Rage
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Interview

Die deutschen Power Metal-Urgesteine von RAGE melden sich pünktlich zum 25-jährigen Jubiläum mit einem brandneuen Album und einer anstehenden Tour zurück. Der Dreier legt mit „Strings To A Web“ einen weiteren Beweis ab, dass mit RAGE noch immer (oder immer mehr) zu rechnen ist und Drummer Andrè Hilgers ist mir Rede und Antwort zu meinen brennenden Fragen gestanden.

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Hallo Andrè, danke, dass du dir Zeit für mich und meine Fragen nimmst. Wie geht es dir zurzeit?

Hallo Mathias, danke auch! Ja, es geht mir sehr gut. Der Studiostress ist hinter uns und wir haben ein geiles Album aufgenommen. Was will man mehr? Jetzt sind wir an der Tourplanung für nächstes Jahr dran, es wird also nie langweilig. Irgendwas passiert immer.

Seit Ende 2006 bist du ein fixer Bestandteil von RAGE. Die Jungs sind ja schon seit 25 Jahren unterwegs und gehören zu den Power Metal-Fixsternen im deutschsprachigen Bereich. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen und wie fühlt es sich nach drei Jahren an, für RAGE zu spielen?

Es war sehr klassisch, wie wir zusammen gekommen sind. Peavy kannte ich schon lange aus diversen Lokalitäten. Victor (Anm. Red.: Smolski, Gitarrist) hat vor Jahren mal den Gesang von DC für ein SILENT FORCE-Album produziert. Mitte 2006 habe ich mit AXXIS auf einem Festival in Spanien gespielt und die Jungs waren auch dort. Da wir uns kannten, haben wir alle abends zusammen gehockt und nett was getrunken und dann das Hotelrestaurant unsicher gemacht. Da kommt man dann ins Gespräch und ich hab mich für ein Solo-Projekt von Victor angeboten. Tja, und zwei Wochen später klingelt das Telefon. Er bot mir an, zwei Songs für den Nuclear Blast Allstar-Sampler zu spielen. Daraus wurden fast alle Songs und er hatte eine geile Möglichkeit, meine Fähigkeiten im Studio zu testen.

Danach boten die Jungs mir den Job bei RAGE an. Ich sollte die Suite für eine Probe üben. Die haben wir dann auch eine Woche später gespielt und gleich noch zwölf weitere Songs. Damit hab ich wohl getrumpft. Desweiteren ist es jetzt nach drei Jahren ein tolles Gefühl. Ich hab verdammt viel gelernt und wir sind ziemlich gut zusammengewachsen, kennen uns noch besser und sind ein gutes Team geworden. Jeder hat seine Parts, um die er sich geschäftlich kümmert. Es funktioniert bestens.

Der Vorgänger „Carved In Stone“ dürfte eines der erfolgreichsten Alben von RAGE in kommerzieller Hinsicht geworden sein. Für dich war es quasi dein RAGE-Debüt. Was denkst du im Nachhinein, mit ein bisschen Abstand, über das Album? Inwieweit konntest du dich damals in punkto Songwriting einbringen?

Ich denke, dass wir damals alles richtig gemacht haben. Wir wollten auf „Nummer Sicher“ gehen. Keine übertriebenen Songs drauf packen, sondern uns auf das Wesentliche konzentrieren. Victor hat sich damals sehr geil auf mich und meinen Stil eingestellt. Das ist der Vorteil, wenn man einen Musiker in der Band hat, der so etwas kann. Ins Songwriting hab ich mich insofern eingebunden, dass ich trommeln durfte was ich wollte. Victor und ich haben die kompletten Drum-Arrangements zusammen gemacht und diese auch geprobt. Viele Bands gehen ins Studio und produzieren irgendwas, was hinterher nicht live reproduziert werden kann. Wir arbeiten da komplett anders, da wir als Trio auf der Bühne stehen und uns nicht verstecken können. Bei uns hört man jeden Fehler und das muss man bei einer Produktion berücksichtigen.

„Strings To A Web“ wird nun das neue Album heißen. Was können eure Fans von der neuen Platte erwarten?

Eine absolute Dampframme! Wir sind total stolz auf das Ergebnis. Es war schon immer mein Traum mit Charlie Bauerfeind (Anm. Red.: Produzent) zu arbeiten und dieses Mal hat es auch funktioniert. Es hat viel Spaß gemacht, mit Charlie aufzunehmen. Er weiß, was er macht und ist nach langen Diskussionen über den Sound auch über seinen eigenen Schatten gesprungen. Wir wollten nicht diesen typischen Drumsound haben und haben sehr viel Wert auf natürliche Sounds gelegt. Es war eine reine Material Schlacht. Jeden Song neue Felle, teilweise zwei neue Snares pro Song. Am Ende hat es sich gelohnt und ich würde nix dran ändern wollen.

Gitarrentechnisch hat Vic wiedermal alle Register gezogen und gezeigt was er kann. Letztendlich ist es ein geiles Bandalbum geworden, was man auch hört. Wir wollten an „Unity“ anknüpfen und finden sogar, dass wir es getoppt haben. Das macht uns stolz und wird den Fans hoffentlich genauso gut gefallen wie uns. Ich hab nach langem Hören keinen schwachen Song entdeckt und finde, dass es durchwegs das einzige Album meiner Karriere ist, wo es so war. Auf „Strings To A Web“ ist kein Lückenfüller, nur geile Songs.

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Beim Durchhören der Platte bekam ich den Eindruck, dass es sich hierbei um ein Konzeptalbum handeln könnte. Liege ich da richtig?

Nein, es gab kein wirkliches Konzept. Wir haben versucht viele Gesichter von RAGE auf das Album zu packen und auch wieder ein bisschen die Trickkiste ausgepackt. Ich bin der Meinung, dass für jeden Geschmack etwas dabei ist.

Die „Metal Meets Classic“-Schiene wurde auf „Strings To A Web“ nur bedingt fortgesetzt. Wie hat der Songwritingprozess für das Album ausgesehen? Wie können wir uns das vorstellen?

Na ja, es befindet sich immerhin ein 17-minütiger Song auf dem Album, den wir zusammen mit dem Lingua Mortis Orchester eingespielt haben. Victor war vorab in Minsk und hat viele Parts aufgenommen. Die verschiedenen Songs haben wir dann hinterher zusammengesetzt. Der Prozess war ziemlich simpel und effektiv. Vic und Peavy haben sich zweimal getroffen und Riffs und Melodien ausgetauscht. Mir gaben sie auch die Möglichkeit, ich wollte mich aber dieses Mal auf das Wesentliche konzentrieren und habe eher an den Arrangements mitgearbeitet, Textideen zu „Hellgirl“ beigesteuert und so weiter.

Die Songs sind unmittelbar vor der Studiosession entstanden. Wir haben alles bis ins Kleinste geprobt, sind somit perfekt vorbereitet ins Studio gegangen. Jeder kannte seine Parts und hat sie eingespielt. Am Ende war es die schnellste Produktion, die wir je gemacht haben. Victor und Charlie haben das Album in fünf Tagen mischen müssen. Das ist Weltrekord in der heutigen Zeit und das Ergebnis ist einfach nur genial.

Welche Gedanken stecken hinter dem Albumtitel „Strings To A Web“?

Keine bestimmten, der Text ist eher als Wortspiel gedacht. Letztendlich ist der Albumtitel ja fast immer ein Songtitel und wir fanden diesen am passendsten. „Strings To A Web“ ist der neue Instrumental-Song auf dem Album, also ähnlich wie bei „Unity“. Darauf haben wir dann auch das ganze Coverartwork angepasst. Ich bin der Meinung, dass alles passt und Thomas Ewerhard hat auch wieder einmal gezeigt, wie geil er ist. Es macht immer wieder Spaß, mit Ihm zu arbeiten.

Hast du einen Favoriten auf dem Album?

Einfach alle! Aber am meisten natürlich „Hellgirl“, weil Sam (Anm. Red.: Andrès Nachwuchs) die Möglichkeit hatte, sich stimmlich schon einzubringen. Ich habe Ihr Geschrei persönlich im Wohnzimmer aufgenommen und das war total lustig. Aber auch „Into the Light“ und „The Edge of Darkness“, wo ich mich darauf freue, sie live zu spielen. Und natürlich wieder der Orchester-Song. Zumal er für uns alle musikalisch über jeden Zweifel erhaben ist.

Das Album wird Anfang Februar via Nuclear Blast erscheinen. Was können die Fans danach in punkto Tourneen, etc. von euch erwarten?

Eine satte Tour natürlich! Wir haben schon den ersten Part der Tour fertig und arbeiten an weiteren Dates. Es wird nächstes Jahr eine lange, auf mehrere Parts verteilte, Tour geben.

RAGE, AXXIS, SILENT FORCE, usw… Du hast ja beinahe für jeden bekannten Power Metal-Act schon einmal die Drumsticks geschwungen. Wie vereinbarst du das mit deinem Terminkalender und wie bist du zu diesen ganzen, tollen Engagements gekommen?

Mittlerweile beschränkt sich das Ganze eigentlich auf RAGE. AXXIS hat sich erledigt und mit SILENT FORCE machen wir nicht wirklich viel. Somit kann ich mich voll und ganz auf mich, RAGE, meine Workshops und den Unterricht konzentrieren. Das war auch der Plan. Ich mach lieber eine Band mit ganzem Arsch, anstatt mehrere mit halbem oder gar keinem. Das Ergebnis zeigt mir, dass ich Recht habe. Wobei ich Studiojobs natürlich immer noch gerne übernehme. Das ist nicht so zeitintensiv und eine schöne Arbeit, aber die Priorität liegt ganz klar bei RAGE.

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Anfang des vergangenen Jahres habt ihr ja beim Bundesvision Song Contest von Stefan Raab teilgenommen und gleich Platz 3 mit „Gib Dich Nie Auf“ für Nordrhein-Westfalen eingefahren. War es ein überraschender Erfolg für euch? Hat er euch karrieretechnisch Aufwind gegeben? Und haben manche, evtl. alteingesessene Fans negativ darauf reagiert? War es eure Idee oder war eure Plattenfirma dafür verantwortlich?

Letztendlich war Victor dafür verantwortlich. Er hatte den Kontakt zu Brainpool. Nuclear hatten überhaupt nichts damit zu tun. Uns hat es Spaß gemacht, das zu machen und unsere Teilnahme war allein schon ein Sieg. Schließlich haben wir (wenn auch in Deutsch) den Metal kurz in die Glotze gebracht und direkt den dritten Platz gemacht. Das zeigt doch nur, dass die Szene gar nicht so klein ist und wir haben mit Qualität überzeugt. Es ist doch geil und war super lustig, dass nachher die Jungs von POLARKREIS zu uns kamen und Autogramme haben wollten. Wir sind stolz, es gemacht zu haben und ich hab nicht eine negative Stimme dazu gehört. Wir haben die Halle anständig gerockt, leider kam das im Fernsehen nicht so rüber. Wir kannten fast alle Techniker vor Ort, da viele auch auf Metal-Festivals arbeiten und am Monitorpult hingen NRW-Fahnen. Am Ende wollte uns die Crew beim Soundcheck wegen technischer Probleme (die es gar nicht gab!) nochmals spielen lassen, weil sie unsere Performance so geil fanden. Das macht uns als Musiker brutal stolz, dafür arbeitet man ja auch so hart!

Backstage saßen die Fahnenträgerinnen bei uns und SUBWAY TO SALLY. Wir hatten eine kleine Metal-Ecke um uns geschart und hatten viel Spaß. Man hat zwar gemerkt, dass sich andere Künstler den Dreck unter dem Fingernagel nicht gönnten, sobald die Kamera aber an war, gab es Party [lacht]. Als wir von unserem Auftritt zurück ins Zelt kamen, sind aber alle aufgestanden und haben geklatscht, was bei den Bands untereinander zuvor eigentlich nicht der Fall war! Wir haben als echte Band viel Respekt gespürt und das war ein schönes Erlebnis. So etwas kommt nicht oft vor!

Wenn ihr auf Tour geht, solltest du eigentlich den Großteil eures Backkataloges spielen können und der ist in den letzten 25 Jahren ganz schön umfangreich geworden. Warst du schon zuvor Fan der Gruppe und wie kann ich mir das vorstellen, wenn du dir Songs auf die Schnelle aneignen musst?

Das sollte ich nicht nur, sondern ich kann es auch! Ich bin genauso wie viele Fans damals in der ersten Reihe gestanden. Somit war es ziemlich einfach, da ich fast alle Songs schon kannte. Wenn ich was üben muss, setz ich mir den Kopfhörer auf, setz mich an meine Kit und spiele. Große Probleme hatte ich bis jetzt nicht.

Das Jahr 2009 liegt schon wieder ein knappes Monat hinter uns. Wie hast du es durchlebt und empfunden?

In Anbetracht der Tatsache, dass ich dieses Jahr Papa geworden bin, natürlich phänomenal. Die kleine Maus ist das erste RAGE-Baby in 25 Jahren Bandgeschichte! Sie heißt Samantha Pearl und der Song „Hellgirl“ ist nur für sie geschrieben worden. Und das schon bevor sie auf der Welt war! Wer kann mit sechs Monaten schon behaupten einen eigenen Song gehabt zu haben? Ansonsten hatten wir dieses Jahr 25-jähriges Jubiläum und haben viele geile Shows gespielt. Dieses wird dann auch wieder als Spezial-Edition in Form einer Wacken-DVD beiliegen.

Was hast du dir für das relativ junge Jahr vorgenommen?

Ich würde gerne endlich einmal in Südamerika spielen. Und das sieht verdammt gut aus! Des Weiteren hoffe ich, dass unseren Fans das Album gefällt und alle es kaufen und nicht einfach nur downloaden! Das Geschäft wird dadurch immer härter. Keine CD-Verkäufe, keine Tour, keine neue CD und so weiter. Das ist der Kreislauf. Ganz wichtig ist natürlich auch, dass wir alle, inklusive unserer Familien gesund bleiben.

Vollende bitte folgende Sätze:

RAGE bedeutet mir…
sehr viel, da es tierischen Spaß macht.
Ich bin zur Musik gekommen, weil…
meine Tante damals mit einem Musiker zusammen war.

Eine persönliche Frage zum Abschluss: Hast du Angst vor Spinnen ;-)?

Angst nicht, vielleicht etwas Ekel, das kommt ganz auf die Größe an. Aber es sind interessante Tiere und ziemlich wertvoll, was den Mückenalarm vor meinem Fenster betrifft. Auf jeden Fall sehr fleißig, was ihren Spinnennetzbau betrifft. Ich muss die Scheiße im Sommer dann immer von meiner Terrasse entfernen, das nervt!

Die letzten Worte gehören natürlich auch noch dir…

Ich wünsche allen Fans da draußen alles Gute und ein hoffentlich gutes 2010. Bleibt gesund und kommt uns auf Tour besuchen. Gläser hoch und „keep the metal flame alive“.

Danke, Andrè!

Ich danke dir!

Galerie mit 20 Bildern: Rage - Rockharz Open Air 2024
24.01.2010

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