ist ein Album, in das man einfach so einsteigen kann und das einen über Monate hinweg bestens unterhält. Diese Energie lässt selbst nach dem x-ten Durchgang nicht nach.

„Amber Galactic“ zeigt eine Band, die ihren Status als „Nebenprojekt bekannter Musiker“ weit hinter sich gelassen hat, und das derart überzeugend, dass das Namedropping zur reinen Formalität verkommt. Mehr noch: Es besiegelt diesen Schritt mit dem sprichwörtlichen Knall. Das hier ist Urlaub für die Ohren, wie man ihn besser kaum bekommen kann. Nix mit Gefrickel, nur geiler Rock zum Abgehen und Feiern. Oder einfach nur zum Genießen. Funktioniert beides bestens.

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11.05.2017

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

Der metal.de Serviervorschlag

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20 Kommentare zu The Night Flight Orchestra - Amber Galactic

  1. Yussuf Mayer sagt:

    Hiiiieeelfe…..die Scheibe wird von Euch unter der Rubrik Rock eingeordnet! ABBA waren dagegen Crustmetal! 10 von 10 Punkten, Ihr seid WAHNSINNIG, trinkt weniger Alkohol, nehmt weniger Drogen und hört Euch die letzte SLAEGT noch einmal gut an!
    Liebe Grüße, Yussuf

    2/10
  2. SaGi sagt:

    Ich hab es auch noch nicht begriffen, warum die Band überall in den Himmel gelobt wird.
    Rock ist es allerdings schon, auch wenn das verlinkte Video auf etwas anderes schließen lassen könnte.
    Und wo du sie erwähnst, ja, die Slaegt spielt sowas in Grund und Boden. Und noch einiges andere Aktuelle auch.

    5/10
  3. Doktor von Pain sagt:

    Ich fand die bisherigen beiden TNFO-Alben schon richtig gut, das neue kenne ich noch nicht. 10 Punkte wären mir die vorigen beiden Outputs nun nicht wert gewesen, doch jeweils ’ne solide 8 bestimmt. Aber wie man an den Kommentaren vor meinem sieht: Wenn eine Band irgendwo von Kritikern über den grünen Klee gelobt wird – ob „berechtigt“ oder nicht -, gibt’s immer irgendwen, der unbedingt dagegen sein will. Das war schon immer so.

    1. SaGi sagt:

      Hat ja nichts mit „unbedingt dagegen sein“ zu tun.
      Die Venenum wird auch überall hoch gelobt und ich würde es jederzeit unterschreiben.
      Bei TNFO erschließt sich mir die Begeisterung aber nun mal nicht.
      Ich werde sie mir Pfingsten mal live ansehen. Vielleicht springt dann ja der Funke. Bis dahin finde ich das allerdings ziemlich seicht und unspektakulär.

  4. Chris sagt:

    Omg… Sind wir hier bei disco.de???

    3/10
    1. Doktor von Pain sagt:

      Ja, ja, das wurde hier schon zigmal durchgekaut. „Nee, hier darf doch nix stehen, was auch nur einen Zentimeter von der Metal-Norm abweicht!“ Langsam wird das oll.

      1. Chris sagt:

        Doch darf es, sehr gerne sogar!!!
        Aber 10/10 Punkten…
        Eds mal echt!

  5. HH7 sagt:

    Song 1: Midnight Flyer… Ich hab den schon gehört… im Radio… vor ein paar Wochen… und jetzt… Gott sei Dank!!! Ich hab ihn gefunden *schwitz*!!! WoW!!! Gänsehaut!!! 70ger, 80ger, 90ger und das nächste Jahrtausend vereint euch, verbeugt euch vor diesem Song!!! 10 Punkte? Allein dieser Song ist 10 + X Wert!!! Es ist meiner Meinung nach der beste Rocksong, den ich seit Jahren gehört habe… zum Thema Metal und metal.de… Es ist Sch… egal ob Rock, Metal oder sonst irgendwas… Hauptsache es fetzt, macht Laune, geht ins Blut…. Verdammt, Hauptsache es ROCKT!!! Auch ABBA waren verdammt geil und werden zeitlos geil sein… Sogar Ghost haben Abba gecovert… I´m a Marionette… hört euch mal diesen zeitlos geilen prog-Rock-Pop-Song an… Das ist Musik!!!
    The Night Flight Orchestra sind eine absolute Überraschung für mich, erinnern mich an die Vergangenheit, ja an die guten alten Zeiten, in denen wir dankbar waren, wenn so eine Scheibe raus kam. Einfach mal dankbar sein!!!
    10 von 10 weil hier wirklich alles stimmt!!!
    Große Melodien, große Riffs, große Synths und große Refrains, soweit das Ohr reicht… siehe oben… mehr gibt es dazu nicht zu sagen…
    Verdammt was steckt hier alles drin… Kiss, Whitesnake, Journey, Foreigner, Rocky Soundtrack und noch vieles mehr!!!
    Bin einfach nur absolut begeistert!!! Platte des Jahres – verdächtig!!!

    10/10
    1. Zott sagt:

      So sieht’s aus. Zeitlos geniale Rockmusik.
      Der Sommer ist gerettet !!!

    2. Rainer sagt:

      So sieht es aus !!!

      10/10
  6. Der Uffe sagt:

    Hab die letzte schon abgefeiert ohne Ende und was ich von amber galactic bisher gehört habe klingt ähnlich fett! Jetzt nur noch mit David Hasselhoff zusammen auf Tour und das ich dreh durch

  7. Sascha Jankowski sagt:

    Die Platte macht Laune! Großartiger 80er Rock mit Sendungsbewußtsein, der nicht ins alberne abgeleitet. Das Video zu „Something Mysterious“ unterstreicht, ebenso wie das Cover Artwork und die fantastische Coverversion des Mick Jagger Songs „Just another Night“ die 80er Jahre Ästhetik. Retro to the max. Nichts für Metal Puristen, eher was für Nostalgiker und Leute, die in den 80ern schon gerne Rock Musik gehört haben. I love it.

    10/10
  8. metalfreak sagt:

    Der hype hier ist wirklich schwer zu verstehen momentan polarisiert keine scheibe dermassen von 2 bis 10 punkten hat man alles schon gelesen aber auch im rockhard und metalhammer vorne dran im soundcheck da ichs mehr mit powermetal und doommetal und progressivmetal habe gaebe ich auch nach vielfachem anhoeren nicht mehr als 6 points hoert richtigen underground metal wie need oder psycrence

    6/10
    1. Doktor von Pain sagt:

      Auf jeden Fall hast du es nicht mir Satzzeichen und Großschreibung.

      1. metalfreak sagt:

        wir in suedtirol sprechen auch italienisch und englisch

        6/10
      2. Justus sagt:

        Hoffentlich besser als deutsch.

    2. Doktor von Pain sagt:

      Und deshalb reicht es bei jeder Sprache nur für 33% der Ortographie? Na gut.

  9. Chris sagt:

    Top Album! Macht einfach Laune

  10. Chris sagt:

    Punkte vergessen…

    10/10
  11. Hellgore sagt:

    10 von 10 halte ich für etwas übertrieben. Dafür sind mir die Anleihen zu sehr auch im Bereich des „abkupferns“ der großen Heroen, die TNFO hier huldigen. Das ist aber auch der einzige Kritikpunkt, den ein Rockmusik-Fan an diesem Album haben kann. Ab ins Auto, alle Fenster auf und Anlage auf Anschlag – und jeder in der Stadt der zuhört feiert mit 😀 ein Ohrwurm nach dem anderen.
    Und den Schubladen-Nazis sei gesagt: Ohne Rockmusik dieser Gangart gäbe es auch keinen Metal. Ich dachte, diese Ankackscheiße hätte die Szene längst überwunden. Werdet erwachsen, zieht den Kopf aus den Schubladen, schnappt euch ne Flasche gutes Bier und hört über eure bisherigen engstirnigen Horizonte hinaus. Ihr werdet sonst viel gute Musik verpassen…

    9/10