Sear Bliss - The Arcane Odyssey

Review

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Nach langen Jahren harter Arbeit und zahlreichen großartigen Alben ist der Vertrag mit Candlelight Records für SEAR BLISS die Gelegenheit, endlich die Anerkennung zu finden, die die Band verdient hat. Die bisherigen Plattenfirmen haben nämlich unglaubliches Talent bewiesen, die Ungarn vor der Öffentlichkeit zu verstecken. Angesichts von Alben wie „Forsaken Symphony“ ein fast noch größeres Kunststück als Nuclear Blasts Fähigkeit, aus jedem noch so halbgaren Machwerk einen kommerziellen Erfolg zu machen. Mit den Briten soll nun also alles besser werden, und ich würde es der Truppe wirklich von Herzen gönnen. Bevor ich „The Arcane Odyssey“ zu hören bekam, hatte ich mir folgerichtig auch schon zurechtgelegt, wie ich die Scheibe über den grünen Klee loben könnte, um meinen klitzekleinen Beitrag zum Erfolg des Albums zu leisten. Denn Zweifel an der Klasse des neuesten Werkes konnte es eigentlich nicht geben.

Die Realität traf mich unvorbereitet. „The Arcane Odyssey“ ist nicht großartig. Die Scheibe ist nicht mal gut genug, um mich als Anhänger der Band zu einer milde kritischen, aber insgesamt dennoch positiven Rezension zu animieren. Nein, hinter Euphemismen kann und will ich mich hier nicht verstecken: „The Arcane Odyssey“ ist angesichts der Geschichte der Ungarn (und meiner Hoffnungen) ein Schlag ins Wasser und wird mit hoher Wahrscheinlichkeit den Titel als herbste Enttäuschung des Jahres nicht mehr abgeben. Zum wohl wichtigsten Zeitpunkt ihrer Karriere veröffentlichen SEAR BLISS ihr uninspiriertestes Album.
Sicher, nach „Glory and Perdition“ war mit einer weiteren Entwicklung hin zu kompakteren, gitarrenlastigen Liedern zu rechnen. Ein so massives Album wie „Forsaken Symphony“ kann man nicht ein zweites Mal aufnehmen, daher macht die Neuorientierung wohl Sinn. So ist das Problem gar nicht so sehr das weitgehende Fehlen der Keyboards und der damit einhergehende Wandel im atmosphärischen Charakter der Musik. Das Problem ist vielmehr, dass der Metal aus dem Hause SEAR BLISS immer charakter- und richtungsloser wird. Konzentriert man sich auf flotten, eingängigen Black Metal, dann läuft die Sache noch halbwegs rund, da gibt es schöne Melodien und ein paar wirklich gelungene Momente. Doch BM allein scheint den Herren zu langweilig zu sein, und so gibt es jede Menge anderes Zeug zu hören, das weder passt noch sonderlich einfallsreich daherkommt. Etwas Thrash gefällig? Wie wär’s mit einer ganzen Wagenladung? Dazu noch etwas zahnloser MeloDeath aus Schweden? Und ein paar schlappe Hard-Rock-Soli? Aber klar doch, immer her damit! Desweiteren ein paar supersimple Riffs, denen ich aus Respekt vor der Band weder Genre noch Zielgruppe zuordnen will – fertig ist die SEAR-BLISS-Suppe anno 2007, die vieles hat und die nach gar nichts schmeckt. In Anbetracht der neuen Vielfalt ist es beinahe logisch, dass die Stücke heuer einfacher gestrickt sind und insgesamt der Fuß deutlich vom Gas genommen wurde. Zusammen mit dem Zurückfahren der Keyboards ist der Truppe so das Geheimnisvolle abhanden gekommen, das fesselt und das man ergründen, in das man eintauchen will. Immerhin gibt’s die Bläser noch, möchte man sagen. Schließlich sind die das Markenzeichen der Band. Wobei wir auch schon bei einem weiteren Problem wären: sie wirken tatsächlich nurmehr wie ein Markenzeichen, bereichern jedoch die Stücke nicht so, wie man das von älteren Alben gewohnt ist. Der Einsatz der Bläser scheint sehr schematisch, geplant, überraschungsfrei, stellenweise gar erzwungen. In erster Linie ein „sales point“, erst danach eine musikalische Bereicherung.

„The Arcane Odyssey“ ist – das muss man so direkt sagen – ein langweiliges Album einer Band, die ihre musikalische Orientierung verloren hat. Oder die auf einmal andere Prioritäten setzt. Die Wahl der Erklärung überlasse ich dabei dem Zynismus des Lesers. Unabhängig von den Gründen kann (und muss) ich aber festhalten, dass die Ungarn mit Stücken wie „Omen Of Doom“ einen Karrieretiefpunkt erreicht haben. Diese billige Mischung aus RAMMSTEIN und Swing passt vielleicht auf den Soundtrack zu „Ocean’s Nineteen“, auf einer Scheibe von SEAR BLISS ist derlei jedoch mehr als nur bitter.

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05.10.2007

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3 Kommentare zu Sear Bliss - The Arcane Odyssey

  1. stendahl sagt:

    Die Enttäuschung, hätte nie gedacht, dass diese großartigen Ungarn, die so gut waren wie Puskas, Czibor und Hidegkuti einst im Juni, so nachlassen würden, zahnlos, harmlos, schwächelnd. Überproduziert, weich, nix BM, dabei stelle ich gar nicht Eriks Ansprüche, was Purismus angeht; ein wenig Zucker ist mir ja recht;-)

    5/10
  2. blackchest sagt:

    Ich kann dem Review und dem oberen Kommentar in jeglicher Hinsicht eigentlich nur widersprechen, denn SEAR BLISS präsentieren mit diesem Album einmal mehr ein kompaktes, sehr atmosphäres Stück…ja, Black Metal? Nein, ich würd’s eher Dark Metal nennen. Denn die Band ist tatsächlich etwas ruhiger geworden, was der Grundstimmung aber keinen Abbruch tut, ganz im Gegenteil sogar. Die Songs sind stimmig und auch der Einsatz der Hörner ist bewusst, klingt bedrohlich, majestätisch…und in Verbindung mit den Vocals kalt und magisch, nichtsdestotrotz allerdings auch anziehend. Das Album zieht in seinen Bann. Als besondere Highlights würde ich vielleicht die ersten drei Songs benennen, aber auch "Somewhere", mit seinem verträumten Pianoeinsatz zur Hälfte des Songs ist einfach nur grandios. Dies ist kein Album für Puristen, aber Musikliebhaber, die der "dunklen Seite des Metals" nicht abgeneigt sind, kommen an diesem Werk nicht vorbei.

    9/10
  3. Anonymous sagt:

    Also so übel find ich das Album auch nicht. Sicher, es ist keineswegs so erhaben, wie die vorigen Releases, aber von "schlecht" doch deutlich entfernt. Man sollte auf jeden Fall vor dem Kauf intensiv reinhören, denn von einem musikalischen Meisterwerk wird man hier nicht überrascht werden…. deshalb vorsicht!

    7/10