Bathory
Der große Diskografie-Check

Special

Hammerheart (1990)

Bathory - Hammerheart (Cover)

Frohen Mutes landet der diskografische Staffelstab 1990 in den Händen von „Hammerheart“. „Mach was draus!“, ruft „Blood Fire Death“ noch hinterher. Wohl wissend, dass dieser dank stark auf der Brust lastendem Erbe längst einem tonnenschweren Thorshammer gleichkommt. Das zusätzliche Gewicht lässt BATHORY auf Album Nummer fünf entsprechend gemächlich im Mid-Tempo weiterschippern.

Doch offenbart die langsamere Gangart natürlich auch allerhand handwerkliche Mängel. Zum Glück halten sich diese auf „Hammerheart“ die Waage mit einer ganzen Reihe anderer – künftig ähnlich unverzichtbarer – Trademarks. Auf lyrischer Ebene etwa schicken BATHORY Satan endgültig über die Planke. Stattdessen kündet Barde Quorthon in gelegentlich etwas freier interpretiertem Englisch von nordischer Mythologie im Allgemeinen und Zwangschristianisierung im Besonderen.

Dabei ist es aber weniger die Lyrik, die „Hammerheart“ zu so einer vortrefflichen Herzensangelegenheit macht als vielmehr die Art und Weise, wie ebendiese vorgetragen wird. Bereits im Opener „Shores In Flames“ beweist der junge BATHORY-Mastermind grenzloses Vertrauen in seine neu erkundeten Clean-Vocals. Und setzt diese folglich ohne Rücksicht auf Verluste ein – wie ein wahrer Krieger nun mal.

Neben dem Garagensound und dem MANOWAR-getriebenem Reverb-Drumming ist es ebendieses teils hilflose, teils geniale Tonleiterrutschen, sind es ebendiese naiven Akzentuierungen, die den neuen nordischen BATHORY-Stil in Form gießen. Übergreifende Trademarks, die man in ihrer Zwang- und Kompromisslosigkeit heute so höchstens noch in der isländischen Szene findet.

Dass Quorthon mit seinen Kompositionen in feinster DeMaio-Manier einen Einfluss Richard Wagners zu suchen gedachte – geschenkt. Was ihn aber positiv vom truemetallischen Donnerbassisten abhebt, ist der Umstand, dass er kompositorische Klasse und Feeling strikt zu trennen weiß. Und Feeling, das konnte dieser Thomas Forsberg einfach.

Dafür müssen nicht einmal die romantischen Klänge des 19. Jahrhunderts als Blaupause herhalten. Manchmal genügt auch der zeitgenössische Sound der damaligen Jahrzehntwende: In „Valhalla“ etwa bricht gesanglich erstmals der Grunge durch, jener Grunge, der auf den späteren Quorthon-Soloalben noch eine viel größere Rolle spielen sollte.

Woran liegt es also, dass dieser ausdifferenzierte Zeitlupen-Schwarzmetall nicht nur ein neues Subgenre namens Viking Metal aus der Taufe hob – sondern auch bis heute all diese großen Projektionen entstehen lässt, derer sich nur wenige Szenefans entziehen können? Ist es diese grundeigene Ehrlichkeit, die den gar nicht mal so sauber geklimperten Akustik-Licks anhaftet? Ist es diese pseudoanonymisierte Besetzungsliste, die bis heute nicht richtig entschlüsselt worden ist? Oder ist es das nonchalante Kopfnicken, mit dem sich BATHORY in „Home Of Once Brave“ ganz locker ein „For Whom The Bell Tolls“-Zitat erlauben?

Schlussendlich bleibt „Hammerheart“ wohl auf ewig ein mythologisches Gesamtkonstrukt. Vor allem aber ist es die Dokumentation dieser unverfälschten Lust eines 23-Jährigen, der im Grunde einfach nur Bock auf Mucke hatte, die irgendwie anders war. Der sich nie um Trueness scherte, sondern seine Meisterwerke Jahre später mit einer entwaffnenden Leichtigkeit teils als gar nicht mal so perfekt abtat. Und der gerade bei der Trueness-Fraktion mit dieser ungewohnten „Halb so wild“-Attitüde musikalisch voll ins Schwarze traf.
„People of Asa land, it’s only just begun“

Und so zeigt der finale Schrei gen dunkler Zukunft, dass es im Grunde wohl gar nicht nötig ist, Jahrhundertstücke wie „One Rode To Asa Bay“ zu entmystifizieren. Denn ob holprig oder tight: Was zählt, ist das Feeling. Und das Feeling wird uns bleiben. (AK)

Sammlungswürdig: Wer Hammerheart nicht hat, hat keine Sammlung.
Wichtige Songs: “One Rode To Asa Bay”

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Quelle: metal.de
07.06.2020

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