Pink Floyd
Rough Guide von Toby Manning

Special

Pink Floyd

Mit der zweiten Ausgabe des Rough Guides aus dem Heel-Verlag kommt dieses Konzept erst richtig in Fahrt. Die Protagonisten der beinharten Detailanalyse sind diesmal PINK FLOYD, nach den ROLLING STONES schon die zweite englische Kultband mit den Wurzeln in den 60er-Jahren. Toby Mannings Buch ist besser und interessanter zu lesen als der Vorgänger von Sean Egan, weil PINK FLOYDs Biografie mehr Erzählenswertes hergibt und ihre Diskografie interessantere Alben über eine längere Zeit enthält. Meiner Meinung nach jedenfalls.

Die Stärke des Rough Guides, der übrigens im 7″-Format gedruckt ist und sich demnach ganz gut im Plattenschrank macht, ist seine inhaltliche Dreiteilung. Nach einer kurzen Einleitung, die die wesentlichen roten Fäden der Veröffentlichung verdeutlicht, nimmt der erste Teil („Die Story“) rund die Hälfte des mit Anhang etwa 300 Seiten starken Buches ein. Manning unterteilt die Geschichte von PINK FLOYD in sechs Phasen, wobei er den Schwerpunkt klar auf die ersten zwanzig Jahre legt. Dabei wird dem Leser schnell und anschaulich klar, wie organisch sich die Entwicklung dieser Band vollzog. Aus den relativ planlosen, aber charmanten und hübschen jungen Kunststudenten entwickelte sich eine Band, die sich in erster Linie durch ihr anspruchsvolles, sehr kreatives Konzept auszeichnete. Aus den Heroen des künstlerischen Londoner Undergrounds der Mittsechziger, nach einer Vielzahl äußerst psychedelischer, experimenteller Gigs, schmiedete der Produzent Norman Smith auf der ersten Aufnahme eine gezähmte, in Bahnen gelenkte Band und ein Album namens „The Piper At The Gates Of Dawn“.

Von hier an reißt Manning den Leser mit in eine turbulente Geschichte: er schleift ihn durch irreale LSD-Trips, lässt ihn Teil haben am „Summer of Love“ des Jahres 1968 und an Syd Barretts rasantem Abstieg in Drogenprobleme und Depressionen. Der Autor erzählt anschaulich, wie sich Barretts Nachfolger David Gilmour zum kreativen Kopf der Band aufschwang, und wie Roger Waters zum Ende der Siebziger zu einem manischen Konzeptdiktator – aus einer fast krankhaften Medien- und Gesellschaftskritik heraus – wurde, bis er die Band verließ und eine Solokarriere startete. Spätestens ab hier geht Manning mit der verbliebenen Band, ihren lethargisch-verworrenen und von Geltungssucht geprägten kommenden 15 Jahren, und auch mit Waters hart ins Gericht. Sicher zurecht kritisiert er die von einem gewissen Größenwahn geprägten Showkonzepte der Band, die allerdings trotzdem stets beeindruckende Multimedia-Ereignisse waren. Auch die schwächeren Alben werden stets objektiv und ehrlich ihrem verdienten Urteil zugeführt – genau wie andererseits die Bedeutung der großen Werke, „The Wall“ und vor allem „Dark Side Of The Moon“, mit Recht unterstrichen wird.

Die Persönlichkeiten hinter den Musikern, die diese stets aristokratisch-kühl zu verbergen versuchten, beschreibt Manning keineswegs als Sympathieträger. So sind PINK FLOYD in erster Linie eine Band, bei der Design offenbar vor Gefühl ging, und die dadurch – gerade in den Siebzigern, zu progressiv-verkopft wirkte. Das ist besonders deshalb schade, weil die Musik PINK FLOYDs mit einer gelösteren, emotionaleren Komponente meiner Ansicht nach noch viel interessanter wäre. Das wird auch im zweiten Teil des Buches („Die Musik“) deutlich, in denen Manning die 50 besten FLOYD-Songs und anschließend alle Veröffentlichungen (auch die Soloprojekte der Mitglieder) im Detail vorstellt: der Schwerpunkt allen Lobes gilt hier klar den ersten zehn Bandjahren, die Syd Barretts wahnsinniger Genius prägte.

„Floydology“, Teil drei des Buches, zählt als Zeugnis bewundernswerter, penibler Recherchearbeit alle Filme der Band, Bücher und Websites zum Thema und auch eine Reihe von Tribute-Bands und Kuriositäten auf. Am Stück sind diese Seiten kaum zu lesen, ohne dass einem vor Ermüdung die Augen zufallen. Als Nachschlagewerk eignet sich diese Materialsammlung trotzdem fabelhaft, auch aufgrund der klaren Formulierungen und des wachen Geistes, mit dem Manning beurteilt. So ist dieses Buch insgesamt ein hervorragend ausgearbeitetes, von wissenschaftlicher Präzision geprägtes Werk, dem in puncto Informationsdichte und auch -revelanz so schnell nichts Konkurrenz machen wird. Mannings Schreibstil ist angenehm und klar, er schweift selten (und wenn, dann berechtigt) von seiner Linie ab und hat es geschafft, PINK FLOYD so lebendig darzustellen, wie es einem Außenstehenden möglich ist. Definitiv eine Veröffentlichung, mit der man sich ein Psychedelic-Rock-Basiswissen anlesen kann. Hut ab.

Der Rough Guide „Pink Floyd“ ist im Heel-Verlag erschienen und kostet 14,95 Euro.

28.02.2009

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