Amorphis
Interview mit Gitarrist Tomi Koivusaari zu "Skyforger"

Interview

Wie schnell doch die Zeit vergeht. Irgendwie ist für mich Tomi Joutsen immer noch der neue Sänger von AMORPHIS, dabei stieg der gute Mann bereits 2005 bei der Band ein und ist nun mit dem aktuellen Werk „Skyforger“ bereits auf drei Alben der Finnen zu hören. Dieses zeigt die Band wieder einmal in bestechender Form, ohne allerdings größere Überraschungen zu bieten. Das macht angesichts der hohen Qualität von „Skyforger“ überhaupt nichts, bekommt doch hier der Fan genau das geboten, was er/sie will. Wir sprachen mit Gitarrist Tomi Koivusaari.

Amorphis

In der Vergangenheit waren die aufeinander folgenden Alben von AMORPHIS teilweise doch radikal verschieden. Seit der Verpflichtung von Tomi Joutsen als Sänger scheint es mir, als ob eure Veröffentlichungen mehr gemeinsame musikalische Bestandteile miteinander teilen. Worin siehst du selbst die Unterschiede zwischen eurem neuen Album „Skyforger“ und den direkten Vorgängern „Silent Waters“ und „Eclipse“?

Ich denke, sie bilden zusammen eine Art Trilogie, sowohl musikalisch als auch lyrisch. Einer der Gründe, weshalb sie sich auch aus musikalischer Sicht sehr ähneln ist natürlich der Umstand, dass wir zum ersten Mal in der Karriere von AMORPHIS auf drei aufeinander folgenden Alben das gleiche Line-Up haben. Früher hatten wir teilweise nicht einmal zwei Alben mit demselben Line-Up.

Meiner Meinung nach ist „Skyforger“ raffinierter, verfeinerter als seine Vorgänger. Der Sound ist dynamischer, die Songs sind besser arrangiert, und das Album wirkt mehr als ein Ganzes. Auch der Gesang von Tomi ist breiter gefächert als zuvor. Auf „Eclipse“ testeten wir noch, wozu wir imstande sind, auf „Silent Waters“ begannen wir damit, das große Bild zu bauen, und auf „Skyforger“ scheint es, als ob alle Teile nun zusammenfinden. Ich denke, wir haben nun mit diesem Album endgültig etwas gefunden, wonach wir all die Jahre gesucht hatten.

Alle diese drei Alben entstanden im selben Studio, im Sonic Pump Studio. Haltet ihr es nach dem Spruch „Reiße niemals ein eingespieltes Team auseinander!“? Über welchen Zeitraum verliefen die Aufnahmen?

Wir hatten keine Gründe, das Team radikal zu ändern. Das Sonic Pump ist ein sehr nettes Studio, mit gutem Equipment, ziemlich in der Nähe von da, wo wir leben. Außerdem gibt es auch eine Sauna mit Lautsprechern, wodurch wir in der Lage sind, unsere Aufnahmen in der Sauna anzuhören! Auch kennen wir die Jungs ganz gut, welche darin arbeiten, wie Nino Laurenne (THUNDERSTONE, Anmerk. d. Verf.) und Timo Tolkki (Ex-STRATOVARIUS, Anmerk. d. Verf.), teilweise sogar noch aus unserer Kindheit.

Es war auch wieder großartig, zusammen mit Marco Hietala (NIGHTWISH, TAROT, NORTHERN KINGS, Anmerk. d. Verf.) zu arbeiten, welcher wieder den Gesang produziert hat, er ist wirklich ein musikalisches Genie. Auch Mikko Karmila hat viele unserer Alben in der Vergangenheit gemischt oder auch aufgenommen, er weiß also exakt, was wir wollen. Das einzige, was wir änderten war, dass unser langjähriger Livesound-Techniker uns dieses Mal aufnahm, und er wollte uns genauso aufnehmen, wie er es Live tut, ohne Equalizer, Kompressoren usw.

Für die Aufnahmen benötigen wir in der Regel immer zwischen zwei und drei Wochen, so lief es auch dieses Mal.

Wovon handeln die Texte auf „Skyforger“? Steckt ein Konzept hinter dem Album, hat es wieder etwas mit der Kalevala zu tun?

Die Texte basieren auf der Kalevala. Auf „Eclipse“ ging es um Kullervos Geschichte, auf „Silent Water“ um die Geschichte von Lemminkäinen, und auf „Skyforger“ widmen wir uns der Geschichte von Ilmarinen. Es gibt also drei verschiedene Charaktere, Geschichten der menschlichen Natur auf dieser „Trilogie“. Es ist eine Geschichte auf dem Album, aber die Texte funktionieren auch jeder für sich, auch wenn man die Kalevala nicht kennt. „Skyfoger“ kann man meiner Meinung nach als eine Metapher betrachten, über menschliche Ambitionen, Hoffnungen, Enttäuschungen.

Die meisten eurer Alben handeln lyrisch von der Kalevala. Wie wichtig ist die Kalevala für Finnland generell, und wie wichtig ist sie für AMORPHIS sowie dein persönliches Leben?

Als ich zum Beispiel noch zur Schule ging, MUSSTEN wir einiges aus der Kalevala lernen, da es natürlich ein großer Teil der finnischen Mythologie und Kultur ist. Zu dieser Zeit war es für mich das langweiligste überhaupt, ich denke, die meisten Kinder und Jugendliche denken auch heute noch so darüber.

Aber als ich älter wurde, interessierte ich mich dafür auf andere Art und Weise, natürlich auch über den kulturellen Aspekt, aber auch, dass es grundsätzlich ein Buch über menschlichen Geist ist. Keine Geschichten über Drachen. Es ist interessant zu erkennen, dass einige Hoffnungen, Kummer und Ängste, welche heute hunderte von Jahren alt sind, sich kaum verändert haben. Es gibt einem mehr Perspektiven für das Leben an sich.

Was AMORPHIS anbelangt kam an erster Stelle immer die Musik, dann die Texte, aber ich denke dass diese Geschichten perfekt zu unserer Musik passen, da sie zeitlos und emotional sind.

Persönlich bin ich daran interessiert aufgrund der philosophischen Bedeutungen, natürlich fühlt es sich irgendwie wie meine Wurzeln an, auch wenn ich damit nichts patriotisches oder ähnliches verbinde. Wir alle sind an allen möglichen kulturellen Mythologien interessiert, traditioneller Musik usw.

Was kannst du uns über das Coverartwork erzählen? Finden sich darin Symbole aus der Kalevala?

Die Idee zu diesem Baum auf dem Cover stammt aus der gleichen Geschichte, in der finnischen Mythologie war zu Beginn der Zeiten diese große Eiche, welche die Bögen des Himmels trägt, während dieser erschaffen wird. Als der Himmel vollständig war, wurde der Baum gefällt. Das Cover stammt von Travis Smith (u. a. OPETH, DEATH, ANATHEMA, Anmerk. d. Verf.). Die gesamte Verpackung wird wunderschön.

Gibt es einige Songs, welche noch übrig geblieben sind, oder habt ihr alle auf „Skyforger“ verwendet, welche geschrieben wurden?

Es gibt viele Komponisten in der Band, also jeder schreibt nahezu die ganze Zeit über neue Songs zuhause, auf Tour oder wo auch immer. Letzten Herbst kurz vor unserer Nord-Amerika-Tour entschieden wir uns dazu, im Proberaum einige neue Songs aufzunehmen um zu schauen, wo wir gerade stehen. Es zeigte sich, dass wir bereits 18 Songs hatten, wir buchten also das Studio gleich nach der Tour.

Während der Tour überdachten wir viele der Arrangements, fügten hier und dort was zu usw. Wir haben alle 18 Songs aufgenommen, allerdings nur 12 davon auch fertig gemacht. Es gibt 10 Songs auf dem Album, ein Stück ist als Bonus auf dem Digipack, und ein Stück ist die B-Seite der „Silver Bride“ Single. Wir haben dann also noch sechs Songs, auf welchen lediglich der Gesang fehlt. Ich weiß jetzt nicht, ob wir diese mal irgendwann vollenden werden oder nicht.

Wie hat sich die Chemie innerhalb der Band mit dem Einstieg von Tomi Joutsen als Sänger verändert?

Der Spirit und die Chemie innerhalb der Band könnten nicht besser sein, nachdem Tomi Mitglied ist. Alles scheint zusammenzupassen. Tomi war so motiviert und voller Energie von Anfang an, was einen großen Effekt auch auf uns ausübte. Auch denke ich, dass wir noch nie so gut zusammengespielt haben wie heutzutage. Und es macht Spaß, was am wichtigsten ist, um kreativ zu bleiben.

Bist du noch in Kontakt mit eurem alten Sänger Pasi Koskinen?

Ich habe ihn seit einer Weile nicht mehr gesehen, aber wir sind immer noch gute Freunde, es gibt zwischen uns keinen Ärger oder was auch immer. Ich denke wir beide, also die Band als auch Pasi, sind mit der aktuellen Situation sehr zufrieden, da er in den letzten Jahren bei AMORPHIS nicht mehr sehr motiviert war. Ich glaube auch, dass er glücklicher damit ist, sein eigenes Ding durchzuziehen. Er war danach auf einigen unserer Shows und mochte den Auftritt von Tomi sehr. Wir hatten gute Jahre mit Pasi, aber auf diese Weise ist es besser für jeden von uns.

Hast du jemals daran gedacht, selbst wieder bei AMORPHIS zu singen?

Nicht wirklich, ich habe mich selbst immer eher als Gitarristen gesehen, und um ehrlich zu sein gefiel mir das „Singen“ noch nie so richtig. Natürlich gab es da Momente. Aber Tomi handhabt alles großartig, und seine Skala ist so weitreichend, dass ich nicht denke, dass es notwendig wäre.

Woran denkst du, wenn du dir heutzutage eure alten Aufnahmen wie „The Karelian Isthmus“, „Privilege Of Evil“ und „Tales From The Thousand Lakes“ anhörst?

Heutzutage habe ich genug Distanz, mir die Alben anzuhören ohne zu schwitzen oder darüber nachzudenken, was sich gerne daran verändern würde. Ich denke, diese Aufnahmen repräsentieren die damalige Zeit und das Alter, und ich stehe natürlich voll und ganz hinter ihnen! Auf eine gewisse Weise sind sie ziemlich nostalgisch für mich. Ohne diese Alben wären wir nicht da, wo wir nun stehen, mit ihnen begann alles. Wir spielen noch immer Material von ihnen Live, und es macht auch viel Spaß.

Nächstes Jahr steht das zwanzigjährige Jubiläum von AMORPHIS an. Ist irgendetwas geplant, um euer Jubiläum zu feiern? Wie sieht es bspw. mal mit einer DVD aus?

Wir haben das erst kürzlich selbst festgestellt, es fühlt sich seltsam an, wirklich schon 20 Jahre? Ich hätte das damals, als wir anfingen, niemals geglaubt. Definitiv müssen wir darüber nachdenken, etwas Spezielles zu machen. Eine DVD auf jeden Fall!

Im Februar 2008 habt ihr eure ersten Goldenen Platten für jeweils 15000 verkaufte Einheiten von „Silent Waters“ und „Eclipse“ erhalten. Auch habt ihr mit euren letzten Alben und Singles hohe Charteinstiege in vielen europäischen Ländern erreicht. Was bedeutet das für euch?

Nach fast 20 Jahren können wir unsere allerersten Goldenen Platten schätzen. Es steckt viel harte Arbeit dahinter. Nach allem kommt es von gekauften Alben, das bedeutet, es kommt von unseren Fans! Dies zu erreichen war niemals unser Ziel, aber natürlich fühlt es sich verdammt gut an. Wir machen diese Musik, weil wir es lieben, aber wir haben nichts dagegen, wenn es sich auch noch gut verkauft.

Gibt es noch ein Ziel, das ihr mit AMORPHIS erreichen möchtet?

Nur immer bessere Alben machen, und bessere Auftritte. Wir wollen nicht irgendwo hängen bleiben und stagnieren, oder langweilige Alben veröffentlichen, einfach aktiv bleiben. Ich denke also, dass alle unsere Ziele musikalischer Natur sind.

Im Herbst werdet ihr wieder eine Europatour spielen. Was können wir von den Shows erwarten? Welche Band wird der Support sein? Welche Sommerfestivals sind denn in Deutschland geplant?

Ich kann sagen, dass wir noch nie so gut in Form waren, um Live zu spielen. Wir werden Material aus jeder Phase unserer gesamten Karriere spielen. Ich weiß bisher noch nicht, welche Bands mit uns auf Tour kommen werden, aber ich bin mir sicher, dass es großartige Bands sein werden, nachdem ich die möglichen Optionen gehört habe. In Deutschland werden wir auf dem Dong Open Air sowie dem Summer Breeze Festival spielen, auf Tour werden wir in 9 Städten in Deutschland sein.

Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören dir!

Ich danke dir! Hört euch „Skyforger“ an, hoffentlich sehen wir uns auf Tour!

Galerie mit 16 Bildern: Amorphis - Metal Hammer Paradise 2023
22.05.2009

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