Al-Namrood - Atba'a Al-Namrood

Review

Der Ungläubige – das ist die Übersetzung des Bandnamens AL-NAMROOD. Er stammt von einem babylonischen König, der den Propheten Abraham herausforderte und behauptete, Gott zu sein. Drei Herren aus Saudi-Arabien wählten den Namen, um unter diesem Banner orientalischen Black Metal zu kreieren – das dürfte in Anbetracht der dortigen politisch-religiösen Gegebenheiten (islamischer Gottesstaat mit in der Verfassung verankerter Scharia) sicherlich keine solch entspannte Sache sein, wie etwa in Mitteleuropa oder Skandinavien.

Doch widmen wir uns der Musik: “Atba’a Al-Namrood“ ist die erste Demo-EP des Trios und schon im Jahre 2008 über das kleine arabische Label Shaytan Productions erschienen – mittlerweile hat die Band dort auch ein komplettes Album herausgebracht (“Astfhl Al Tha’r“), eine dritte Veröffentlichung ist noch für 2010 geplant.
Leider ist das ganze Orientalische-Einflüsse-Ding im (Black) Metal mittlerweile bei Weitem nicht mehr so frisch, einzigartig und spannend wie etwa vor 14 (MELECHESH-Debüt) oder gar 16 Jahren (MOONSPELLs erste EP “Under The Moonspell“). Aber der Black Metal, den AL-NAMROOD auf den vier Stücken ihrer EP sehr dicht (das heißt nicht bloß bei Intros/Outros oder Instrumentals) mit arabischen Motiven verwoben haben, ist – anders als etwa die doch eher “melodische“ und zugängliche Variante MELECHESHs – auch heutzutage selten, da sehr ursprünglich und rau. So könnte man insbesondere beim eröffnenden Titelstück – abgesehen von der Mittelerde-Mittlerer-Osten-Diskrepanz – gut und gerne meinen, ganz frühen SUMMONING zu “Lugburz“-Zeiten zu lauschen: Das Schlagzeug, das vom Blastbeat bis zum orientalisch anmutenden Getrommel alles bietet, klingt nämlich zumeist leicht dünn und blechern, die Gitarre dumpf verzerrt, der Bass ist kaum wahrnehmbar. Einzig das Keyboard – das mal nur unterstützend agiert, mal die Melodie führt – tönt sehr klar und somit kontrastreich zum sonst rauen Geschepper. Aber diese räudige (nie unterirdische) Produktion stört hier nicht, sondern sorgt für Atmosphäre. Der Gesang Mukadars, ein raues Keifen und Gurgeln, spuckt die fremdartig und hart klingenden arabischen Texte unheilvoll und dämonisch aus und verstärkt den geheimnisvollen, dunklen Charakter der Darbietung.
Das zweite Stück “Fe Zafrat Almout“ ist das stärkste der EP, da hier die Vermengung rauen Black Metals mit wirklich packenden Melodien am eindrucksvollsten gelingt. Auch die beiden letzten Nummern bieten interessante, vom Kontrast lebende Kost: “Nagoos Alkhatar” ist wohl die wildeste der vier Attacken und könnte fast von einem Frühneunziger-Black-Metal-Demo aus Polen stammen, wären da nicht diese Melodien, die direkt aus der Nacht in den dunklen, entlegenen Winkeln des Palastes des abtrünnigen Königs zu stammen scheinen. Das finale “Youm Tusaar Nar Aljaheem” führt noch tiefer in eben diese hinein, startet mit mysteriös-monotonen Klängen und Gesängen, bevor sich zunächst die metallische Komponente und nach der Hälfte der Spielzeit auch das Gezeter des Dschinn dazu gesellt – erneut noch einmal ganz stark.

Die Mischung aus ruppigem Black Metal und mittelöstlichen Melodien auf “Atba’a Al-Namrood“ hat – nicht zuletzt aufgrund ihrer kantigen Produktion – auch noch im Jahr 2010 einen exotischen Charme, erschafft eine wirklich dunkle Atmosphäre.
Um es noch einmal deutlich zu sagen: Den durchschnittlichen, eine fette Produktion erwartenden Metal-Hörer unserer Gegenwart werden AL-NAMROOD mit dieser zwanzigminütigen EP sicher nicht ansprechen. Jemand mit einem Faible für ungewöhnlichen und -geschönten Black Metal aber wird die Seele dieses archaisch-obskuren Rituals spüren und von diesem in eine geheimnisvolle, fremde Welt in den Tiefen der Wüste gezogen werden.

19.01.2010

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