Devin Townsend Project - Ghost

Review

Galerie mit 21 Bildern: Devin Townsend Project auf dem Summer Breeze Open Air 2017

Die Quadrilogie kommt zu ihrem Schluß, und damit gut vier Jahre Arbeit, die Devin Townsend wohl genauso stark gefordert wie sie ihm neue Lebensqualität beschert haben. Dem Alkohol und den Drogen hatte er endgültig abgeschworen, einer Selbstfindungs- und Orientierungsphase folgte ein – so muss man das heute zusammenfassen – wahrhaft ungeheurer Ausbruch von Kreativität. Mit „Ghost“ findet das DEVIN TOWNSEND PROJEKT nun zu seinem Ende, und scheint vor allem für eines zu stehen: Vollkommenheit.

Im Vergleich zu den anderen Alben ist es wohl auch das überraschendste. Als eine Art Antithese zu seinem metallischen Werk vereint Townsend hier die ruhigsten Momente von „Ki“, „Terria“, „Oceanmachine“ und teilweise auch „Synchestra“. Vor allem das „Terria“-Prinzip kommt hier zur erneuten Anwendung: Stille als Musik.
Geprägt wird „Ghost“ nicht durch dominante, harte Gitarren, sondern vor allem durch akustische Klänge. Eine besondere Rolle nimmt dabei das Spiel verschiedener Holzblasinstrumente, insbesondere der Flöte, durch die mehrfach Emmy-ausgezeichnete Musikerin Kat Epple. Kein bloßes Accessoire, wie man in den ersten Takten von „Fly“ noch denken könnte, sondern eines der Kernelemente eines Albums, welches Townsend selbst als das Ruhigste und Schönste seiner Karriere bezeichnet hat. Nahezu märchenhaft gerät das überlange Stück „Feather“, langsam pulsierende, musikalische Schwingungen und am Ende das Glockenspiel – oder „Infinite Ocean“ mit Besen und überhaupt sehr zurückhaltendem Schlagzeug. Taktgeber auf „Ghost“ ist eher der innere Herzschlag der Musik.

Es ist vor allem die leisere Produktion, ohne Kompressionsschäden, ohne wall-of-sound. Man höre nur „Monsoon“, beinahe purer Ambient, der nur noch durch „Devlab“ und „Hummer“ an Ruhe und Gelassenheit übertroffen wird. Reverbs, Hall-Effekte und Loops sorgen für die einzigartige, schwerelose Atmosphäre, die „Ghost“ zu einem Album mit meditativem Charakter werden lassen, ohne dabei zu Hintergrundgeplätscher oder esoterischem Geschwurbel zu werden. Damit wird der Kreis zu „Ki“ geschlossen, aber während das erste Werk der Quadrilogie sozusagen die Bühne bereitete und eine eher ungewöhnliche Kollektion von Songs war, ist „Ghost“ ein Fluß, eine stetige Verbindung, Balance und Ausgeglichenheit.

Der Fluß wird selbst dann nicht unterbrochen, wenn Townsend zur Mitte des Albums die zugänglichsten Stücke präsentiert: das Titelstück und „Blackberry“, beides schöne Duette mit der noch kaum bekannten Sängering Katrina Natale. Gerade letzteres sticht mit dem Banjo als gefälliger Country Popsong heraus, wobei man beiden Songs attestieren kann, dass sie wohl die abgerundetsten im eigentlichen Sinne sind, und wohl auch die einzig single- oder bühnentauglichen. Mit Abschlägen gilt das auch für „Texada“, auch wenn dieser schon wieder viel enger mit seinem Umfeld verbunden ist.

Im Forum seiner Website schrieb er einst zu „Hummer“: „it’s not for everybody“. Das könnte auch für „Ghost“ zutreffen, denn wer mit Devin Townsend vor allem das wahnsinnige Metalgenie verbindet, wird es schwer haben, sich auf dieses ganz besondere Werk einzulassen. Nach den Experimenten von „Ki“, dem Ausflug in kommerzielle Gefilde von „Addicted“ und der Selbstrekonstruktion von „Deconstruction“ erscheint „Ghost“ aber tatsächlich als das fehlende Bindeglied, nicht nur für die Quadrilogie sondern für Devin Townsends gesamte Diskographie. Es ist nicht das, was das Album zu erzählen hat, sondern wie es das tut, was „Ghost“ so interessant macht. Der Kreis ist geschlossen, ein neuer Tag kann beginnen.

So ganz stimmt das mit dem Abschluß übrigens doch nicht. Aus ein paar Überbleibseln, die zur Zeit unter dem Namen „Drench“ und „Fall“ durchs Netz geistern, sind inzwischen soviele geworden, dass im September noch das Addendum „Ghost 2“ veröffentlicht wird. Sozusagen ein Doppelalbum zum Doppelalbum.

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14.07.2011

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