Bang Your Head!!!
Der große Festivalbericht 2014

Konzertbericht

Billing: Accuser, Axel Rudi Pell, Ektomorf, Evocation, Exodus, Grave, Hirax, Kissin' Dynamite, Mad Max, Michael Schenker's Temple Of Rock, Riot Vx, Rob Rock, Sebastian Bach, The Exalted Piledriver, Traitor und Warlord
Konzert vom 2014-07-11 | Messegelände, Balingen

Samstag, 12.07.2014

Nachdem der Freitag schon einige Highlights bot, hat der Samstag zumindest auf dem Papier sogar ein noch stärkeres Billing zu bieten. Es ist sicherlich lobenswert, dass sich die Veranstalter immer wieder für kultige Underground-Acts erwärmen und ihnen auf dem BYH eine Plattform bieten – nur funktioniert das nicht immer. So leiten die NWOBHM-Haudegen MORE den zweiten Festivaltag ein, ohne nennenswert auffällig zu sein. Es mag an der frühen Stunde oder aber auch daran liegen, dass die Band vielen Fans einfach kein Begriff mehr ist. Viel los ist vor der Bühne jedenfalls nicht. MORE versuchen das Beste aus der Situation heraus zu holen, können unter dem Strich aber trotz kultiger Songs wie ihres Bandhits “Warhead” lediglich einen souveränen Gig ohne wirkliche Höhepunkte vorweisen.

Ein ähnliches Problem scheinen HIRAX mit sich herum zu tragen. Die Band um Metal-Maniac Katon W. De Pena steht seit ihrer Gründung in den Achtzigern in der zweiten Reihe der Thrash-Metal-Bewegung. Der Gig in Balingen macht auch klar, warum das so ist. Man kann HIRAX aber eigentlich nicht viel vorwerfen: Es wird gerockt, was das Zeug hält. Katon interagiert gekonnt mit dem Publikum und auch das Zusammenspiel der Band passt. Was hingegen fehlt, wenn man die Band mit beispielsweise EXODUS vergleicht, sind die Überriffs und die wirklichen Hymnen. Trotzdem gehen HIRAX als morgendlicher Schädelspalter völlig in Ordnung, auch wenn ein wenig die Abwechslung beim Songmaterial fehlt.

MAD MAX bringen nach der Portion Thrash dann wieder rockige Klänge aufs Parkett. Sänger Michael Voss und seine Mannen waren ebenfalls lange Zeit weg vom Fenster, zeigen sich nach ihrer Reunion aber sehr motiviert und spielfreudig. Aber auch der gute Sound kann nicht verhindern, dass sich ein Großteil des Publikums aufgrund eines Schauers wieder von der Bühne weg bewegt, um Schutz zu suchen – sieht von der Bühne sicherlich witzig aus. MAD MAX lassen sich den Spaß an der Show aber nicht nehmen und kredenzen den Fans einen Querschnitt durch ihre Diskographie, eine kurze “Heaven & Hell”-Einlage zu Ehren von DIO und schließen ihren Set mit “Fox On The Run” (THE SWEET) perfekt ab. Hat auf jeden Fall Spaß gemacht, und MAD MAX können den Gig als vollen Erfolg verbuchen.

Galerie mit 11 Bildern: Ektomorf - Bang Your Head 2014

Eine Besonderheit des BYH war schon immer, dass die Mischung aus harten, rockigen und auch kommerziellen Bands super funktioniert hat. So ist es auch kein Problem, dass nach einer entspannten Hard Rock Band wie MAD MAX eine deutlich härtere Band der Marke EKTOMORF auf die Bühne geht. Selbige ziehen das durchaus vorhandene jüngere Publikum vor die Bühne, um mit den Ungarn zu moshen, hüpfen und in Pits abzugehen. Das Areal ist zu Beginn der Show zwar leerer als bei MAD MAX, aber EKTOMORF wissen um ihre Chance sich auf dem BYH neues Publikum zu erspielen. Genau so tritt die Band auf, schmettert ihre Melange aus Thrash Metal und Hardcore gezielt ins Publikum und hält das Energielevel konstant hoch. Mit zunehmender Spielzeit zieht es auch zunächst skeptische Besucher vor der Bühne, was bei Stücken wie “You Can’t Control Me” auch kein Wunder ist. Ich bin sicher, dass sich EKTOMORF in Balingen einige neue Freunde erspielt haben.

Während ROB ROCK dem Publikum in seiner Eigenschaft als einer der besten Rocksänger aller Zeiten einheizt, wird es Zeit für die Nahrungsaufnahme. Die Auswahl der angebotenen Speisen reicht von regionalen Klassikern wie Schupfnudeln und Käsespätzle über Bratwurst bis hin zu asiatischen Gerichten. Dabei geht das Preis/Leistungsverhältnis in den meisten Fällen absolut in Ordnung. Gleiches gilt für die Getränkepreise (0,4l Bier für unter 4€), über die man sich auch nicht beschweren kann. Während wir noch über die Händlermeile schlendern, starten STRYPER in ihr Melodiefeuerwerk. Man kann zu den christlichen Rockern stehen, wie man will: STRYPER werden in Balingen nach allen Regeln der Kunst abgefeiert. Unzählige Shirts mit Motiven der Band konnte man schon gestern erspähen, heute kommen noch einige Kuttenträger mit STRYPER-Backpatches hinzu. Die Amis kredenzen ihren Fans eine Show nach Maß, die mit “Shout It Out Loud” sogar Zeit für ein KISS-Cover lässt und ihren Höhepunkt in den beiden letzten Songs “Soldiers Under Command” und “To Hell With The Devil” findet.

Galerie mit 9 Bildern: Obituary - Bang Your Head 2014

Krasser könnte der Kontrast nicht sein. Nach den himmelhoch jauchzenden Ohrwürmern von STRYPER halten, trotz des guten Wetters, Tod und Verwesung Einzug in Balingen. OBITUARY schmettern ihr Old-School-Death-Metal-Gewitter, das punktgenau in die Magengegend abzielt, bei sehr gutem Sound in die Menge. Die Stimmung ist bei OBITUARY ebenfalls super, was man angesichts der Klassikerdichte aber auch erwarten kann. “The End Complete”, “Chopped In Half”, “Stinkupuss” und “Slowly We Rot” sind alle Volltreffer und werden von den Fans mit hochgereckten Fäusten und kreisenden Matten entsprechend gefeiert. Die Amis selbst bestreiten eine starke Show und stellen mit “Inked In Blood” sogar den Titeltrack vom neuen Album vor. Gelungener Gig, der Lust auf das kommende Album und die Tour macht.

Galerie mit 16 Bildern: Unisonic - Bang Your Head 2014

Sänger Michael Kiske erwähnt in einer seiner Ansagen, dass der diesjährige Gig auf dem BYH der erste UNISONIC-Auftritt seit 2012 ist, und es hätte diese Ansage gar nicht gebraucht. Man kann auch ohne diese Information feststellen, dass es bei der Band nicht ganz rund läuft. Zwar ist der Einstieg mit der Bandhymne “Unisonic” und dem folgenden “Never Too Late” perfekt gewählt, doch ist heute irgendwie der Wurm drin. Gitarrist Kai Hansen hat Probleme mit der Technik und der Sound ist auch alles andere als optimal. Im Laufe der Show steigert sich die Band doch merklich und auch der Sound wird etwas besser, aber man kann erahnen, dass hier definitiv mehr für UNISONIC drin gewesen wäre. Ich möchte es nicht einmal an den beiden neuen (unbekannten) Songs “For The Kingdom” und “Exceptional” fest machen, dass die Stimmung erst zum Finale mit “March Of Time” und “I Want Out” wieder super ist. Unter dem Strich bleibt ein durchwachsener Auftritt, der zeigt, dass UNISONIC für die Tour mit EDGUY im Herbst noch einige Briketts nachlegen müssen, wenn sie dort bestehen wollen.

Galerie mit 15 Bildern: Anthrax - Bang Your Head 2014

Ganz anders sieht die Sache dann bei ANTHRAX aus. Wer mit Songs wie “Among The Living”, “Caught In A Mosh” und “Got The Time” in seinen Set einsteigen kann, braucht sich über gute Stimmung keine Gedanken machen. Alt-neu-ex-und wieder da-Sänger Joey Belladonna genießt es sichtlich wieder bei ‘seiner’ Band spielen zu dürfen. Er hüpft wie ein Flummi herum, legt etliche Kilometer auf der Bühne zurück und ist obendrein auch noch gut bei Stimme. Seine Kollegen (allen voran natürlich Scott Ian) stehen ihm aber in nichts nach und liefern eine intensive Show, die abgesehen von zwei Nummern, als reines Best-Of-Programm durch geht. Keine Wunder also, dass die Stimmung bei den abschließenden “I Am The Law” und dem vom ganzen Areal mitgesungenen “Antisocial” über kocht.

Galerie mit 13 Bildern: Atlantean Kodex - Bang Your Head 2014

In der sehr gut gefüllten Halle legen ATLANTEAN KODEX im Anschluss einen starken Gig auf die Bretter. Schon beim Intro liegt angenehme Spannung in der Luft, die sich in dem perfekt gewählten Opener “Enthroned In Clouds And Fire” entlädt. Band und Publikum sind auf den Punkt da und pushen sich gegenseitig. Jede Textzeile von Sänger Markus Becker wird lauthals mitgesungen, so dass man annehmen könnte, die Band würde draußen auf der großen Bühne spielen. Abgefeiert wird die Band zu Recht, denn die Musik von ATLANTEAN KODEX ist voll von magischen Momenten, wie beispielsweise “Sol Invictus” und “Pilgrim” eindrucksvoll untermauern. Wer hier keine Gänsehaut bekommt, hat von guter Musik keine Ahnung. Punkt. Der KODEX wird gefeiert, wie ein heimgekehrter Sohn. Zugegeben, die Jungs haben in Süddeutschland so etwas wie einen kleinen Heimvorteil, aber auch der ändert nichts an der musikalischen Güte von Songs wie “A Prophet in The Forest” oder “Heresiarch”. Das ist ganz großes Kino.

Bang Your Head!!!

EUROPE sind schon längst auf der Bühne, als in der Halle mit “The Atlantean Kodex” der letzte Song des KODEX erklingt. Die Schweden werden gerne auf “The Final Countdown” und die darauf enthaltenen Hits reduziert, dabei hat die Band um Joey Tempest und John Norum wesentlich mehr zu bieten, als ein paar kitschige Singles. Abgesehen von einem unnötigen Drumsolo spielen sich die Schweden durch ein Programm, das von den Fans ausgesprochen gut angenommen wird und viele harte Nummern beinhaltet. Ich selbst hätte mir als Fan des Albums noch ein, zwei Stücke mehr von “The Final Countdown” gewünscht, aber “Rock The Night” und das abschließende „The Final Countdown“ entschädigen am Ende dann doch. Überhaupt ist das letztgenannte Stück eine der unsterblichen Hymnen des BANG YOUR HEAD.

Galerie mit 16 Bildern: Twisted Sister - Bang Your Head 2014

Unsterbliche Hymnen gibt es dann im Anschluss en masse zu hören. Nach dem obligatorischen Intro (“It’s A Long Way To The Top” von AC/DC) legen TWISTED SISTER mit “Stay Hungry” los, als gäbe es kein Morgen. Dee Snider ist mit knapp sechzig Jahren agiler als mancher Jungspund. Er tobt über die Bühne, hat das Publikum von der ersten Sekunde an im Griff und singt noch immer so intensiv wie zu Beginn seiner Karriere. Kein Wunder, der Mann lebt seine Musik und diese Liebe zur Musik überträgt er wie kein Zweiter auf das Publikum. Ein weiterer großer Pluspunkt der Band – die im Prinzip schon zum BYH Inventar gehört – ist auch die große Klappe von Herrn Snider, die man ihm nicht wirklich übel nehmen kann. So entgegnet er jedem, der herum heult wie schwer es ist eine Band für eine Reunion wieder zusammen zu bringen, dass TWISTED SISTER-Basser Mark ‘Animal’ Mendoza zum ersten Meeting für die Reunion ‘ne Knarre mitgebracht hätte, weil sich die Jungs nicht so ganz grün waren. Da kommt einem das Gezicke mancher Bands in der Öffentlichkeit schon etwas infantil vor. Sei es drum, TWISTED SISTER geben den Fans wonach sie verlangen: Hits am Laufenden Band. “You Can’t Stop Rock ‘n’ Roll”, “The Kids Are Back”, “The Fire Still Burns”,…oder, oder, oder… Egal, die Schwestern machen an diesem Abend einfach nichts falsch, und als Dee Snider nach “I Believe In Rock ‘n’ Roll” Genesungswünsche in Richtung Uns-Lemmy zu schicken, ist man um eine Hühnerpelle reicher. Als Hommage an den Briten wird “Born To Raise Hell” von MOTÖRHEAD intoniert und aus zigtausend Kehlen lautstark mitgesungen. Das zeigt noch einmal, wie besorgt die Szene um ihr Urgestein ist. Trotzdem steht der Spaß im Vordergrund. “I Wanna Rock” und “Come Out And Play” verlangen dem Publikum noch einmal alles ab, bevor “S.M.F.” als letzte Nummer das Abschlussfeuerwerk untermalt, was einem die traurige Gewissheit bringt, dass das BANG YOUR HEAD 2014 auch schon wieder vorüber ist.

 

Schön war es wieder einmal. Deshalb vielen Dank an Horst Odermatt und sein Team, die jedes Jahr (trotz dezenter Preiserhöhungen) mit viel Herzblut ein Festival für Fans auf die Beine stellen. Positiv heraus sticht, dass das Gros der Bands wirklich geile Shows abgeliefert hat und wohl auch um die besondere Atmosphäre auf dem BANG YOUR HEAD weiß. Gleiches gilt für die immer freundliche Security, sowie das Personal an den Essens- und Getränkeständen. Dass hier und da das Verhältnis zwischen Preis und Leistung nicht optimal war, lässt sich verschmerzen. Wir freuen uns auf jeden Fall schon auf die Jubiläumsausgabe im nächsten Jahr für die u.a. schon Y & T, PRETTY MAIDS und W.A.S.P. verpflichtet wurden.

Pics: Steffi Büttner

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11.08.2014

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