Darkness Guides Us
Neues Extreme-Metal-Festival in Schottland

Konzertbericht

Billing: Impaled Nazarene, Nargaroth, Sarkrista, Zemial, Harakiri For The Sky, TotalSelfHatred, Enisum, Karg, Aklash, Ancient, Varathron, Kawir, Azaghal, Sargeist, Fen und Necrosadistic Goat Torture
Konzert vom 23.11.2019–24.11.2019 | The Classic Grand, Glasgow

SONNTAG – 24. November 2019

Bands:

ANCIENT
VARATHRON
KAWIR
AZAGHAL
SARKRISTA
FEN
NECROSADISTIC GOAT TORTURE

Brutaler Start und ein Oldschool-Finale – Tag 2 beim Darkness Guides Us

Typisch Black Metal ist ein Teil des Treppenhauses irgendwann mit frischem Blut verziert – ob es vom Corpsepaint eines Musikers oder aus einer echten Wunde getropft ist, wissen wir nicht. Als NECROSADISTIC GOAT TORTURE die Bühne betreten, ist noch alles sauber. Der zweite Tag startet sogar pünktlich. Schöner Kontrast: Draußen klirren die Glühweingläser auf dem Glasgower Weihnachtsmarkt und im Classic Grand vergiften die Brutalo-Briten die müden Geister mit ihrem räudigen Ziegenpeter. Was mies klingt, ist ganz positiv gemeint: NECROSADISTIC GOAT TORTURE spielen zwar vor deutlich weniger Menschen als der Opener am Vortag, dafür zelebrieren sie ihren Gig mit richtig viel Elan. Insbesondere der (einige munkeln schon gut alkoholisierte) Fronter post heftig, animiert vielfach und lässt auch Zuschauer ins Mikro brüllen. Die leichenschänderische Ziegenfolterung entpuppt sich als gemeinschaftliche Vorweihnachtsangelegenheit – quasi wie Plätzchenbacken, nur krasser. Musikalisch ist der Einstieg so gar nicht mit dem gestrigen vergleichbar: Heute gibt’s auf die 666, und zwar so richtig. Dass sich der Gitarrist beim derben Black-Death-Metal hin und wieder verzockt, spielt dabei kaum eine Rolle. Stattdessen wird Whisky in die Menge geschüttet und der Sänger bekreuzigt sich zu einem erfrischenden „blessed by Whisky“ … natürlich umgekehrt.

Konzertfoto von Necrosadistic Goat Torture

NECROSADISTIC GOAT TORTURE – Darkness Guides Us 2019

FEN haben mit „The Dead Light“ ein neues Album in den Startlöchern. Die Londoner begrüßen die Anwesenden mit einem Hauch von Kreativität: „Glasgow, darkness guides us“. Da schmunzelt auch Frank Allain und dem einen oder anderen Gast entrutscht ein kurzes Kichern. Der musikalische Unterschied zur Vorband ist enorm. FEN beginnen mit einem getragenen, ruhigen Instrumentalpart, der dann allerdings ohne Break auf Hochgeschwindigkeit wechselt. Dass der Sound erneut im unangenehmen „Zu laut“-Bereich ist, muss wohl nicht mehr extra erwähnt werden. Dafür sind die Vocals von Bassist Adam Allain zu leise – es ist eher zum Haare raufen statt Haare schütteln. Trotzdem bieten die Stücke viel Abwechslung oder anders ausgedrückt: Bei FEN gibt es mehr als zwei Tempi. Zusätzlich überraschen eine Palm-Mute-Passage und der duale Klargesang. Langsam füllt sich der Konzertraum, doch leider ist der Auftritt von erheblichen technischen Problemen bei der Gitarre betroffen. Wer den Fronter im Blick hat, merkt schnell, wie oft er aufs Pedalboard schaut. Irgendwann geht er zum Vestärker, haut einmal kräftig drauf und widmet sich dann wieder dem Lied. Angesichts der Querele mit der Technik erscheint der sehr präsente Bass, der die Gitarre beinahe übertönt, nicht beabsichtigt. Nach der Nummer reicht es Frank, der die Umstände kurz thematisiert und den Vestärker in die Schuld nimmt. Respekt dafür, dass FEN den Gig durchziehen und vor allem bei den schnellen Parts begeistern können.

Soundcheck mit Corpsepaint ist trve! SARKRISTA bringen geradlinigen Black Metal auf die Bühne, der sich Kompromissen widersetzt und vor allem Puristen anspricht. Gut so. Genau diese Zielgruppe freut sich auch, dass endlich mal ein Gig standesgemäß mit einem Intro eingeläutet wird. Vom Start weg ist der Sound gut – die erste positive Überraschung. Vielleicht könnte die Ride einen Tick lauter sein, doch das ist angesichts der bisherigen Sound-Probleme ein Meckern auf hohem Niveau. Was sofort klar wird: SARKRISTA sind richtig gut eingespielt, alles scheint wie geschmiert zu laufen. Und genau hier verbirgt sich die andere Überraschung, denn die Band hat einen neuen Gitarristen in den Reihen, mit dem es bis dato erst eine gemeinsame Probe gab. In dem Sinne: großes Lob an alle Beteiligten, denn beim Auftritt ist davon nichts zu merken. Stattdessen zieht der Neuling das Ding trotz früher Fingerwunde bravourös durch. In Bezug auf die Song-Auswahl ist „The Lurking Giant“ vom letzten Album „Summoners Of The Serpents Wrath“ ein passendes Beispiel, denn die meisten Lieder kommen heute vom genannten 2017er-Werk und werden von Stücken der „The Evil Incarnate“-EP ergänzt. Ein Vorteil, wenn der Bass im Black Metal fehlt: Die Melodien sind trotz vorherrschenden Blastbeats sehr gut zu hören. Entsprechend gut ist auch die Resonanz aus dem Publikum – tatsächlich spielen SARKRISTA den Laden eher voll.

Konzertfoto von Sarkrista

SARKRISTA – Darkness Guides Us 2019

Musikalisch unterscheiden sich AZAGHAL nicht allzu sehr von der Vorband, trotzdem ist der Sound bei den Finnen erneut schlecht: zu laut und übersteuert, wodurch die Melodien stark untergehen. Auf der Bühne passiert auch nicht viel mehr. Während der Fronter hin und wieder bangt, agieren die Gitarristen extrem statisch. So entwickelt sich leider ein Gig ohne Nachhallwirkung. Interessanterweise kommt das Geschepper dennoch ordentlich an. Vor allem die landeseigenen Besucher scheinen im Vergleich zu beispielsweise verwöhnten deutschen Metallern wenig Chancen auf extreme Live-Mucke zu bekommen. Infernalisches Material hat die seit Ende der 90er-Jahre aktive Truppe jedenfalls genug am Start. Und so entwickelt sich immerhin ein kleines, feines Fest in der Schnittmenge aus plakativem Satanismus, Terror, Hass und Krieg. Yay.

Ganz so fremd ist den Veranstaltern das Wort „Abwechslung“ dann doch nicht. Mit KAWIR tritt eine Band im obenen Billing-Bereich auf, die wie keine andere beim Darkness Guides Us klingt. Die Griechen spielen Pagan Metal mit schwarzem Anstrich. Und einige jetzt so: KA-wer? Dabei nimmt die Band schon seit etlichen Jahren am metallischen Spiel teil – das Debütalbum erschien 1997. Ganz oben aufs Treppchen schaffen es in dem Subgenre eher andere, stimmungsvoll und eine gelungene Verschnaufpause inklusive Mitsingpotenzial sind die Lieder aber allemal. Sowohl vor als auch auf der Bühne ist es sehr voll – KAWIR musizieren zu sechst. Weil die Soundqualität munter wechselt, profitieren die Pagan Metaller wieder von einer besseren, die die Lead-Melodien schön in den Vordergrund holt. Der Billing-Exot macht alles richtig und sackt eine Menge Pommesgabeln und Zustimmung ein.

Der griechische Abend wird mit VARATHRON noch schwärzer und „älter“: Die Black Metaller haben sich schon 1988 gegründet und ihr Debüt „His Majesty At The Swamp“ 1993 veröffentlicht. Die frühere Prägung hört man auch. Der Black Metal von VARATHRON klingt anders als alles, was die hiesigen Genre-Nachbarn aus ihren Instrumenten holen. Das ist Musik, als noch mehr Wert auf Soli gelegt wurde, die Riffs schneidender, die Plektren nicht so sehr auf Tremolo getrimmt und die Vocals noch verhallter und räudiger waren. Auf diese Weise rollt eine gewaltige Oldschool-Welle durch den Konzertraum. Umso erfreulicher, dass der Sound auch hier mitspielt – vielleicht haben VARATHRON ihre eigenen Techniker mit. Die Mischung aus Black, etwas Death und sehr schwarzem Thrash räumt verdientermaßen mächtig ab. So entsteht erneut eine ausgelassene Party inklusive Pit, die zusätzlich befeuert wird, weil sich VARATHRON äußerst publikumsnah präsentieren und sich allein deshalb vom überwiegenden Rest abheben. Schade nur, dass das Licht für wenige Lichtblicke sorgt – das ist teilweise so fehlgeleitet, dass sich manche vorne die Augen abschirmen.

ANCIENT beschließen das erste Darkness Guides Us Fest. Wir tun einfach mal so, als hätte sich der Fronter, der immer wieder durch sein technisch einwandfreies Krächzen auffällt, nur deshalb so in Schale geworfen. Insgesamt ist der Saal noch gut gefüllt, die Reihen sind zum Abschluss aber etwas lichter. Man spürt und sieht, dass den Menschen zwei Tage Festival und ständiges Treppensteigen in den Muskeln stecken. Zwar liefern die Songs von ANCIENT zum Teil heftige Headbang-Passagen, die Energie, hier richtig abzugehen, haben aber nur noch wenige. Musikalisch ist es ein gelungenes Ende, denn der Stil scheint ähnlich beeinflusst wie beim Vorgänger: Auch hier stechen die Heavy-Metal-Einflüsse hervor und die Leadgitarre entfaltet sich mehr. Dass es wieder technische Probleme gibt, ist ermüdend, soll aber erwähnt werden. ANCIENT spielen das erste Mal in Schottland und sind schon deshalb eine ganz besondere Band für Glasgow. Ach, schau, über einen kleinen Pit dürfen sich die Norweger dann doch freuen – die letzten Reserven werden mobilisiert. Die von überwiegendem Midtempo geprägten Songs sind simpel gestrickt, dafür aber unglaublich stimmungsvoll (auch das passt zum Festivalfinale), und die cleanen Gitarrenparts sowie Interludien mit gehörigem 90er-Charme bescheren die nötige Abwechslung.

Konzertfoto von Ancient

ANCIENT – Darkness Guides Us 2019

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12.12.2019

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2 Kommentare zu Darkness Guides Us - Neues Extreme-Metal-Festival in Schottland

  1. Svart sagt:

    „Wirklich übel sind einige Shirt-Motive, die nichts mehr mit Grauzone zu tun haben“ …Sie meinen Braunzone?